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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Joshua, »oder die asiatischen oder eine der anderen. Sagt Ihnen Nosferatu irgend etwas?«
    Marsh blickte ihn verständnislos an.
    Joshua York seufzte. »Wie ist es mit Vampir ?«
    Das Wort kannte Abner Marsh. »Was für eine Geschichte wollen Sie mir erzählen?« fragte er ungeduldig.
    »Eine Vampirgeschichte«, erwiderte York mit einem schwachen Lächeln. »Sicherlich haben Sie davon schon mal gehört. Von den lebenden Toten, den Unsterblichen, den Geschöpfen der Nacht, Kreaturen ohne Seele, dazu verdammt, ewig umherzuwandern. Sie schlafen in Särgen, die mit ihrer Heimaterde gefüllt sind, scheuen das Tageslicht und das Zeichen des Kreuzes und erheben sich abends und trinken das Blut der Lebenden. Sie können auch ihre Gestalt verändern und als Fledermäuse oder Wölfe auftreten. Diejenigen, die sich regelmäßig der Wolfsgestalt bedienen, werden Werwölfe genannt und als eine völlig andere Gattung betrachtet, aber das ist ein Irrtum. Sie sind wie zwei Seiten einer einzigen düsteren Münze, Abner. Vampire können auch als Nebel erscheinen, und ihre Opfer werden selbst zu Vampiren. Es ist ein Wunder, daß der Vampir, betrachtet man seine Möglichkeiten zur Vermehrung, nicht schon längst den Platz der menschlichen Rasse einnimmt. Glücklicherweise haben sie bei all ihrer unermeßlichen Macht auch einige Schwächen. Obgleich ihre Stärke beängstigend ist, können sie kein Haus betreten, in das sie nicht eingeladen wurden, und zwar weder als Mensch, Tier oder Nebel. Sie erzeugen jedoch einen starken animalischen Magnetismus, nämlich die Kraft, die Mesmer beschrieben hat, und können ihre Opfer häufig entsprechend beeinflussen, daß sie sie hereinbitten. Aber das Zeichen des Kreuzes schlägt sie in die Flucht, Knoblauch kann sie auf Distanz halten, und sie können kein fließendes Wasser überqueren. Obwohl sie genauso aussehen wie Sie und ich, besitzen sie keine Seele und werden deshalb auch von keinem Spiegel reflektiert. Weihwasser verbrennt sie, Silber verabscheuen sie, das Tageslicht kann sie vernichten, wenn der Morgen sie fern ihrer Särge überrascht. Und indem man ihre Köpfe von den Körpern trennt und ihnen Holzpflöcke durchs Herz treibt, kann man die Welt für immer von ihnen befreien.« Joshua lehnte sich zurück, griff nach seinem Glas, trank, lächelte.
    » Diese Vampire, Abner«, sagte er. Er klopfte mit einem langen Finger auf das Buch. »Dies ist die Geschichte von einigen von ihnen. Es gibt sie wirklich. Sie sind alt, leben ewig und sind real. Ein im sechzehnten Jahrhundert lebender Odorote schrieb dieses Buch über die, die vor ihm gelebt haben. Ein Vampir.«
    Abner Marsh sagte nichts.
    »Sie glauben mir nicht«, stellte Joshua York fest.
    »Leicht fällt es mir nicht«, gab Marsh zu. Er zupfte an den widerspenstigen Haaren seines Bartes. Er scheute sich, einige Dinge auszusprechen. Joshuas Informationen über Vampire beunruhigten ihn nicht halb soviel wie die bohrende Frage, inwieweit Joshua in dieser ganzen Angelegenheit eine Rolle spielte. »Halten wir uns nicht damit auf, ob ich Ihnen glaube oder nicht«, sagte Marsh. »Wenn ich Mister Framms Geschichten schlucke, dann sollte ich Ihnen wenigstens zuhören. Fahren Sie fort.«
    Joshua lächelte. »Sie sind ein kluger Mann, Abner. Eigentlich sollten Sie sich den Rest selbst zusammenreimen können.« »Im Augenblick fühle ich mich aber überhaupt nicht klug«, wandte Marsh ein. »Reden Sie.«
    York trank einen Schluck, hob die Schultern. »Die sind meine Feinde. Sie sind real, Abner, und sie halten sich hier auf, überall entlang Ihres geliebten Flusses. Durch Bücher wie diese, durch Studium der Zeitungen, durch mühevolle Arbeit habe ich sie von den Bergen Osteuropas, den Wäldern Deutschlands und Polens, den Steppen Rußlands verfolgt. Hierher. In Ihr Mississippi-Land, in die Neue Welt. Ich kenne sie, ich bereite ihnen und allem, was sie je dargestellt haben, ein Ende.« Er lächelte. »Verstehen Sie nun meine Bücher, Abner? Und das Blut an meinen Händen?«
    Abner Marsh ließ sich das kurz durch den Kopf gehen, ehe er antwortete. Schließlich sagte er: »Ich erinnere mich, daß Sie anstelle von Ölgemälden im großen Salon ausschließlich große Spiegel haben wollten. Zum . . . Schutz?«
    »Genau. Und Silber. Kennen Sie einen Raddampfer, der jemals soviel Silber mit sich herumgefahren hat?« »Nein.«
    »Und dann haben wir natürlich noch den Fluß. Den alten Teufel von Strom. Den Mississippi. Ein fließendes Gewässer, wie die

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