Fey 07: Die Augen des Roca
hier über mich. Und ich will auf Adrian warten.«
»Aber du bist es, den wir schützen müssen«, erklärte die Rotkappe. »Deshalb zählt deine Meinung hier nicht.«
»Jetzt laßt mich doch mal ausreden!« Coulter fuhr mit funkelnden Augen und geballten Fäusten herum. »Ich bleibe hier und warte auf Adrian.«
»Das kannst du nicht machen«, widersprach Gabe.
»Warum nicht?« fragte Coulter.
»Du würdest uns nicht wiederfinden.«
»Ich habe genauso gute Augen wie ihr, vielleicht sogar noch bessere.«
»Und was ist, wenn es nichts zu sehen gibt?« fragte Leen.
»Dann kann ich immer noch euren Spuren folgen. Jeder von euch dreien hinterläßt eine Spur.«
»Das ist in der Tat ein Problem«, seufzte die Rotkappe und hockte sich auf den Boden. »Wenn uns wirklich ein anderer Zaubermeister auf den Fersen ist, braucht er nur den Spuren zu folgen.«
Coulter nickte. »Daran habe ich auch schon gedacht. Aber wir wissen nicht genau, wo sie sich jetzt befinden. Wenn wir ihnen immer ein Stück voraus sind, können wir ihnen vielleicht aus dem Weg gehen.«
»Und was ist, wenn …« Gabe schluckte. Er mußte sich überwinden, die Frage zu stellen. »Was ist, wenn sie dich finden, nachdem wir weg sind?«
Coulter sah ihn an, als sei ihm die Besorgnis in Gabes Stimme nicht entgangen. »Nach mir suchen sie nicht.«
»Das ist nicht sicher.«
»O doch«, gab Coulter zurück. »Du bist hier der Gejagte, Gabe, und du wirst es bleiben, solange der Schwarze König lebt. Wir anderen sind unwichtig.«
Gabe schüttelte den Kopf. Er haßte diese Diskussion. Er haßte alles. »Wie lange müssen wir denn noch fliehen?« fragte er. »Wann hören sie endlich auf, nach mir zu suchen?«
»Wenn sie dich gefunden haben«, konterte Coulter.
»Dann sollte ich mich ihnen vielleicht lieber gleich ausliefern.«
»Soweit bist du noch nicht«, unterbrach ihn Fledderer von seinem Sitzplatz auf dem Boden.
Gabe spürte ein Frösteln. »Glaubst du, ich werde mich ihnen eines Tages freiwillig ausliefern wollen?«
»Ganz bestimmt«, bekräftigte die Rotkappe. »Wenn du erst einmal stark genug bist, über das Imperium der Fey zu herrschen, wirst du dich fangen lassen.«
Gabes Frösteln wurde stärker. »Ich darf meinen Urgroßvater nicht töten.«
»Das brauchst du auch nicht«, gab Fledderer zurück. »Bis dahin wirst du in der Lage sein, ihn mit deiner Zauberkraft und deinem Geist zu übertrumpfen.«
»Er ist der größte Feldherr der Fey.«
»Stimmt«, sagte die Rotkappe. »Aber er ist auch ein alter Mann, der Angst hat, ohne einen würdigen Nachfolger zu sterben. Eines Tages wirst du dieser würdige Nachfolger sein.«
»Ich will aber über kein Imperium herrschen.«
»Du willst auch nicht länger fliehen wollen.«
Gabe verschränkte die Arme. Sein Herz schmerzte. »Habe ich wirklich keine Wahl?«
»Im Moment nicht«, erwiderte Fledderer. »Wenn wir wieder Zeit zum Nachdenken haben, fallen uns sicher noch andere Möglichkeiten ein.«
»Wir brauchen Zeit«, bestätigte Coulter, »und indem ich hier auf Adrian warte, verschaffe ich uns welche. Ihr steigt auf diesen Berg. Wir finden euch dann schon.«
Gabe verschränkte die Arme. Der Vorschlag gefiel ihm nicht. Nichts gefiel ihm.
»Was passiert, wenn ihr nicht kommt?« fragte Leen.
»Ihr wartet so lange, wie ihr es für richtig haltet«, sagte Coulter. »Dann bringt ihr Gabe in Sicherheit.«
»Auf dieser Insel gibt es keine Sicherheit«, knurrte Fledderer. »Der Schwarze König ist schon zu nahe.«
»Bis jetzt haben wir Gabe erfolgreich vor ihm versteckt«, widersprach Coulter. »Mit jedem Tag wird unser Sieg größer.«
»Vielleicht«, seufzte Gabe. »Vielleicht verschwenden wir aber auch bloß unsere Kraft. Ich mache einfach keine Fortschritte.«
»Noch nicht«, beschwichtigte die Rotkappe. »Wir hatten noch keine Zeit dazu.«
»Das ist ja genau der Punkt«, sagte Gabe. »Wie verschaffen wir uns Zeit? Oder müssen wir nur immer weiterziehen, bis sie uns am Ende doch finden?«
Coulter kam zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. Gabe mußte sich zusammenreißen, um nicht zurückzuzucken. »Du mußt mir wieder vertrauen«, bat Coulter.
»Nein«, fauchte Gabe. »Du hast Sebastian getötet.«
»Du hättest es nicht verhindern können, Gabe. Du hättest höchstens mit ihm zusammen sterben können.«
»Das werden wir wohl nie genau feststellen, nicht wahr?« Gabe trat einen Schritt zurück. Er fuhr sich mit der Hand über die Schulter, obwohl er wußte, daß es kindisch
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