Fey 09: Die roten Klippen
geschickt?«
»Weil die Fey ihn gefangengenommen haben. Und ich habe es zugelassen.« Die Stimme des Jungen klang immer schriller, und mit einem Mal sah er wirklich so aus, als würde er gleich zusammenbrechen.
Luke legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich war auch einmal ein Gefangener der Fey. Glaub mir, das läßt man nicht zu. Es geschieht einfach. Du hast uns beide gerettet.«
»Sebastian hat mich gerettet«, sagte der Junge und atmete tief durch. »Deswegen bin ich auch hier. Wir wollten beide hierher, um herauszufinden, ob wir hier Unterschlupf finden könnten. Aber jetzt brauche ich deine Hilfe. Der Schwarze König hält ihn gefangen, und Sebastian ist so wehrlos. Der König kann mit ihm machen, was er will. Wir wollen doch nicht, daß unsere Leute denken, Sebastian habe sich auf die Seite des Schwarzen Königs geschlagen.«
Luke runzelte die Stirn. Er erinnerte sich an Gabe, an dessen unbeugsame Willenskraft. Jewel war genauso, und auch König Nicholas, wenn auch auf etwas bedachtere Weise. Änderte sich das, wenn ein Geschöpf Zauberkraft besaß? »Könnte der Schwarze König denn so etwas tun?«
»Sebastian spricht sehr langsam«, erwiderte der Junge. »Selbst wenn er etwas abstreiten möchte, dauert es Ewigkeiten, bis er es ausgesprochen hat. Der Schwarze König kann mit ihm machen, was er will.«
»Und wie kann ich dir dabei helfen?« erkundigte sich Luke.
Der Junge schluckte. Wieder wischte er sich über das Gesicht, diesmal allerdings, ohne viel Blut zu verschmieren. Offenbar trocknete es bereits. Sie mußten sich unbedingt waschen, bevor sie aufbrachen, sonst war es für die Fey ein Kinderspiel, sie zu schnappen.
»Ich hatte gedacht, ihr wärt viel mehr. Wenn Sebastian von euch sprach, hörte es sich an, als lebte eine Familie hier.«
»Das war auch so«, sagte Luke, ohne weitere Erklärungen hinzuzufügen. Dieser Junge brauchte nicht mehr zu wissen. Zumindest nicht im Augenblick.
»Ich dachte, wir könnten Sebastian mit einer kleinen Truppe und diesem Schwert retten. Die Fey lassen sich einfach überrumpeln, wenn sie überrascht sind.«
»Ich weiß«, bestätigte Luke und sah zum Feuer hinüber. Er machte sich Sorgen, was geschehen würde, wenn die erste Überraschung verflogen war. »Aber das wird vermutlich nicht lange vorhalten. Die Fey sind sehr listig.«
Der Junge nickte.
Luke runzelte die Stirn. Das Grau der Morgendämmerung hatte sich zu einem fahlen Weiß aufgehellt. Luke blickte erst in den Himmel, dann auf das Maisfeld. Immer noch herrschte Stille. Die Feuersbrunst wütete, aber die Flammen, die zum Himmel aufloderten, breiteten sich nicht aus.
Er legte dem Jungen die Hand unter das Kinn und zog das Gesicht in den Lichtschein.
»Öffne deine Augen so weit du kannst«, sagte Luke etwas unfreundlicher, als er vorgehabt hatte.
Der Junge zitterte, als habe Lukes Bewegung ihn verängstigt, tat aber wie ihm geheißen. Seine Augen waren von einem so sanften Blau wie der frühe Morgenhimmel. In der Nähe der Pupille, die schwarz, geweitet und ohne goldene Flecken war, vertiefte sich das Blau ein wenig. Kein Flecken, nichts Auffälliges.
Luke ließ das Kinn des Jungen los.
Con rieb sich die Stelle, als habe Luke ihm weh getan. »Wozu war das gut?«
»Manchmal können Fey wie Inselbewohner aussehen. Nur an den goldenen Sprenkeln in der Pupille erkennt man, daß es sich in Wirklichkeit um Fey handelt.«
»Ich habe keine Goldflecken«, erwiderte der Junge. »Ich bin ein Inselbewohner wie du.«
Luke nickte. »Ich weiß. Du bist einfach nur in einem verdächtig passenden Augenblick aufgetaucht.«
»Glaubst du, ein Fey würde seine eigenen Leute umbringen?«
»Wenn er damit einen bestimmten Zweck verfolgt, ja«, antwortete Luke.
Der Junge stieß einen tiefen Seufzer aus und fuhr sich mit der Hand durch das blutverklebte Haar. Er wirkte jetzt noch zerbrechlicher, aber vielleicht hatte Luke es vorhin auch nicht bemerkt.
»Wann hast du zum letzten Mal gegessen?« erkundigte sich Luke.
»Heute morgen«, gab der Junge zurück. »Etwas Brot.«
»Jedenfalls bestimmt nicht genug«, sagte Luke abschließend. »Wir werden dich erst einmal waschen und füttern.«
»Wir müssen verschwinden«, widersprach der Junge. »Auch wenn du mir nicht helfen willst, Sebastian zu retten, werden die Fey in Kürze hier sein. Sie werden sehen, was ich getan habe«, wieder brach seine Stimme, »und sie werden dich jagen.«
Der Junge war eine interessante Mischung aus Verletzlichkeit und Stärke. »Wie alt
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