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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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nachzusehen, was er sonst noch tun könnte. Cat Grove und Doc Turney, der Chefmaschinist, hatten bereits ihre Posten bezogen und führten das Kommando. Glühende Hitze waberte über das Deck. Die Feuerung bullerte und knisterte, und Flammenzungen leckten gelegentlich heraus, wenn die Heizer frisches Holz in den Schlund warfen. Grove hatte die gesamte Ofenbesatzung heruntergeholt, um den glühenden gierigen Rachen zu füttern und um die Buchen- und Tannenscheite mit Talg einzuschmieren, ehe sie sie in die Feuerung stopften. Grove trug einen Eimer voll Whiskey mit einer Kupferkelle darin von Mann zu Mann, damit jeder trinken konnte, ohne allzu lange seine Arbeit zu unterbrechen. Schweiß strömte ihm über die nackte Brust, und genau wie bei den Heizern war auch sein Gesicht von der furchtbaren Hitze gerötet. Es war kaum zu begreifen, wie sie dies alles ertrugen, aber der Ofen wurde ständig gefüttert.
    Doc Turney beobachtete die Druckmesser am Kessel. Marsh trat neben ihn und informierte sich. Der Druck stieg immer höher. Der Maschinist schaute ihn an. »In den vier Jahren, die ich schon auf diesem Schiff bin, war der Druck noch nie so hoch!« rief er. Man mußte brüllen, um sich über dem Keuchen und Ächzen der Feuerung, dem Zischen des Dampfs und dem Rattern und Hämmern der Maschine verständlich zu machen. Marsh streckte vorsichtig eine Hand aus und zog sie schnellstens wieder zurück. Der Kessel war glühend heiß. »Was soll ich mit dem Sicherheitsventil tun, Cap’n?« erkundigte Turney sich.
    »Sperren!« rief Marsh. »Wir brauchen Dampf.«
    Turney reagierte mit einem skeptischen Stirnrunzeln, tat jedoch, was verlangt worden war. Marsh betrachtete die Anzeige; die Nadel stieg stetig höher. Der Dampf raste pfeifend durch die Leitungen, aber er tat seine Wirkung: Die Maschine dröhnte und rumorte, als wollte sie sich selbst auseinanderreißen, und das Schaufelrad wirbelte und rotierte schneller als je zuvor in den ganzen Jahren, whapwhpwhapwhapwhap , es peitschte das Wasser, so daß die Gischt wie ein breiter Fächer hervorwehte, und das ganze Schiff vibrierte und schob sich mit einer Gewalt durch die Fluten, wie es sie noch niemals gezeigt hatte.
    Der zweite Maschinist und die Mechaniker tanzten um die Maschinen herum, ölten und schmierten und sorgten für eine gleichmäßige Funktion. Sie sahen aus wie in Teer getauchte kleine Affen. Sie bewegten sich auch so schnell wie Affen. Das mußten sie auch. Es war nicht einfach, bewegliche Teile zu schmieren, während sie arbeiteten, vor allem bei der Geschwindigkeit, die die alte klapprige Maschine der Eli Reynolds jetzt vorlegte.
    »SCHNELLER!« brüllte Grove. »Noch schneller mit dem Talg!« Ein großer rothaariger Heizer stolperte von dem Ofenloch zurück, benommen von der Hitze. Er sank auf die Knie, aber ein anderer Heizer nahm sofort seinen Platz ein, und Grove ging zu dem gestürzten Mann hinüber und schüttete ihm eine Kelle voll Whiskey über den Kopf. Der Mann blickte auf, naß und blinzelnd, und öffnete den Mund, und der Maat schüttete ihm noch eine Portion Schnaps in die Gurgel. Nach einer Minute stand er wieder und schmierte Talg auf Tannenkloben.
    Der Obermaschinist verzog das Gesicht, öffnete die Ventilrohre und ließ kochendheißen Dampf in die Nacht ab und senkte dadurch den Druck im Kessel ein wenig. Dann stieg er wieder an. Lötmasse wurde an mehreren Rohren weich und flüssig, aber Männer standen bereit, um jede Lücke abzudichten, die auf diese Weise entstand. Marsh war schweißdurchtränkt von der feuchten Hitze des Dampfs und der trockenen Glut des rasenden Ofens. Um ihn herum rannten Männer umher, brüllten, reichten Holz und Talg weiter, fütterten die Feuerung, versorgten den Kessel und die Maschinen. Die Pleuelstangen und das Rad veranstalteten einen furchtbaren Lärm, die aus dem Ofenloch herauszüngelnden Flammen tauchten alles in einen tanzenden roten Lichtschein. Es war ein glühendes, waberndes Inferno, eine Hölle aus Lärm und Hektik und Qualm und Dampf und Gefahr. Der Dampfer schüttelte sich und hustete und schwankte wie jemand, der jeden Moment umfallen und sterben konnte. Aber er bewegte sich, und hier unten gab es nichts, was Abner Marsh hätte tun oder sagen können, damit die Eli Reynolds noch schneller über die Wellen jagte.
    Er ging dankbar hinaus auf das Vorderdeck, weg von der schrecklichen Hitze, wobei seine Jacke und das Hemd und die Hose so feucht waren, als sei er soeben aus dem Fluß gekrochen.
    Der

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