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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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antwortete Yorks Stimme aus der Finsternis hinter ihm. Marsh hatte nicht gehört, wie er sich genähert hatte. Er wandte sich um, stieß gegen etwas. »Stehenbleiben«, befahl York mit einer derartigen Schärfe und Bestimmtheit, daß Marsh keine andere Möglichkeit hatte als zu gehorchen. »Moment, ich mache Ihnen Licht, bevor Sie meine Kabine demolieren.«
    Ein Zündholz flackerte auf der anderen Seite des Raums auf, und York hielt es an seine Lesekerze, dann setzte er sich auf den Rand seines zerwühlten Bettes. Er zog sich schwerfällig eine Hose über, doch sein Gesicht war hart und eine Maske des Schreckens. »Nun«, sagte er. »Also, warum sind Sie hier? Ich warne Sie, hoffentlich haben Sie eine plausible Erklärung!«
    Marsh geriet allmählich in Zorn. Niemand redete so mit ihm, absolut niemand. »Die Southerner liegt neben uns, York«, schnappte er. »Das schnellste verdammte Boot auf diesem Fluß, es trägt das Geweih und alles. Ich beabsichtige, die Fiebertraum hinter ihr herzujagen, und ich nahm an, Sie wollten sich das ansehen. Wenn Sie nicht zugeben, daß das Grund genug ist, Sie aus dem Bett zu holen, dann sind Sie kein Dampfschiffer und werden es wohl auch niemals werden! Und außerdem sollten Sie sich vorsehen, wie Sie mit mir umspringen, klar?«
    Irgend etwas loderte in Joshua Yorks Augen auf, und er machte Anstalten aufzustehen, aber noch ehe das geschah, gewann er die Beherrschung über sich zurück und wandte sich ab. »Abner«, sagte er. Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Es tut mir leid. Ich wollte nicht unhöflich zu Ihnen sein oder Ihnen Angst einjagen. Ihre Absicht war in Ordnung.« Marsh sah mit Schrecken, wie der andere die Hand krampfartig zur Faust ballte, ehe er sie wieder entspannte und ein Zittern unterdrückte. York durchquerte die halbdunkle Kabine mit drei entschlossenen Schritten. Auf seinem Schreibtisch stand eine Flasche mit seinem Spezialgetränk: Es war die Flasche, die zu öffnen Marsh ihn am Abend vorher überredet hatte. Er schenkte sich einen ganzen Kelch voll, legte den Kopf in den Nacken und leerte den Kelch auf einen Zug. »Ah«, machte er leise. Er drehte sich wieder zu Marsh um. »Abner«, sagte er, »ich habe Ihnen Ihr Traumschiff gebaut, aber nicht als Geschenk. Wir haben eine Abmachung getroffen. Sie haben die Befehle, die ich gebe, zu befolgen, sie müssen mein exzentrisches Verhalten respektieren und dürfen keine Fragen stellen. Haben Sie die Absicht, Ihren Teil des Vertrags einzuhalten?«
    »Ich stehe zu meinem Wort!« knurrte Marsh trotzig.
    »Fein«, sagte York. »Hören Sie zu. Sie haben es gut gemeint, aber es war falsch, daß Sie mich geweckt haben, wie es geschehen ist. Tun Sie das nie wieder! Niemals. Egal, aus welchem Grund.«
    »Wenn der Kessel platzt und wir in Brand geraten, soll ich Sie hier drin verschmoren lassen, meinen Sie das so?«
    Yorks Augen glitzerten im Halbdunkel. »Nein«, lenkte er ein. »Aber es wäre wahrscheinlich sicherer, wenn Sie das täten. Ich bin ziemlich unberechenbar, wenn ich plötzlich geweckt werde, ich bin dann nicht ich selbst. Bei solchen Gelegenheiten habe ich schon Dinge getan, die ich später bedauert habe. Deshalb war ich zu Ihnen so kurzangebunden. Ich entschuldige mich dafür, aber es wird wieder passieren. Vielleicht sogar noch schlimmer.
    Begreifen Sie, Abner? Kommen Sie niemals herein, wenn die Tür verriegelt ist.«
    Marsh verzog das Gesicht, aber er hatte keine Ahnung, was er darauf erwidern sollte. Immerhin hatte er ein Abkommen getroffen; wenn York sich wegen eines solchen bißchen Schlaf aufregte, dann war das seine Sache. »Ich verstehe«, sagte er. »Ich nehme Ihre Entschuldigung an, und bei dieser Gelegenheit bitte auch ich um Entschuldigung. Also, wollen Sie nicht mit hinaufkommen und miterleben, wie wir die Southerner einholen? Nun, da Sie schon mal wach sind und halb angezogen?«
    »Nein«, sagte York mit ernstem Gesicht. »Es ist nicht so, daß ich daran kein Interesse habe, Abner. Das habe ich. Aber - Sie müssen das verstehen - ich brauche meine Ruhe, sie ist lebensnotwendig für mich. Und ich habe für Tageslicht nicht viel übrig. Die Sonne ist so grell, sie brennt so sehr. Hatten Sie schon mal einen schlimmen Sonnenbrand? Wenn ja, dann können Sie mich sicher verstehen. Sie haben ja selbst gesehen, wie blaß und hell meine Haut ist. Die Sonne und ich, wir passen nicht zusammen. Es ist eine Art Krankheit, Abner. Und ich möchte nicht mehr darüber reden.«
    »Na gut«, sagte Marsh. Unter

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