Fey 07: Die Augen des Roca
nichts unternehmen. Er hatte sich noch nicht entschieden. »Das sehen wir, wenn wir wieder hier sind«, sagte er ausweichend.
Marly seufzte, als wüßte sie, daß er ihr etwas verschwieg. »Ich geh Denl und Jakib holen«, murmelte sie und verließ das Zimmer.
»Hat ganz schön Haare auf den Zähnen, die Frau«, meinte Tri.
Matthias schüttelte den Kopf. »Sie ist stark und klug. Sie macht sich bloß Sorgen, das ist alles.«
»Ich glaube, sie empfindet etwas für dich«, gab Tri zurück.
»Mitleid.« Matthias rückte das Bündel um seine Taille zurecht, bis es sich bequem anfühlte. »Glaubst du, daß die Langen noch in der Gegend sind?«
»Daran zweifle ich nicht. Wo sollten sie sonst hin? Außerdem besagt das Gerücht, daß sie Freunde im Steinbruch haben.«
Matthias zog die Schnüre fest. Das Bündel scheuerte auf seinem Rücken. »Die Sache wird immer rätselhafter.«
»Nur, wenn du sie für Fey hältst. Was ist, wenn es Leute wie deine sind? Ein paar Lange und der Rest Normale?«
Bei dieser Wortwahl zuckte Matthias zusammen. Gerade hatte er angefangen, Tri zu mögen. »Hältst du mich für unnormal?«
»So ist das eben in Constantia«, erklärte Tri. »Jeder, der größer ist als ich, ist unnormal. Und jemand, der größer als ich ist und es außerdem noch überlebt hat, in den Bergen ausgesetzt zu werden, ist sogar noch verdächtiger.«
»Der alte Brauch ist hier immer noch lebendig, nicht wahr?« seufzte Matthias.
»Bevor die Umstände mich zwangen, die Weisen zu verlassen, hatte ich gehofft, endlich damit Schluß zu machen«, gab Tri zurück.
Denl trat ins Zimmer. Sein rundes Gesicht war von Sorgenfalten zerfurcht, das blonde Haar zerzaust. Schon bevor sie in Constantia angekommen waren, war er erschöpft gewesen. Matthias schrieb es der beständigen Furcht zu: Seit der Invasion der Fey war Denl völlig verstört. Er hatte vergeblich versucht, es zu verbergen. Matthias hatte Denl erst näher kennengelernt, nachdem sie ein paar Tage unterwegs gewesen waren. Denis ganze Familie war während der ersten Invasion der Fey ermordet worden. Einige Auds hatten sich seiner angenommen und ihn im Glauben an den Rocaanismus aufgezogen. Nur die Stellung seiner Geburt, als Fünfter in einer Familie von sechs Kindern, hatte verhindert, daß er selbst Aud geworden war.
Der Tabernakel hielt sich streng an die Regel, nur zweitgeborene Söhne aufzunehmen.
»Wenns bei diesem Ausflug drum geht, jemanden abzumurksen, könnt Ihr nich’ auf mich zähln«, knurrte Denl, aber er wandte sich an Tri, nicht an Matthias. In Denis Augen war Matthias immer noch der Rocaan, da mochte Matthias selbst sagen, was er wollte.
Ein Mann hört nich’ einfach auf, der Gottgefällige zu sein, pflegte Denl zu widersprechen.
»Ich will nur mit ihnen reden«, beschwichtigte Tri.
»Und wenn’s Fey sind?« fragte Denl.
Tri sah Matthias an. »Ich verlasse mich da auf Matthias’ größere Erfahrung.«
Matthias erwiderte seinen Blick. Kannte Tri ihn denn schon so gut, um zu wissen, daß Matthias jeden Fey töten würde, bevor dieser auch nur den Mund aufmachen konnte?
»Ich versteh immer noch nich’, warum wir gehn müssen, Heiliger Herr«, beschwerte sich Denl.
»Es könnten Fey sein«, erklärte Matthias. »Ich muß es genau wissen.«
»Warum? ’s macht doch für uns keinen Unterschied. Sie sind sowieso überall auf der Insel.«
»Doch, für mich macht es einen Unterschied«, beharrte Matthias. »Ich habe die Frau getötet, die in den Augen der Fey fast so mächtig war wie der Schwarze König.«
»Ich hab immer gedacht, Gott hätt sie getötet«, wunderte sich Denl.
»Vor meinen Augen«, bestätigte Matthias. Und mit seiner Hilfe. Nur die allerstrengste Auslegung der Worte konnte jemanden glauben machen, daß Gott Jewel getötet hatte. Schließlich hatte Matthias das Tuch mit Weihwasser getränkt und auf Jewels Kopf gelegt.
Die erste religiöse Zeremonie hatte sie überlebt – die Hochzeitszeremonie, durchgeführt von Matthias und der Schamanin der Fey. Damals hatte Gott sie verschont. Aber damals hatte Gott auch nicht zugelassen, daß das Tuch, das Matthias an jenem Tag benutzt hatte, zusammen mit dem Weihwasser aufbewahrt wurde.
»Seither sind sie mir auf den Fersen«, erklärte Matthias.
»Ich komm nich’ mit, wenn’s um Mord geht«, beharrte Denl verstockt.
»Es geht nur um Information«, versicherte Matthias. »Du kannst hierbleiben, wenn du willst. Marly wollte, daß du mitkommst, um mich zu beschützen. Ich
Weitere Kostenlose Bücher