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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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ansehen mußte. Einige von den Weißen hatten sich zu Beginn noch gegen ihn aufgelehnt, bis Sour Billy einen von ihnen aufgeschlitzt und in die Feuerung gestopft hatte, bis nur noch sein Kopf herausgeschaut hatte. Danach begegneten sie ihm regelrecht respektvoll. Die Nigger machten überhaupt keine Probleme, außer wenn sie anlegten und wenn Billy sie an die Fesseln kettete, die er auf dem Hauptdeck verschraubt hatte, damit sie nicht weglaufen konnten. Das war besser als sein Job als Plantagenaufseher. Ein Aufseher war weißer Abschaum, alle blickten auf ihn herab. Aber auf dem Fluß war der Maat eines Dampfers ein Mann von Ansehen, ein Offizier, jemand, den man stets höflich anreden mußte.
    »Das Versprechen, das Julian Ihnen gegeben hat, ist eine Lüge«, sagte York. »Sie werden nie einer von uns sein, Billy. Wir gehören unterschiedlichen Rassen an. Unsere Anatomie ist anders, unser Fleisch, unser Blut. Er kann Sie nicht verwandeln, ganz gleich, was er Ihnen erzählt.«
    »Sie müssen glauben, ich sei verdammt dumm«, sagte Billy. »Ich brauche gar nicht auf Julian zu hören. Ich kenne die Geschichten. Ich weiß, wie Vampire andere Leute zu Vampiren machen können. Sie waren auch mal einer wie ich, York, egal, was Sie jetzt sagen. Nur sind Sie schwach, und ich bin es nicht. Haben Sie Angst?« Das war es, dachte Billy. York wollte, daß er Julian hinterging, damit Julian ihn nicht umdrehte, denn sobald er einer von ihnen war, wäre er stärker als York, vielleicht sogar stärker als Julian selbst. »Ich mach’ Ihnen Angst, nicht wahr, Josh? Sie meinen, Sie wären so verdammt fein und edel, aber warten Sie nur ab, bis Julian mich verwandelt, und dann werden Sie mich anwinseln und vor mir zu Kreuze kriechen. Würde gern mal wissen, wie Ihr Blut schmeckt. Julian kennt es, nicht wahr?«
    York schwieg, aber Sour Billy wußte, daß er einen wunden Punkt getroffen hatte. Damon Julian hatte seit jenem ersten Abend an Bord der Fiebertraum mindestens ein dutzendmal von Yorks Blut gekostet. Er hatte bisher sogar bei niemand anderem getrunken. »Weil du so schön bist, lieber Joshua«, sagte er immer mit einem bleichen Lächeln, wenn er York das Glas reichte, damit dieser es füllte. Es schien ihn zu belustigen, York unter seinen Willen zu zwingen.
    »Insgeheim lacht er die ganze Zeit über Sie«, meinte York nach einiger Zeit. »Jeden Tag und jede Nacht. Er spottet über Sie, verabscheut Sie. Er findet Sie häßlich und lächerlich, ganz gleich, wie nützlich Sie sind. Sie sind für ihn nicht mehr als ein Tier, und er wird Sie fallenlassen wie so vielen anderen Abschaum, sobald er ein stärkeres Tier findet, das ihm dient. Er macht sich einen Spaß daraus, aber bis dahin sind Sie selbst schon so verfault und verkommen, daß Sie ihm immer noch vertrauen und hinter ihm herkriechen.« »Ich krieche vor niemandem«, wehrte Billy sich. »Schweigen Sie! Julian lügt nicht!«
    »Dann fragen Sie ihn doch mal, wann er Sie endlich verwandeln will. Fragen Sie ihn, wie er dieses Wunder vollbringen will, wie er Ihre Haut aufhellen und Ihren Körper verändern will, und wie er Ihre Augen dazu bringt, in der Dunkelheit zu sehen. Fragen Sie Julian, ob er Sie nicht anlügt. Und hören Sie zu, Mister Tipton. Hören Sie sich genau den Spott in seiner Stimme an, wenn er mit Ihnen redet.«
    Sour Billy Tipton raste innerlich vor Wut. Er konnte sich kaum zügeln, sein Messer herauszureißen und es in Joshua Yorks breiten Rücken zu bohren, aber er wußte, daß York ihn bezwingen würde, und Julian wäre auch nicht gerade begeistert. »Na schön«, lenkte er ein. »Vielleicht frage ich ihn. Er ist älter als Sie, York, und er weiß Dinge, die Sie nicht wissen. Vielleicht frage ich ihn jetzt gleich.«
    Karl Framm kicherte wieder verhalten, und sogar York löste den Blick vom Fluß, um ihn herausfordernd anzugrinsen. »Worauf warten Sie dann noch?« fragte er. »Fragen Sie ihn!« Und Sour Billy stieg nach unten zum Texasdeck, um sich Klarheit zu verschaffen.
    Damon Julian hatte die Kapitänskabine bezogen, die vorher Joshua York gehört hatte. Billy klopfte höflich an. »Ja, Billy«, erfolgte die leise Antwort. Er öffnete die Tür und trat ein. Der Raum war völlig dunkel, aber er spürte, daß Julian nicht weit von ihm entfernt in der Dunkelheit saß. »Haben wir Kapitän Marsh schon eingeholt?« fragte Julian.
    »Er ist noch immer vor uns«, sagte Billy, »aber wir haben ihn bald erwischt, Mister Julian.« »Aha. Warum bist du dann hier,

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