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Fida (German Edition)

Fida (German Edition)

Titel: Fida (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Maucher
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würde. Doch woher einen solchen Ort nehmen? Oder ein passendes Opfer? Eine Weile blieb es beim abstrakten Gedanken, zu dem er sich ab und zu einen runterholte.
    Dann passierte etwas, das die Karten neu mischte, Gelegenheit schuf und für noch mehr finanzielle Unabhängigkeit sorgte:
    Seine Mutter starb. Die letzten Jahre hatte sie allein im Haus seiner Kindheit gelebt. Sein Vater lebte unterdessen in einem Pflegeheim, in das ihn seine Mutter nach einem schweren Schlaganfall dauerhaft einweisen ließ, weil es ihre Kraft überstieg, ihn zu Hause zu pflegen. Soweit er wusste, hatte sie ihn fast täglich besucht. Tom war in den drei Jahren, die der Alte da schon lag, erst einmal dort gewesen. Er hatte schon seit Jahren nur noch sehr wenig Kontakt zu seinen Eltern. Obwohl er nur ein paar Querstraßen von ihnen entfernt lebte, ließ er sich kaum bei ihnen blicken. Erst durch einen Anruf ihres Anwalts hatte Tom von seinem Verlust erfahren, den er nicht wirklich als solchen empfand. Der Anwalt hatte kondoliert – und dann hatte er ihn gefragt, ob er bereit wäre, sein Erbe anzutreten.
    Und wie er bereit war! Er hatte Benzin besorgt und mehrere Kanister davon ins Haus geschleppt – vorbei an den Gräbern von Fredi dem Hamster und der Nachbarskatze, auf denen noch immer die alten, verwitterten Kreuze standen. Vielleicht waren die dafür verantwortlich, dass er auf einmal an diese alten Geschichten denken musste. Mehr als bereit saß er nun in der Küche, die Teil seines Erbes war, und rauchte eine letzte Zigarette, bevor er den Generator anschmeißen und einen Blick in den Keller werfen würde. Und später würde er, das beschloss er, während er mit dem Absatz seines Stiefels seine Kippe austrat, dem Alten einen Besuch abstatten.

Kapitel 11
    17. April 2013
     
    Fünf Tage ist es nun her, dass Jochen sie verlassen hat. Seitdem hat Tatjana sich kaum aus dem Bett bewegt und auch die Bilder von Laura nicht mehr betrachtet, denn der Schmerz, der damit einhergeht, ist zu groß. Jochen hat sich noch nicht wieder bei ihr gemeldet. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass er sich spätestens nach zwei oder drei Tagen, einem ruhigen Wochenende zum Kopf frei bekommen, bei ihr melden würde. Fünf Tage erscheinen ihr viel zu lang und inzwischen macht sie sich Sorgen. Tatjana weiß nicht mal, wo er steckt. Vermutlich ist er in ein Hotel gegangen. Ein paar Mal nahm sie das Telefon in die Hand, kurz davor, ihn selbst anzurufen. Doch seine eindringliche Bitte, ihm Zeit zu geben, hielt sie letztendlich davon ab.
    In den letzten Tagen hatte sie viel geheult, sich selbst bedauert und ihre einstmals heile Welt betrauert, die nun restlos in Scherben liegt. Diverse Male fragte sie sich, wofür sie jetzt noch leben soll, wo sie doch alles verloren hat, was ihr wichtig ist. Ein Funken Hoffnung aber bleibt. Vielleicht braucht Jochen ja wirklich nur ein paar Tage für sich allein, bevor er wieder zu ihr zurückkommt.
    Heute, am fünften Tag, steht sie wenigstens auf, geht nicht nur zur Toilette, sondern ins Bad und nimmt eine heiße Dusche. Das Wasser spült ihre Sorgen zwar nicht weg, aber es lässt ihre Lebensgeister zumindest teilweise zurückkehren.
    Danach plündert sie hungrig den Kühlschrank, denn auch ihr Appetit litt unter der Situation. Während Tatjana in der Küche sitzt und isst, fällt ihr Blick auf den Kalender, der an der Wand hängt. Ein Werbegeschenk aus der Apotheke. Es ist an der Stelle befestigt, an der früher Lauras selbstgebastelte Jahreskalender hingen, die sie aus dem Kindergarten oder der Schule mitbrachte. Heute ist Mittwoch. Mittwochs geht sie ihre Plakate aufhängen, die meist schon ein paar Tage später spurlos verschwunden sind. Sie weiß nicht, wer sie immer wieder abreißt, konnte noch niemanden dabei beobachten. Doch Tatjana wird nicht müde, sie immer wieder neu aufzuhängen. Vielleicht , denkt sie, ist diese Suche alles, was ich noch habe!
    Tatjana wird nicht aufgeben. Auch heute wird sie sich auf den Weg machen. Sie wird weitersuchen, bis sie Laura findet. Um ihren Mann, beschließt sie, wird sie ebenfalls kämpfen. Erst wird sie ihre Suchplakate aufhängen, danach die Haarfarbe kaufen, die sie im Drogeriemarkt schon in der Hand hatte. Vielleicht findet sie sogar ein paar schöne Dessous und bereitet Jochen die Überraschung, die er sich ganz offensichtlich erhofft hatte. Rückblickend wünscht sie so sehr, sie könnte die Zeit zurückdrehen und Jochen nicht ins Büro, sondern ins Schlafzimmer ziehen, ihrem

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