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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Teufel diese Arbeit!“ brauste Harrach auf. „Es galt als ausgemacht, daß die Raketen von denen da unten nicht diese Beschleunigung entwickeln können!
       GABRIEL sollte durch den Satellitenmüll schießen wie eine Flintenkugel durch einen Bienenschwarm und anständig landen!“
       „Warum hat er eigentlich nicht sein Triebwerk zerschmolzen, als sie ihn jagten?“ fragte der Arzt. „Warum ist eine Henne kein Segelflieger?“ Rotmont ließ sich von seiner Verärgerung hinreißen.
       „Womit hätte er das Teratron denn schmelzen können? Die Energie zur Verbrennung des Antriebssegments sollte er doch von außen beziehen, aus der atmosphärischen Reibung! So war er projektiert. Das wußten Sie wohl nicht? Kommen wir also auf den Kern des Wettlaufs zurück. Entweder wäre er entkommen (wonach es aber überhaupt nicht aussah), oder sie hätten ihn im Raum erwischt, auf eine Umlaufbahn gezwungen und ausgeschlachtet. Hätte er den Kurzschluß erst gemacht, nachdem sie das Triebwerk erledigt hatten, so wäre es zur Explosion gekommen, und der Ringkörper mit den Rotoren wäre eventuell ganz geblieben. Da er es nicht dazu kommen lassen durfte, konzipierte er ein Schwarzes Loch mit doppeltem Ereignishorizont, sog durch den Kollaps die Verfolger in sich ein, und als die innere Sphäre in sich zusammenfiel, entwich die äußere. In diesem Maßstab gleichen sich die Effekte der Quantelung nämlich mit denen der Gravitation aus.
       Der Raum erfuhr eine Krümmung — daher sahen wir die Quinta wie durch ein Vergrößerungsglas.“ Arago hatte bisher geschwiegen.
       „Das war wirklich nicht programmiert?“ fragte er jetzt. „Diese Eventualität war nicht einmal im Ansatz vorgesehen?“
       „Nein und nochmals nein! Die Maschine hat zum Glück mehr Verstand gehabt als wir!“ Rotmont machte kein Hehl mehr daraus, wie sauer er über die ganze Fragerei war. „Wehrlos wie ein Kleinkind sollte sie sein! Das Teratron GABRIELS war nicht darauf programmiert, durch Kurzschluß die hyperthermische Produktion von Kollapsaren auszulösen. Das hätten die dort unten ohne weiteres aus der Konstruktion schließen können, sie hatten es sogar schließen müssen, denn GABRIEL ist in wenigen Sekunden von selbst darauf gekommen.“
       „Von selbst?“
       Diese Bemerkung des Mönchs brachte Rotmont endgültig aus der Fassung.
       „Ja, was denn sonst! Wie oft soll ich mich denn noch wiederholen? Er hatte einen Lichtstromcomputer mit einem Viertel der Kapazität von GOD! Sie, Pater Arago, verarbeiten in fünf Jahren nicht so viele Bits wie er in einer Mikrosekunde. Er hat sich geprüft und festgestellt, daß er das Teratron im Feld umkehren kann, wobei durch Polschluß ein mononuklearer Siderator entsteht. Mit seiner Entstehung fliegt er zwar auseinander, zugleich jedoch mit einem Kollaps..“
       „Das war vorhersehbar“, merkte Nakamura an. „Wenn du auf einem Spaziergang von einem tollen Hund angefallen wirst, so ist, falls du einen Stock bei dir trägst, vorhersehbar, daß du von diesem Gebrauch machst“, gab Rotmont zurück. „Ich wundere mich nur, daß wir so naiv sein konnten! Jedenfalls ist es gut so. Sie haben ihre Gastlichkeit zu erkennen gegeben, und GABRIEL hat ihnen gezeigt, daß er sie durchschaut hat. Natürlich hätte man ihn mit einer konventionellen Ladung zur Selbstzerstörung ausrüsten können, aber der Kommandant wünschte es nicht…“
       „Und das, was passiert ist, ist besser?“ fragte Arago. „Sollte ich ihm den Motor eines Rasenmähers einbauen? Er brauchte Energie, und die hat er bekommen. Daß ein Teratron in seinem Aufbau einem Siderator gleicht, entsprang nicht irgendeiner Laune von mir, sondern allein der Physik. Nicht wahr, Kollege Nakamura?“
       „Das ist richtig“, bestätigte der Japaner. „Jedenfalls kennen die Quintaner weder die Siderotechnik noch die Gravistik — dafür wette ich meinen Kopf!“ konstatierte Rotmont.
       „Woher weißt du das?“
       „Weil sie sie sonst angewandt hätten. Dieser ganze Koloß, der dort auf dem Mond begraben liegt, ist unter dem Aspekt der Siderurgie doch nur alter Plunder. Wozu soll man Stollen ins Magma und in die Asthenosphäre treiben, wenn sich die Schwerkraft so transformieren laßt, daß sie Makroquanteneffekte liefert? Die Physik ist hier andere Wege gegangen, Umwege, die die Quintaner von der höchsten Trumpffarbe weggeführt haben. Zu unserem Glück! Schließlich wollen wir den Kontakt, nicht

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