Fia die Betoerende
spüren.
„Ich weiß nicht, ob ich Redseligkeit versprechen kann, Mylady, aber ganz bestimmt ein paar Worte.“
Sie lachte, und er musste unwillkürlich lächeln.
Das war Irrsinn. Nicht nur, dass sie ihm ein Lächeln entlockt hatte, während sie ihn bedrohte, nein auch, dass sie ihn überhaupt mit einer Waffe bedrohte. Sie befanden sich nur wenige Schritt von anderen Menschen entfernt. Sie konnte ihn doch nicht allen Ernstes hier ausrauben wollen und glauben, damit davonzukommen. Auf der anderen Seite - welche Gelegenheit wäre für eine Diebin schon günstiger als des Nachts auf einem Maskenball, der quasi auf freiem Feld stattfand.
Er hob seine Hände. „Darf ich mich umdrehen?“
„Aber gewiss doch“, flüsterte sie. Langsam wandte er sich um und blickte auf den elfenbeinverzierten Griff eines zusammengeklappten Fächers - die „Pistole“. Er ließ seinen Blick von dem Fächer weiterwandern und schaute geradewegs in ein außerordentlich schönes Paar blauer Augen.
Ihr Strahlen wurde nur unwesentlich von den Schatten ihrer kunstvoll gearbeiteten Maske aus Silbergeflecht gedämpft. Sie bedeckte die obere Hälfte ihres Gesichtes und gab den Blick frei auf verführerisch volle und sich unartig kräuselnde Lippen, ein graziöses, stolz erhobenes Kinn und einen langen, anmutig geschwungenen Hals - einen Hals, um den er liebend gerne seine Hände gelegt hätte.
„Ich hoffe, es hat Ihnen Freude bereitet, Fia.“ Er hätte sie zu jeder Zeit und unter allen Umständen erkannt.
„Nicht Fia“, erwiderte sie. „Aber ja, das hat es.“ Sie ließ ihren Fächer auf schnappen und hielt ihn sich neckisch vor den Mund.
Eine schlanke, zarte Reiherfeder, die an ihrem Ohrläppchen befestigt war, strich liebkosend über ihren Busen und lenkte die Aufmerksamkeit auf die sahnige Haut, umrahmt von einem tiefausgeschnittenen schwarzen Mieder. Schwarz und Silber waren die einzigen Farben ihres Gewandes, der matt schimmernde ebenholzschwarze Stoff schien das Licht zu verschlucken, und der silberne glitzerte so stark wie unzählige winzige Spiegel. Schatten und Sternengefunkel, Dunkelheit, die mit dem Licht ringt.
Sein Blick wanderte nach oben, und ihm fiel mit einem Mal auf, dass sie ihre blauschwarzen Haare vollkommen unter einer silbern lackierten Perücke, die mit Unmengen schwarzer Miniatur-Rosen verziert war, verborgen hatte.
„Wollen Sie meinen Namen wissen?“ erkundigte sie sich neckend mit schwüler Stimme. „Wollen Sie wissen, wer ich wirklich bin?“
Sie kam näher, begleitet von dem leisen Rascheln von Samt und Taft. Langsam und zielstrebig hob sie eine elegante Hand, als wollte sie ihn berühren. Er stand reglos, wünschte sich plötzlich, kennen zu lernen, was schon so viele Männer vor ihm gekannt hatten. Ihre Hand verharrte in der Luft. Kam näher . . .
Sie blickte auf, sah ihn mit ihren strahlend blauen Augen an. Ihre Lippen verzogen sich zu einem allzu wissenden Lächeln. Ihre Hand sank an ihre Seite.
„Ich habe viele Namen.“ Sie wich einen Schritt zurück, und er folgte ihr, trotz allem unwiderstehlich von ihr angezogen. „Die Königin der Nacht. Die Dame in Schwarz . .
In ihren Augen blitzte es belustigt auf. „Lady Leidenschaft.“
Sie begann ihn langsam zu umkreisen, ließ ihn im Hellen zurück, während sie sich aus dem Licht der Fackeln entfernte und in die Schatten trat. Er wartete. Ließ sie nicht aus den Augen. Ihre schweren Röcke drückten das Sommergras nieder, knickten die Halme, so dass deren würziger, süßer Duft zu ihm herüberwehte. Sie blieb stehen, machte einen tiefen Knicks, und alles Silber an ihr funkelte auf, bevor sie mit einem „Gute Nacht, mein kleinmütiger Seeräuber“ mit der Dunkelheit verschmolz.
Sie machte sich über ihn lustig! Mit wenigen ausholenden Schritten hatte er sie eingeholt, griff nach ihrem Arm und wirbelte sie herum, so dass sie ihn anschauen musste. Er erwartete, dass sie sich wehren würde. Stattdessen landete sie widerstandslos in seinen Armen, gerade so, als habe sie diese Reaktion von ihm erwartet.
Am besten wäre es, sie loszulassen. Fort zu gehen. Zum Teufel mit ihrem herausfordernden Gehabe und ihrem triumphierenden Lächeln. Aber sie schmiegte sich an ihn - oder hatte er sie so dicht an sich gezogen? Gleichgültig, jedenfalls ruhte ihre Hand genau über seinem Herzen.
Er blickte in ihr maskiertes, ihm entgegengehobenes Gesicht. Sie wirkte nicht im Geringsten verängstigt. Ihre blauen Augen erwiderten funkelnd seinen Blick, in ihnen
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