Fey 05: Der Schattenrpinz
Enkelin gekümmert«, gab Solanda zurück. »Und aus Gründen, die dich nichts angehen, habe ich mich entschieden, ihr nichts von Gabe zu erzählen. Der Golem hat ein Eigenleben, und sie liebt ihn. Er hat ihr mehr als einmal das Leben gerettet. Das ist ja auch die Aufgabe eines Golems, die Person, die er am meisten liebt, zu beschützen, oder?«
»Eine seiner Aufgaben«, sagte Wind.
Solanda warf ihm einen Seitenblick zu. Sie begriff nicht, wie er so ruhig und selbstsicher bleiben konnte. Schließlich sprach er mit einer Höhergestellten. Vielleicht war es ihm zu Kopf gestiegen, daß er ein Schwarzes Kind aufgezogen hatte. Wie auch immer, sie mußte jedenfalls die Oberhand wiedergewinnen.
»Ich muß herausbekommen, warum Gabe den Golem mitnehmen wollte«, erklärte sie.
»Warum?«
»Das geht dich nichts an«, gab Solanda grob zurück. Sie hatte nicht vor, sich noch länger vor diesen Leuten zu rechtfertigen. »Erzählt es mir einfach.«
Niche und Wind sahen sich an. Wind verschränkte die Arme vor der Brust.
»Es kann nicht schaden«, sagte Niche leise. »Du kannst es ihr ruhig sagen.«
»Wenn das, was ich sage, meinem Jungen in irgendeiner Weise schadet …«, begann Wind.
»Glaubst du wirklich, ich wäre so dumm, einem Erben des Schwarzen Throns Schaden zuzufügen?« fragte Solanda.
»Das hast du schon früher getan«, konterte Wind.
Niche hob die Augenbrauen. »Wind …«
»Also gut«, sagte dieser. »Gabe glaubte, das Leben des Golems sei in Gefahr.«
»Wußte er denn über den Golem Bescheid?«
Niche nickte. »Wir waren diejenigen, die ihn als Stein in den Palast geschmuggelt haben. Ich habe erst erfahren, daß er überlebt hat, als Gabe es mir etwa zu der Zeit, als Jewel starb, erzählt hat.«
»Und er machte sich Sorgen um ihn?« fragte Solanda. »Warum?«
»Er kannte und liebte ihn«, erklärte Niche.
»Wenn dein Golem zwischen Gabe und dem Mädchen wählen müßte, würde er sich vielleicht nicht für das Mädchen entscheiden«, fügte Wind hinzu.
Solanda entschloß sich, auf diese Behauptung nicht weiter einzugehen. »Heute sollte Sebastian an einer Mündigkeitszeremonie teilnehmen, die ihn offiziell zum Thronerben der Blauen Insel macht. Wenn Gabe und er wirklich Verbunden sind, müßte Gabe davon gewußt haben.«
Niche erhob sich. Sie stützte sich mit einer Hand gegen die Wand, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Solanda verstand erst jetzt, wie sehr Irrlichtfänger auf ihre Flügel angewiesen waren.
»Und du glaubst, daß Gabe an die Stelle des Golems treten wollte, um dereinst die Blaue Insel zu regieren?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Solanda. »Aber es scheint mir logisch.«
»Du hast zu lange unter den Inselbewohnern gelebt. Gabe ist ein Fey.«
»Gabe ist ein halber Fey«, korrigierte Solanda und versuchte, die Ironie zu ignorieren, die darin lag, daß sie diesmal in der Frage der Erbfolge die andere Seite vertrat.
»Er macht sich nichts aus der Macht über die Insel«, wandte Niche ein. »Macht hat ihn noch nie interessiert. Es klingt, als redetest du von Rugar.«
»Auch Gabe ist ein Mitglied der Schwarzen Familie.«
»Willst du damit sagen, daß auch das Mädchen nach der Königswürde strebt?«
Solanda schüttelte den Kopf. Sie hatte vergessen, wie sehr die weniger begabten Fey sie und ihresgleichen haßten. »Ich versuche nur, herauszufinden, warum Gabe sich ausgerechnet den heutigen Tag ausgesucht hat, um im Palast zu erscheinen. Er hätte schon viele Jahre lang Gelegenheit dazu gehabt. Warum jetzt?«
»Oh«, hauchte Niche. Sie sah Wind hilfesuchend an. »Solanda ist unser Gast«, sagte sie dann, als hätten sie sich nicht gerade eben noch gestritten. »Machst du uns einen Morgenwurzeltee und siehst nach, ob noch etwas Schwarzbrot im Haus ist, Wind?«
Wind verzog das Gesicht, aber er verließ das Zimmer. Offenbar hatte man die Küche in einen anderen Raum verlegt. Kaum etwas in diesem Haus erinnerte noch daran, wie es zu Rugars Zeiten ausgesehen hatte.
»Du sorgst dich um Arianna, nicht wahr?« fragte Niche, als sie mit Solanda allein war.
»Ich möchte nur wissen …«
»Ich verstehe dich«, unterbrach Niche sie leise. »Ich weiß, was du möchtest. Ich frage mich eher, warum. Du benimmst dich wie eine Mutter, die sich Sorgen um ihr Kind macht.«
Solandas Hände begannen zu zittern. Niches Mitgefühl war beinahe mehr, als sie ertragen konnte.
»Ich habe Wind weggeschickt. Manchmal vergißt er, daß Menschen sich ändern.«
Solanda ließ ihr die
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