Fey 09: Die roten Klippen
Nachdenken. Er hörte, wie sich die Fey durch das Maisfeld näherten. Das Rascheln der niedergetrampelten Maisstauden wurde immer lauter.
»Wie viele Fey sind es denn?« wollte der Junge wissen.
»Sieben«, sagte Luke. »Jedenfalls im Augenblick.«
»Geh ins Haus.«
»Niemals. Du kannst doch nicht allein sieben Fey töten.«
»Vertrau mir«, entgegnete der Junge.
Aber das konnte Luke nicht. Er wandte sich um und zog kampfbereit das Messer. Sie würden zusammen so viele Fey erledigen, wie sie konnten, und notfalls mußten sie eben sterben.
Hinter dem Maisfeld loderte das Feuer jetzt so hoch auf, daß Luke nicht einmal erkennen konnte, wo die Flammen endeten. Es sah aus wie eine Feuerwand, die gelegentlich fauchend aufflackerte, als sei noch mehr Brennstoff in der Luft.
Was war bloß in diesen Beuteln gewesen?
Die Fey stürmten durch das Maisfeld. Der Himmel wurde lichter, nicht allein durch das Feuer. Während er die nahenden Fey beobachtete, wurde Luke plötzlich klar, daß die Sonne aufging. In der zartgrauen Dämmerung erkannte er zuckende Halme und sich bewegende Blätter.
Die Fey waren jetzt ganz in der Nähe.
Luke umklammerte sein Messer mit feuchten Händen. »Für die Insel«, flüsterte er leise.
Der Junge war an ihm vorübergeeilt und baute sich jetzt mit gezücktem Schwert unmittelbar hinter der zweiten Reihe von Maisstauden auf. Er hielt das Schwert wie einen Schlagstock, und als sein Ärmel zurückrutschte, war sein magerer Arm deutlich zu sehen. Er schien überhaupt keine Muskeln zu haben.
Glaubte er allen Ernstes, er könne sieben Fey allein töten?
Jetzt brach der erste Fey aus dem Maisfeld. Der Junge ließ das Schwert auf den Arm des Angreifers niedergehen und trennte ihn vom Körper des Fey. Der Arm fiel ins Feld, Blut spritzte, und der Fey schrie ebenso schockiert wie überrascht auf.
Luke trat einen Schritt zurück. Er hatte nicht geahnt, daß der Junge so stark war. Er hatte den Arm des Fey so mühelos durchschnitten, als bestünde er aus Erde.
Der verletzte Fey taumelte zu Luke, der ihn mit einer Hand festhielt und dann das Messer bis zum Heft in Richtung des Herzens unter die Rippen bohrte.
Der Fey schrie erneut auf und stürzte vornüber, als Luke das Messer herausriß.
Die Haut des Fey bestand keineswegs aus Erde. Das konnte Luke bezeugen. Er hatte seine ganze Kraft zusammennehmen müssen, um das Messer in den Fey hineinzustoßen und wieder herauszuziehen.
Der Junge wirkte ganz frisch. Wieder hatte er sein Schwert wie einen Schlagstock erhoben. Blut tropfte von der Klinge. Er hatte versucht, das Blut von seinem Gesicht abzuwischen, es jedoch nur noch mehr verschmiert.
Die anderen Fey waren etwas langsamer vorangekommen. Der Mais wogte immer noch hin und her, also hatten sie die Schreie des Anführers nicht gehört. Luke stieß den Toten mit dem Fuß beiseite und schöpfte zum ersten Mal in dieser Nacht Hoffnung.
Jetzt stürzte der nächste Fey aus dem Feld und wurde sofort von dem Jungen angegriffen. Er war kleiner, und das Schwert des Jungen schlitzte ihn seitlich auf. Der Fey griff überrascht nach den herausquellenden Eingeweiden. Luke trat vor, stieß den Verletzten beiseite und ließ ihn auf seinen Kameraden fallen. Dieser Fey mußte nicht mehr getötet werden. Er würde ohnehin gleich sterben.
Der Junge hatte sich unterdessen nicht von der Stelle gerührt und umklammerte sein Schwert mit blutigen Händen. Wieder tauchte eine Fey auf, und mit einem Hieb trennte der Junge der Angreiferin den Arm vom Körper. Während ein hoher Blutstrahl aus der Wunde schoß, sah Luke den vierten und fünften Fey ins Freie stürmen.
Aber Luke blieb keine Zeit, den Jungen zu warnen. Die einarmige Fey hatte ihn bereits mit zuckenden, wie rasenden Bewegungen erreicht. Sie schrie und schwang das Schwert mit ihrer einen Hand. Genau so stellte sich Luke eine typische Fey vor. Nicht als Opfer, sondern bis zum letzten Blutstropfen kämpfend.
Sie hieb mit dem Schwert in Lukes Richtung, und als er sich duckte, hörte er die Waffe über seinen Kopf zischen. Vor ihm schrie ein anderer Fey auf, aber Luke konnte nicht erkennen, was der Junge getan hatte. Lukes Angreiferin schien das Gemetzel ringsum nicht zu bemerken. Abermals versuchte sie, Luke mit dem Schwert zu treffen, und als er sich mit einem seitlichen Sprung in Sicherheit bringen wollte, packte der aufgeschlitzte Fey seinen Fuß. Luke strauchelte und ging zu Boden.
Er landete schmerzhaft auf einem Knie. Über ihm stand die Frau, deren
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