FIDER (German Edition)
werden.«
Die meiste Zeit über stehen die Soldaten herum, während Reden gehalten werden oder eine Musikkapelle verschiedene Märsche spielt. Die Haltung der Männer wechselt lediglich von »Stillgestanden« zu »Rührt Euch«. Einige Soldaten verkraften das lange Stehen nicht sonderlich gut und werden ohnmächtig. Ausgerechnet Unteroffizier Kettler klappt als Erster zusammen.
Originalmaterial, geschnitten. Handkamera des Ausbilders. Farbfilm.
Sprecher:
»Einen unvergesslichen Moment erlebt auch die dritte Gruppe des ersten Zuges. Die Männer aus Peturssons Nachbarstube werden in der Bedienung einer 20-Millimeter-Feldkanone ausgebildet und sollen eines der vier Geschütze, die der Kompanie zur Verfügung stehen, im Rahmen einer Übung zum Einsatz bringen.«
Stabsunteroffizier Blaskowicz, der zuständige Ausbilder, lässt hierzu das Geschütz auf der Ladefläche eines Tonners verzurren.
Auf dem Weg zum Truppenübungsplatz zettelt der Stabsunteroffizier eine Schießerei mit einem fiktiven Feind an. Binnen weniger Sekunden ist die Feldkanone fertig geladen und feuerbereit. Ihr Einsatz beschränkt sich jedoch auf einen einzigen Schuss mit Manövermunition. Bei diesem Schuss fliegt das komplette Rohr aus dem Gehäuse, segelt etwa fünf Meter weit und landet im Dreck des Straßengrabens.
Die Geschützmannschaft wird in der entgegengesetzten Ric htung von der Ladefläche des Tonners katapultiert. Die Kanone zerlegt sich bei dieser Aktion größtenteils selbst. Verschluss, Gurtzuführer, Richtmechanik und Gehäuse erinnern hinterher an ein modernes Kunstwerk. Lediglich die Zieloptik hat den Donnerschlag unbeschadet überstanden.
Selbstverständlich ist sofort von Sabotage die Rede. Obwohl schon lange keine Geisterstimmen mehr gehört wurden, erfahren die Verschwörungstheorien einen gewaltigen Aufschwung. Erst später stellt sich der wahre Grund für diesen Sc huss in den Ofen heraus: Nach der routinemäßigen Wartung der Waffe wurde das Rohr eingeölt und in das Gehäuse geschoben. Die Geschützmannschaft hat es versäumt, das Rohr vor dem Einsatz zu entölen und anschließend im Gehäuse zu verriegeln.
So wechselt die Verantwortung von irgendwelchen Verschwörungstheorien zu StUffz Blaskowicz, der angesichts seines Dienstgrades nicht aus den SKAV entfernt werden kann. Die Geschützmannschaft wird ebenfalls von jeder Schuld freigesprochen. Irgendein Spaßvogel kopiert die Verlustmeldung, die StUffz Blaskowicz anschließend ausgefüllt hat, und hängt sie zur Belustigung aller ans Schwarze Brett. Erstaunlicherweise wird diese schändliche Tat offenbar nicht von den Kameras vor der Schreibstube aufgezeichnet. Zumindest behaupten das die Offiziere.
Bild im Bild: Unteroffizier Kettler.
»Dennoch konnten die Verschwörungstheorien bis zum Ende der Ausbildung nicht vollends aus der Welt geschafft werden. Bei der abschließenden gemeinsamen Übung der gesamten SKAV auf dem Truppenübungsplatz musste die gesamte Mannschaft hungern. Offenbar war es einem Saboteur gelungen, sich Zugang zu den Lebensmittelbehältern zu verschaffen und das Essen mit einer unbekannten Substanz zu verfeinern. Als der Kompaniefeldwebel die Behälter zur Mittagszeit mit seinem Kleinbus zum Truppenübungsplatz chauffierte, schlug die Vorfreude der Soldaten schnell in Entsetzen um. Der aus den Behältern austretende Geruch ließ die Traube der Männer, die sich bereits am Kleinbus versammelt hatte, auseinander spritzen, als sei ein Neujahrskracher mitten in einem Vogelschwarm explodiert. Nur der Kompaniefeldwebel kam nicht rechtzeitig weg. Die Angelegenheit sollte noch lange als 'Der Tag, an dem unser Spieß ins Essen gekotzt hat' im kollektiven Gedächtnis der Truppe erhalten bleiben.«
Szene 24: Kaminsky im Videolog
»Haha, ja, das ist schon ein Ding: Spezialist Kaminsky ist so gut wie Mitglied einer Sondereinheit, in die es nur die Besten der Besten schaffen. Zumindest nehme ich an, dass es nur die Besten sind. Jedenfalls habe n die alle viel mehr drauf als die Pfeifenköpfe von der Volksarmee.
Und hier bin ich nun, mitten unter den ganzen ehemaligen Römern und Schleifern. Und die sind alle nicht mehr oder weniger als ich auch. Die werden genauso ins Hallo gestellt wie ich und mü ssen genauso viel Dreck fressen wie ich. Hey, da fällt mir gerade auf: Ich fange irgendwie jedes Videolog gleich an, hahaha.«
Kaminsky zieht eine dieser Grimassen, über die niemand lachen kann. Er selbst findet sie offenbar
Weitere Kostenlose Bücher