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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Unglück. Nye war nur ein kleiner Teil des großen Imperiums der Fey. Es mußte nicht unbedingt von einem Mitglied der Schwarzen Familie beherrscht werden. Jeder Visionär konnte es regieren, und das vermutlich besser ohne Bridge und seinesgleichen als mit ihnen.
    Rugad ließ sich auf das bestickte Sofa sinken. Er nahm eine Scheibe Brot vom Tablett und betrachtete stirnrunzelnd das übrige. Eine Schale Suppe, eine Scheibe Lammfleisch – woher auch immer, denn er hatte keine Schafe in der Umgebung der Stadt gesehen – und ein Stück Käse. Mehr, als er bewältigen konnte, besonders mit seiner wunden Kehle.
    Er biß in das Brot, weil er dem köstlichen Duft nicht widerstehen konnte. Es schmeckte so gut, wie es roch: frisch, weich und noch warm. Auch die Suppe war hervorragend. Sie bestand aus einer Rinderbrühe, in der Fleisch- und Gemüsestücke schwammen. Der erste Schluck wärmte Rugads Kehle. Der zweite linderte den Schmerz. Rugad aß so hastig, daß er sich beinahe wieder fühlte wie ein kampflustiger junger Mann vor Beginn der Schlacht.
    Beinahe.
    Als er aufgegessen hatte, nahm er einen Schluck von dem honiggesüßten Met, den die Domestiken seit seiner Verwundung für ihn zubereiteten. Der Met blieb warm, bis Rugad davon trank, ganz gleich, ob er Minuten oder Stunden damit wartete. Die ihm innewohnenden Heilkräfte sollten Rugads Genesung beschleunigen, und Rugad fühlte sich nach jedem Schluck förmlich verjüngt.
    Inzwischen war die Sonne fast untergegangen. Das rote Glühen am Horizont verblaßte, und im Zimmer wurde es dämmrig. Gleich würde Rugad sich eine Fackel bringen lassen und ein paar Kerzen anzünden.
    Aber er stand nicht auf. Noch nicht. Er genoß jedesmal diese letzten Augenblicke des Tages, den Moment, bevor die Sonne über den Bergen im Westen verschwand und sich Dunkelheit über die Stadt legte.
    Es wurde richtig finster in Jahn. Der Palast ragte zwischen wüsten Trümmerhaufen empor. Noch nie zuvor hatte Rugad eine Stadt so in Schutt und Asche gelegt wie diese. Einige Feuer hatten seine Soldaten gelegt, aber auf dem gegenüberliegenden Flußufer waren fast alle Gebäude zerstört, weil der Brand des Tabernakels auf sie übergegriffen hatte. In den ersten Nächten nach Rugads Eroberung von Jahn hatten die noch heißen Gluthaufen den ganzen Abend lang rot geschimmert. Dann waren die Feuer erloschen, und jetzt glühte nachts nur noch der Palast selbst wie ein einsamer Leuchtturm vor einer stürmischen Küste. Verwüstung, so weit das Auge reichte. Sämtliche Gebäude im Süden der Stadt waren nur noch Ruinen.
    Es klopfte. Rugad setzte den Metbecher ab und erhob sich.
    »Herein«, krächzte er. Das kurze Wort genügte, um den vom Met eben erst besänftigten Schmerz wieder aufflammen zu lassen.
    Die Tür öffnete sich. Boteen stand leicht gebeugt unter dem niedrigen Türsturz. Hinter ihm wartete eine Domestikin mit Fackel und Kerze.
    Rugad winkte sie herein. Die Domestikin steckte die Fackel in die Halterung neben der Tür und zündete dann mit der Kerze alle Lampen im Zimmer an.
    Die Lampen verbreiteten ein sanftes Licht, nicht das helle, fast unnatürliche Licht der Fackeln. Ein paar Stunden zuvor hatten die Domestiken eine Feylampe aufgestellt, aber als die Seelen hinter dem Glas das Zimmer ihres Königs erkannt hatten, hatten sie begonnen, Klageschreie auszustoßen. Das Geräusch war leise, aber störend. Schließlich hatte Rugad die Lampe entfernen lassen, um seine Ruhe zu haben.
    Rugad hatte noch nie eine Feylampe so jammern gehört wie jene, obwohl die alten Geschichten von derartigen Vorfällen berichteten. Sich auf diese Weise bemerkbar zu machen, kostete die Seelen unglaubliche Kraft, und die Feylampe hatte erst geflackert und war dann erloschen.
    Boteen wartete, bis die Domestikin den Raum verließ, und schloß hinter ihr die Tür. Rugad musterte ihn. Boteen war so groß und schlank, daß er aussah, als würde er jeden Augenblick in der Mitte auseinanderbrechen. Die Oberseite seiner Stiefel war voller Asche und Schlamm, aber die Sohlen waren sauber, damit er in der Residenz des Schwarzen Königs keine Spuren hinterließ.
    »Ich habe einen der Zaubermeister gefunden«, verkündete Boteen.
    »Wo?« Rugad hatte sich noch immer nicht an sein eigenes Krächzen gewöhnt. Er erwartete immer, daß seine Stimme schon kräftiger klang.
    »Nördlich von hier gibt es ein Gebirge, das ›Die Augen des Roca‹ genannt wird. An seinem nordöstlichen Ende befinden sich einige der steilsten Klippen der

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