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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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gekommen, als der Tunnel plötzlich breiter wurde. Ein Geruch, den Con nicht eindeutig identifizieren konnte, hing in der Luft. Alter Urin, ein Hauch von Verwesung … und noch etwas.
    »Puh«, schnaufte Servis. »Riecht nach Tod.«
    Con schauderte. Stimmte genau. Aber der Geruch war nur schwach, als sei er schon sehr, sehr alt. Irgendwie schaffte es Servis, sich vor Con zu drängen. Con war froh, daß der Wachsoldat mit seinem breiten Rücken und den muskelbepackten Armen dem, was vor ihnen liegen mochte, zuerst gegenübertrat.
    Servis hielt die Fackel höher. »Die Wände sehn anders aus«, stellte er fest.
    Con trat einen Schritt näher heran. Das waren keine Wände. Sie waren offen. Eisenstäbe. Gefängniszellen.
    »Wir müssen direkt unter dem Palast sein«, murmelte er.
    »Stimmt«, bestätigte Servis belustigt. »Da warn wir auch schon gewesen, als du mich gefunden hast.«
    Con ignorierte diese Bemerkung. Er streckte die Hand aus und berührte einen der Gitterstäbe. Rostfetzen lösten sich unter seinen Fingern. »Nein«, sagte er. »Ich glaube, wir sind ganz dicht beim Palast. Das hier ist ein Verlies.«
    »Hab’ gar nit gewußt, daß wir so was auf der Insel ham«, gab Servis zurück.
    Was weißt du überhaupt? hätte Con am liebsten gefragt. Aber er verkniff es sich. Servis war zwar schlau, aber nicht so gebildet wie Con, und das war schon damals, als sie sich vor ungefähr einem Jahr kennengelernt hatten, der einzige heikle Punkt zwischen ihnen gewesen.
    »Wir hatten welche beim Palast«, erklärte Con. »Aber ich dachte, die seien schon längst vergessen.«
    »Nit vergessen«, erwiderte Servis. »Bloß nit benutzt.«
    »Wie auch immer.« Wieder überlief Con ein Schauder. Er wußte nicht, was bei den Fey üblich war. Machten sie überhaupt Gefangene? Oder schlachteten sie jeden gleich ab, der ihnen in die Quere kam?
    Vielleicht spielte das keine Rolle mehr. Vielleicht leisteten die Wachsoldaten über ihnen ja gute Arbeit. Vielleicht hatten sie die Fey schon zurückgeschlagen.
    Con hoffte es.
    »Ist das der Weg, auf dem du gekommen bist?«
    »Nee«, erwiderte Servis. »Wir sind nit durch den Palast gekommen. Is’ schon lang her, daß wir durch diese Tür gegangen sind.«
    Con leckte sich die Lippen. Also hing alles von ihm und seiner Kenntnis der Karte ab. Er wollte die Karte nicht hier hervorziehen. Er wollte keine Sekunde länger an diesem Ort verweilen, als unbedingt nötig war.
    »Also los, laß uns gehen«, sagte er. »Und die erste Tür, die wir sehen, nehmen wir.«
    »Und was solln wir tun, wenn wir in den Palast kommen?« fragte Servis.
    »Na, den König suchen«, erwiderte Con, als sei das die einfachste Sache der Welt.
    Aber er bezweifelte es. Ehrlich gesagt hatte er keine Ahnung, was als nächstes passieren würde.
    Das Verlies verbreiterte sich, mehrere schmale Gänge mit Zellen gingen davon ab. Der Geruch war jetzt stärker.
    »Mäuse«, knurrte Servis.
    Con hoffte, daß der andere recht hatte. Er glaubte nicht, daß König Nicholas das Verlies benutzt hatte, und er wollte auch nicht eines Besseren belehrt werden. Sie hielten sich noch immer an den breiten Mittelgang. In manchen Zellen lag Stroh, wahrscheinlich die Reste alter Matratzen. In anderen hingen Ketten von den Wänden.
    Servis glotzte mit offenem Mund. »Ich weiß nit«, sagte er. »Scheint ’n grausamer Ort zu sein. Komisch, dasser leer is’.«
    »Wen sollte der König denn hier einsperren?«
    »Fey.«
    »Vor zwanzig Jahren vielleicht«, gab Con zurück. »Aber das hat auch nichts genützt.«
    »Nee, hat’s wohl nit.«
    Einen Augenblick lang schwiegen beide. Hätte König Nicholas sich den Fey entgegengestellt, statt eine von ihnen zu heiraten, wäre womöglich alles anders gekommen. Vielleicht hätten die Fey es dann nicht gewagt, ein zweites Mal anzugreifen.
    Aber Con konnte das nicht beurteilen. Er war noch nicht geboren, als die Fey auf der Blauen Insel einfielen. Sie waren so sehr ein Teil seines Lebens, daß er sich die Blaue Insel ohne sie gar nicht mehr vorstellen konnte.
    Die Tür war auf der rechten Seite so verkrustet mit Schmutz und Spinnweben, daß er sie fast übersehen hätte.
    »Warte mal.« Con blieb stehen und betrachtete die Tür. Sie bestand aus schwerem Eichenholz und besaß keinen Riegel. Er drückte zögernd dagegen. Schmutz fiel auf seine Hand, und er schüttelte ihn angeekelt ab. Quietschend öffnete sich die Tür.
    Servis hielt die Fackel ins Innere. Dieser Gang war anders als die übrigen. Er schien

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