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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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andere Anwesenheit darin, oder tausend andere Anwesenheiten. Die Höhle selbst erwärmte sich. Der Strahl des Brunnens sprang höher. Die Schwerter schwangen an ihren Haken hin und her, und die Kelche klapperten auf den Simsen.
    Die Rotkappe starrte auf die Schwerter, Leen auf die Kelche. Also waren diese Erscheinungen wirklich. Seine Mutter schien das einzige zu sein, was die beiden nicht sehen konnten.
    Schließlich ließ seine Mutter die Hände wieder sinken. Das Licht verblaßte. Die Schwerter pendelten aus, und die Kelche standen wieder still.
    »Was war das?« flüsterte Fledderer. Seine Stimme hallte in der Höhle wider.
    »Ich fühle mich nicht besonders wohl hier, Gabe«, keuchte Leen.
    Gabe beachtete die beiden nicht. Er blickte seine Mutter an. Ihre Wangen glühten, und sie sah noch jünger aus.
    »Für dich muß ich die Regeln brechen«, erklärte sie. »Ich weiß nicht, was die Magie daraufhin von mir fordern wird. Verstehst du, daß man jede vorsätzliche Veränderung der Magie mit einer gleichwertigen, unvorhersehbaren Veränderung bezahlen muß?«
    Davon hatte Gabe noch nie gehört. Trotzig schob er das Kinn vor. »Soll das etwa eine Warnung sein?« fragte er.
    Leens Hand schien sich fester um den Messergriff zu schließen.
    »Ich muß dich warnen.« Seine Mutter klang zugleich traurig und ängstlich. »Offen mit dir zu sprechen, verletzt die Gesetze meiner Erscheinungsform. Wenn ich dich nicht warne, könnte ich noch mehr Schaden anrichten.«
    »Und du willst, daß ich dieses Risiko eingehe?«
    »Oder daß du mich akzeptierst, ohne Fragen zu stellen«, gab sie zurück.
    Gabe starrte sie an. Seine Mutter. Jewel. Die Gemahlin seines Vaters, König Nicholas’. Die Frau, die an dem Tag ermordet wurde, an dem seine Schwester zur Welt kam. Die Frau, deren Namen niemand in Gabes Anwesenheit auszusprechen wagte, außer Sebastian, der seit ihrem Tod um sie trauerte.
    »Akzeptieren ohne Fragen zu stellen, ist leichtsinnig«, erwiderte er.
    »Es ist eine Frage des Vertrauens«, widersprach seine Mutter. »Und nur Inselbewohner glauben an Vertrauen. Und du bist zur Hälfte Inselbewohner, Gabe.«
    »Ich wurde als Fey erzogen«, erwiderte er.
    Bei dieser Bemerkung blinzelte sie und wich einen Schritt zurück. Sie zupfte an ihrer Weste und sah sich in der Höhle um, als erblickte sie sie zum ersten Mal.
    »Ja«, sagte sie schließlich. Es klang fast wehmütig. »Du wurdest als Fey erzogen.«
    Ihre Gefühle waren Gabe gleichgültig. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie wirklich existierte, und wenn sie existierte, ob sie seine Mutter oder etwas anderes war, ein Inselgeschöpf oder, noch schlimmer, etwas Religiöses.
    »Also wirst du meine Frage wohl beantworten müssen.«
    Sie nickte knapp. Dann schien sie tief Luft zu holen. Gabe wußte nicht einmal, ob sie wirklich atmete. Er wußte nur, daß sie für andere unsichtbar war.
    »Ich bin ein Mysterium«, erklärte sie leise.
    »Na klar.« Gabe war nicht in der Stimmung für Scherze.
    »Nein, Gabe.« Sie wandte sich ihm wieder zu, und ihr Blick traf seinen. Ihre Augen waren dunkel und eindringlich, als wolle sie ihn zwingen zu verstehen. »Ich bin ein Mysterium. Ich wurde eines der Mysterien. Du solltest wissen, was das bedeutet. Und ich mußte erst eine Macht um Erlaubnis fragen, bevor ich es dir erzählen durfte.«
    Bei den Mysterien, pflegten die Fey auszurufen. Bei den Mächten.
    Oder angesichts ungewöhnlicher Vorfälle: Das muß ein Mysterium sein, oder: Das haben uns die Mächte geschickt.
    Gabe fror plötzlich.
    »So etwas habe ich noch nie gehört«, murmelte er.
    »Ich habe dich beschützt, seit du drei Jahre alt warst«, erklärte sie. »Als das Schattenland zusammenbrach, habe ich dir gezeigt, wie du es wieder aufbauen kannst.«
    »Aber ich habe dich noch nie gesehen«, wandte Gabe ein.
    »Es hängt mit diesem Ort zusammen, daß ich sichtbar bin«, gab sie zurück.
    »Was hat es mit diesem Ort auf sich?« fragte Gabe.
    Sie biß sich auf die Unterlippe. »Das darf ich dir nicht erzählen.«
    »Dann kann ich dir auch nicht glauben«, konterte Gabe.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich muß mich an die Regeln halten. Wenn ich zuviel verrate, verliere ich all meine Macht und füge auch dir Schaden zu.«
    »Wie praktisch«, spottete er.
    Sie fuhr sich mit der Hand über das Haar, als wollte sie ihre Frisur richten. »Bald wird jemand hier sein«, sagte sie. »Jemand, den du kennst und dem du vertraust. Sie wird dir erklären, was es mit diesem Ort auf sich

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