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FIDER (German Edition)

FIDER (German Edition)

Titel: FIDER (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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Frischfleisch
     
    Originalmaterial. Vier statische Kameras innerhalb der Stube. Farbfilm.
     
    Nach ihrer Rückkehr aus dem Wald bleibt den Soldaten noch Zeit bis zum Abendessen. Petursson nutzt diese Zeit, um sich in Unterwäsche auf sein Bett zu legen.
    »Ich sterbe«, kündigt er an. Doch er stirbt nicht.
     
    Schnitt. Einige Minuten fehlen.
     
    Als Datso von der Toilette zurückkommt, sieht er ein wenig erleichtert aus.
    »Ich glaube, das war jetzt alles. Dieser verdammte Schnaps haut beim alten Datso immer durch wie ein Vorschlaghammer. Ich glaube, mir hat es glatt den Hintern gesprengt.«
    Datso wirft Vinnie einen Blick zu, doch der reagiert nicht so, wie Datso es hatte provozieren wollen.
    »Hast du den Wiecenek auf dem Klo gesehen?«
    »Wen? Unseren frischgebackenen Kriegshelden? Nein, nix zu sehen gewesen. Da war niemand außer mir. Wäre wahrscheinlich erstickt, wenn er da gewesen wäre.«
    Petursson hebt se inen Kopf und linst aus seiner Koje hervor. »Der ist wahrscheinlich beim Kompaniechef und holt sich seine Belobigung ab.«
    »Unfug.« Betzendorff natürlich. »Der Soldat hat einmal so funktioniert, wie er funktionieren soll. So etwas hat Standard zu sein. Dafü r hat man nicht gelobt zu werden.«
    »Na klar«, sagt Petursson matt. »›Die haben mich festgenagelt, die haben mich festgenagelt.‹« Peturssons Betzendorff-Parodie klingt beinahe überzeugend.
    Im nächsten Augenblick quetscht sich Unteroffizier Kettler an Datso vorbei in den Raum.
    »Alles auf! Achtung!«
    Die Männer springen sofort auf und nehmen Haltung an. Seinem Ton nach zu urteilen hat Kettler seine Stimmung im Keller zum Trocknen aufgehängt.
    »Platz machen. Die Stube wird neu besetzt.«
    Kettler tritt einen Schritt neben die Tür und ruft nach draußen: »Reinkommen und vor den Spinden still gestanden.«
    Vier Soldaten wuchten ihre Seesäcke an Unteroffizier Kettler vorbei und schleppen sich zu den Spinden. Dort nehmen sie Aufstellung. Einer der Seesäcke kippt um. Als se in Besitzer danach greifen will, rastet Kettler ansatzlos aus.
    »Was soll das denn werden, wenn es fertig ist, Herr Schütze? Ich sagte: still gestanden! Still gestanden bedeutet still gestanden. Da rührt sich kein Schwanz und kein Sackhaar, auch wenn der Hi mmel voller Fotzen hängt! Und jetzt ist hier Ruhe drin!«
    Tatsächlich kehrt Ruhe ein.
    »Dann will ich die Bande einmal vorstellen. Von links nach rechts: Schütze Leisinger, Schütze Kasparek, Schütze Kaminsky. Und die halbe Portion ganz rechts ist Schütze Begerow. Diese vier ergänzen die Stube ab sofort. Bis jetzt haben wir hier noch keine Struktur drin, doch das wird sich bald ändern. Ich werde in den nächsten Tagen die einzelnen Aufgaben innerhalb der Gruppe verteilen.«
    Petursson rührt sich leicht. »Eine Fra ge, Herr Unteroffizier.«
    Kettler hat sein Pulver offenbar verschossen, denn er reagiert absolut gelassen. »Sprechen Sie.«
    »Wir vermissen unseren Kameraden Wiecenek. Wissen Sie, wo er abgeblieben ist?«
    »Wo soll er denn sein?«
    »Na ja, ist direkt nach der Übung einfach verschwunden«, sagt Datso. »Dachte, er wäre beim Kompaniechef. Wegen Belobigung und so.«
    Kettler blickte in die Runde. »Ganz falsch, meine Herren. Der Schütze Wiecenek hat die SKAV gleich nach der Übung verlassen. Wie Sie vielleicht bemerkt h aben, ist sein Spind bereits geräumt. Genau aus diesem Grund wird die Stube auch mit vier neuen Soldaten besetzt, anstatt nur mit dreien. Ich nehme an, Sie können mir rein mathematisch soweit folgen.«
    Alle Köpfe wenden sich zu Wieceneks Spind. Tatsächlich hängt dort kein Vorhängeschloss mehr.
    »Oh Scheiße«, entfährt es Vinnie. »Huch! Ich meinte natürlich: Oh Scheiße, Herr Unteroffizier.«
    »Na ja, man weiß ja, woran’s liegt«, brummt Datso.
    Eigentlich müsste Kettler an dieser Stelle durch den Schornstein hinaus reiten. Doch er blieb völlig gelassen.
    »Sie meinen, Wiecenek wäre gefeuert worden, weil er mich auf dem Truppenübungsplatz erledigt hat? Das schmeichelt mir schon fast ein wenig, Herr Schütze. Sie trauen mir ja unglaublich viel Macht zu. Aber ganz so einf ach ist das nicht. Die Entscheidung, wer gehen muss und wer bleibt, liegt nicht bei mir. Zumindest nicht ausschließlich. Ich bin nur beratend tätig. Wiecenek hat heute einen guten Einsatz gezeigt. Wenn es nach mir gegangen wäre, dann hätte er sich dafür tatsächlich einen Tag Sonderurlaub verdient. Aber erstens geht es nicht nach mir und zweitens zählt hier nicht nur eine

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