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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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regieren konnte. Er war für ihn wie ein zweites Paar Augen gewesen. Er hatte versucht, dasselbe mit einem zweiten Golem zu machen, aber dieser hatte die Zauberkraft nur unvollständig angenommen. Und manche behaupteten, der erste Golem sei eifersüchtig auf den zweiten gewesen.
    Dieser hier beobachtete Rugad mit einer fast bedrohlichen Eindringlichkeit. Er verbarg etwas, aber Rugad wußte nicht, was.
    Noch nicht.
    »Mädchen«, begann er. Er hatte beschlossen, daß es das Beste war, den König so weit wie möglich zu ignorieren. »Wie heißt du?«
    Sie warf ihrem Vater einen Blick zu. Es war nur ein flüchtiger Moment, aber er erzählte Rugad alles, was er wissen wollte. Die beiden hatten einen Bund geschlossen. Rugad mußte behutsam vorgehen.
    »In meinem Land ist es unhöflich, den König zu übergehen«, erwiderte das Mädchen mit trotzig vorgeschobenem Kinn und blitzenden blauen Augen.
    Rugad unterdrückte ein Lächeln. Sie besaß noch mehr Mut, als er gehofft hatte. »Ich habe euer Land erobert. Ihr habt keinen König mehr.« Er machte eine kleine Kunstpause, damit der Satz seine volle Wirkung entfalten konnte. Dann wiederholte er: »Ich habe dich nach deinem Namen gefragt.«
    »Ein Mann hat ein Land nicht deswegen erobert, weil er es behauptet«, antwortete das Mädchen. Ihr Vater berührte ihren Arm. Sie schüttelte ihn ab. Also war sogar der Vater ein bißchen von seiner impulsiven Tochter überwältigt. Um so besser. Der mächtige König Nicholas hatte einen schwachen Punkt.
    »Das stimmt«, sagte Rugad. »Er erobert ein Land, indem er es mit einer Armee von überwältigendem Ausmaß überfällt, die Religion zerschlägt, die einzige Stadt von Bedeutung niederbrennt und den König gefangennimmt. Also, Mädchen, deinen Namen.«
    »Sie heißt Arianna«, antwortete König Nicholas. Er schien trotz des Zwischenfalls nicht im geringsten eingeschüchtert. Er sah eher aus, als habe er sowohl Verständnis für Spiele aller Art als auch eine Abneigung dagegen.
    Diesmal gestattete Rugad sich ein Lächeln. »Ein Name mit Geschichte. Hat Jewel ihn ausgesucht?«
    »Jewel ist bei Ariannas Geburt gestorben.«
    »Ihr könnt mir nicht erzählen, daß Ihr aus purem Zufall einen so eindeutigen Fey-Namen für Eure Tochter ausgesucht habt.«
    »Nein«, erwiderte Nicholas. »Es war kein Zufall. Ich hatte kluge Berater.«
    Die Wachen wurden unruhig. Sie bewegten sich kaum merklich, aber es entging Rugad nicht. Er stand keinem angriffslustigen Feind gegenüber. Er stand einem Feind gegenüber, der großes Wissen über die Fey besaß. Das mußte Rugad zugeben.
    »Ihr habt meine Enkeltochter geheiratet.«
    »Sie war eine bemerkenswerte Frau.«
    »Und Euer Volk hat sie ermordet.«
    Das Gesicht des Königs verdüsterte sich. Er trauerte noch immer um sie. Er hatte sie geliebt. Das hatte Rugad nicht erwartet. Er hatte an eine Vernunftehe gedacht, nicht an mehr.
    »Ein einzelner Mann hat sie getötet«, erklärte Nicholas. »Wir haben uns mit ihm befaßt.«
    Das klang ziemlich vage. Dahinter steckte eine Geschichte, aber Rugad hatte jetzt keine Zeit.
    »Ihr erwartet eine bevorzugte Behandlung, weil Ihr sie geheiratet habt«, stellte Rugad fest. »Weil Euer Blut in den Adern meiner Urenkelin fließt?«
    Einen Augenblick schwieg Nicholas. Sein Ausdruck war gefaßt. Sein rundes Gesicht verlieh ihm etwas Knabenhaftes, und man lief schnell Gefahr, ihn zu unterschätzen. »Wann hätte ich um bevorzugte Behandlung gebeten?« fragte er zurück.
    Seine Stimme klang eine Spur geringschätzig, gerade so deutlich, daß Rugad es hörte, aber zu schwach, um ihm Respektlosigkeit vorwerfen zu können.
    »Ihr selbst habt mich um ein Treffen gebeten«, erwiderte Rugad.
    »In meinem Land ist es Sitte, daß Herrscher sich treffen und verhandeln.«
    »Wann hättet Ihr je Gelegenheit gehabt, Euch mit jemandem zu treffen und zu verhandeln?«
    »Ich habe mit Jewel verhandelt«, entgegnete Nicholas.
    Wieder ein Punkt für den Inselbewohner. Wider Willen spürte Rugad so etwas wie Zuneigung zu diesem jungen König. Vielleicht hatte Arianna einen Teil ihres Mutes auch von ihrem Vater geerbt.
    »Und deshalb«, fuhr Nicholas nach einer kurzen Pause fort, »seid Ihr derjenige, der sich hier im Irrtum befindet.«
    Wieder bewegten sich die Wachen. Manche warfen sich Blicke zu. Rugad entging es nicht. Niemand sprach so mit dem Schwarzen König.
    »Mein Volk hat bereits ein Bündnis mit den Fey geschlossen. Ihr hattet keinen Grund, in unser Land einzudringen, unsere

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