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Fida (German Edition)

Fida (German Edition)

Titel: Fida (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Maucher
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sich diesem Ungeheuer abermals zu nähern. Vorhin hat sie gesehen, wie er seine Schlüssel in die Hosentasche steckte, bevor er in den Keller ging. Sie greift vorsichtig hinein und zieht den Schlüsselbund heraus, den Drecksack dabei nicht aus den Augen lassend. Bereit, ihm bei der kleinsten Bewegung den Scherbendolch in den Hals zu rammen. Doch er bewegt sich nicht und sie zieht sich, langsam rückwärtsgehend, von ihm zurück.
    „Welcher ist es?“, fragt sie und probiert, als Susanne nicht antwortet, einen nach dem anderen aus.
    Schließlich bricht es schluchzend aus Susanne heraus: „Er hat den Schlüssel nie bei sich. Damit ich gar nicht daran denke abzuhauen.“
    Tatjana hält inne. „Wo hat er ihn dann? Weißt du das?“
    Susanne beißt sich auf die Lippen, erneut schießen ihr die Tränen in die Augen, und sie schüttelt verzweifelt den Kopf.
    „Nein, ich weiß nur, dass er ihn irgendwo oben im Haus aufbewahrt.“
    Tatjana fällt der kleine Schlüssel wieder ein, der nicht ins Vorhängeschloss an der Kellertür passte. Sie kramt in ihrer eigenen Hosentasche, bis sie ihn endlich greifen kann. Mit vor Aufregung zitternden Fingern fördert sie ihn zu Tage. Ihre Hände zittern so stark, dass sie zwei Anläufe braucht, um ihn ins Schlüsselloch des filigranen Schlosses zu fädeln, welches die Fußfessel sichert. Sie kann ihr Glück kaum fassen, als er sich drehen lässt und das Schloss tatsächlich aufschnappt.
    Tatjana kämpft erneut mit den aufsteigenden Tränen, als sie das wunde, aufgeriebene Fleisch sieht, das darunter zum Vorschein kommt. Doch auch für Entsetzen oder Mitleid bleibt nun keine Zeit. Ein Stöhnen vom Fuß der Treppe und eine schwache Bewegung, die sie aus dem Augenwinkel wahrnimmt, machen ihr bewusst, dass die Zeit, die sie noch haben, knapp ist.
    „Komm, schnell, wir müssen uns beeilen!“, ruft sie, während sie Susanne hoch und mit sich in Richtung Treppe zieht. Das Monster kommt zu sich, langsam nur, doch es wird nicht mehr lang dauern, bis Tom das Bewusstsein vollständig wiedererlangt hat. Er liegt im Weg, blockiert den einfachen Zugang und die erste Stufe der Treppe und als sie ihn erreicht haben zögert Susanne. Die Angst vor ihm steht ihr ins Gesicht geschrieben. Zuerst traut sie sich nicht, über ihn hinweg zu steigen. Erst als Tatjana abermals drängt: „Schnell, wir müssen uns beeilen und weg sein, bevor er zu sich kommt!“, nimmt sie all ihren Mut zusammen und macht einen großen Schritt. Sie stakst auf schwachen Beinen die Treppe nach oben. Tatjana ist gerade dabei, ebenfalls einen großen Schritt über Tom hinweg zu machen, als er erneut aufstöhnt. Sie hat gerade die ersten zwei Treppenstufen genommen, als seine Hand mit festem Griff ihren Knöchel packt. Tatjana strauchelt. Sie knallt mit dem Kiefer auf eine der Stufen und explosionsartig schießt ihr ein starker Schmerz bis ins Gehirn. Eine Sekunde lang fühlt sie sich leicht benommen. Eisern hält seine Hand ihren Knöchel im Griff. Instinktiv tritt sie mit ihrem freien Fuß nach hinten, trifft Tom mitten ins Gesicht. Er heult laut auf. Das Geräusch seiner brechenden Nase geht in seinem Schrei beinahe unter, doch Tatjana kann es trotzdem hören. Sein Griff um ihren Fuß löst sich und kaum ist sie frei, sprintet Tatjana los, bewältigt die Stufen auf allen Vieren, so schnell sie kann. Sie kann hören, dass Tom ihr dicht auf den Fersen ist. Sein Atem hat etwas Röchelndes, Nasses. Er klingt wie ein verstopfter Abfluss, aus dem das Abwasser zurück ins Waschbecken blubbert. Nun ist sie fast oben. Tatjana, wie ein Sprinter beim Endspurt, jagt durch die Tür und wirbelt herum. Wenn sie sich beeilt, kann sie die Tür zuwerfen, das lose daran baumelnde Vorhängeschloss schließen und ihn unten einsperren. Aber sie ist nicht schnell genug. Während sie dabei ist, die Tür zu zudrücken, schafft er es, seine Hand zwischen Holz und Rahmen zu zwängen. Tatjana wirft sich nun mit ihrem ganzen Körper gegen die Tür. Tom heult schmerzerfüllt auf, doch statt seine Hand zurück zu ziehen schiebt er sie vorwärts, drängt von innen mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür und zwängt seinen Arm noch ein Stück weiter heraus. Mit blutender Hand, trotz mehrerer gebrochener Finger, versucht er nach ihr zu greifen. Er ist stark. Viel kräftiger als sie. Ein Tauziehen um die Tür kann Tatjana nur verlieren. In dem Moment, in dem Tom sich erneut kraftvoll von innen dagegen wirft, lässt sie unvermittelt los. Nicht auf den Widerstand

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