Fieber an Bord
die ihre Schönheit beeinträchtigte, dem Feuer zusätzlich Nahrung gegeben.
Er sah Isaac Toby, den Zimmermann, dessen eulenhaftes Gesicht fast ebenso rot war wie die Weste, die er immer trug, inmitten seiner verringerten Mannschaft auf Beschädigungen zeigen, angesplitterte Holzteile mit seinem Messer markieren oder auf Mängel hinweisen, die sofort behoben werden mußten. Er würde seinen Maat Sloper vermissen. Einige der schwerer Verletzten waren an Land gebracht worden. Die übrigen mußten umso härter arbeiten. Ganz besonders jetzt. Er sah über das schimmernde Wasser, wohl wissend, daß Raymond seine Tirade unterbrochen hatte, um auf seine Reaktion zu warten. Hoch über ihr Spiegelbild aufragend, schwang die französische Fregatte Narva l leicht an ihrer Ankertrosse. Ihre Sonnensegel waren ausgespannt, und sie hatte Boote im Wasser, während ein Kutter sie ständig wachsam umkreiste.
Raymond fing wieder an: »Sie können ruhig hinüberblicken, Kapitän. Sie rümpfen die Nase über den Franzosen, weil seine Vorstellungen anders sind als Ihre. Was glauben Sie wohl, wie mir zumute ist? Ein Repräsentant von König Georg und einem Land, das angeblich die beste Flotte der Welt unterhält, ist genötigt, ein fremdes Kriegsschiff um Unterstützung zu bitten. Gott verdammt, Bolitho, wenn der Kaiser von China mir ein Schiff anbieten würde, ich würde es annehmen, und zwar auf der Stelle. Das können Sie mir glauben.« Er ging auf Deck hin und her. Sein Schuh blieb an einem Splitter hängen. »Es ist immer das gleiche. Von mir wird erwartet, daß ich Wunder vollbringe – gegen den Widerstand von ausgemachten Narren und engstirnigen Militärs!« Er funkelte Bolitho wütend an, schien die Hitze zu vergessen. »Und anscheinend auch von Seeleuten.« Herrick kam nach achtern und berührte seinen Hut. »Alle Verwundeten, die vom Arzt auf die Liste gesetzt wurden, sind an Land gebracht, Sir. Ich habe dem Bootsmann befohlen, mit der Arbeit an der Maststenge ...«
Raymond unterbrach scharf: »Sehr richtig. Macht sie nur wieder schön, damit Mathias Tuke noch einmal sein Spiel mit ihr treiben kann.«
Bolitho warf den Kopf zurück, und Herrick wandte sich ab.
»Mr. Herrick verdient diese Behandlung nicht, Sir. Er ist ein tapferer Mann und ein ausgezeichneter Offizier. Einige gute Leute haben ihr Leben verloren. Einer erst heute morgen.« Das war der beklagenswerte Watt gewesen. Gwyther hatte gesagt, es hätte ihn überrascht, daß der Mann mit dieser Verletzung so lange überlebt hätte. »Ich befehlige dieses Schiff, und ich habe die Verantwortung.« Er sah Raymond scharf an. »Tuke ist gerissener, als ich dachte. Vielleicht habe ich nur das gesehen, was ich sehen wollte. Doch wie dem auch sei, es war meine Entscheidung.« Er senkte die Stimme, als Keen eilig vorbeikam. »Es wird alles nur noch schlimmer, wenn wir zulassen, daß unsere persönlichen Gefühle mitspielen.«
Raymond entgegnete: »Ich habe nicht vergessen, wer die Tempes t befehligt. Darauf werde ich deutlich hinweisen, wenn ich meine Berichte nach London schicke. Und Sie brauchen mir nicht zu sagen, wie ich mich benehmen soll. Ich habe meine Gefühle Ihnen gegenüber klar zu erkennen gegeben, denke ich. Es ist also nutzlos, von mir jetzt, da Ihre Sterne weniger günstig stehen, Gefälligkeiten zu erbitten.«
»Ist das alles, Sir?«
Bolitho ballte die Fäuste hinter seinem Rücken. Er erkannte, wie geschickt er in eine Falle gelockt worden war. Vielleicht war er nur zu müde, oder er verlor wie Le Chaumareys die Wirklichkeit aus dem Griff.
»Im Augenblick, ja.« Raymond wischte sich über das Gesicht. »Ich werde in Bälde eine Konferenz einberufen, um einen Feldzug gegen Tuke und alle seine Helfershelfer zu planen. Wenn wir dabei für de Barras den französischen Gefangenen dingfest machen können, dann ist alles schön und gut.« Es klang weniger selbstsicher, als er hinzufügte: »De Barras hat Vollmachten von seinem Land und besitzt die Mittel, seine Befehle auszuführen. Wir befinden uns nicht im Krieg, und er zumindest scheint zu wissen, was er will.«
Bolitho dachte an die Kajüte, die reichen Teppiche und den eingeschüchterten Jungen mit dem Wein. Vor allem aber an de Barras' Gleichgültigkeit gegenüber der brutalen und sadistischen Behandlung seiner eigenen Leute.
Er zwang sich zu der Frage: »Wie hat Hardacre die Nachricht aufgenommen?«
Raymond hob die Schultern. »Ich bin nicht ganz sicher, worüber er am meisten trauert. Seine kostbaren
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