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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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hinderlich.
    Zum Beispiel Simon, der zerquetschte Moskitos aufleckt. Joshuas außergewöhnliche Nachtsicht.
    Und vor allem die Art und Weise, wie er an dem Tag in Wut geraten war, als Marsh in seine Kabine gestürmt war. Er war auch nicht herausgekommen, um sich anzusehen, wie sie die Southerner ausmanövrierten und hinter sich ließen. Das beunruhigte Marsh erheblich. Es mochte durchaus so sein, wie Joshua sagte, nämlich daß er wegen der Vampire hauptsächlich nachts auf den Beinen war, aber das war noch keine Erklärung für sein Verhalten an jenem Nachmittag. Die meisten Leute, die Abner Marsh kannte, nutzten den hellen Tag, aber das hieß nicht, daß sie sich nicht gelegentlich auch schon um drei Uhr in der Frühe aus dem Bett quälen würden, wenn es etwas Interessantes zu beobachten gab.
    Marsh verspürte das heftige Bedürfnis, mit jemandem über das alles zu reden. Jonathan Jeffers war ganz wild auf Bücher, und Karl Framm kannte wahrscheinlich jede verrückte Geschichte, die an diesem Fluß in Umlauf war; und beide wüßten sicherlich so gut wie alles, was man über Vampire wissen konnte. Doch er konnte nicht mit ihnen sprechen. Er hatte Joshua Stillschweigen versprochen, und er war dem Mann verpflichtet und würde ihn nicht noch ein zweitesmal betrügen. Jedenfalls nicht ohne triftigen Grund, und bisher hatte er nicht mehr als einen nur unzureichend bewiesenen Verdacht.
    Doch seine Zweifel wurden jeden Tag greifbarer, während die Fiebertraum den Mississippi hinunterdampfte. Gewöhnlich waren sie jetzt tagsüber unterwegs, gingen bei Einbruch der Dämmerung vor Anker und setzten am nächsten Morgen ihre Fahrt fort. Sie kamen schneller voran als vor ihrem Aufenthalt in Natchez, was Marsh nur recht war. Andere Veränderungen gefielen ihm weniger.
    Marsh konnte sich für Joshuas neue Freunde überhaupt nicht erwärmen; sehr bald schon kam er zu der Überzeugung, daß sie mindestens genauso seltsam waren wie Joshuas alte Freunde, da auch sie erst nachts lebendig wurden und so weiter. Raymond Ortega war für Marsh ein ruheloser, wenig vertrauenerweckender Zeitgenosse. Der Mann blieb nicht in den für die Passagiere des Schiffs zugänglichen Bereichen, sondern tauchte regelmäßig an Orten auf, wo er nichts zu suchen hatte. Er war immerhin auf seine arrogante und lässige Art höflich, aber Marsh lief es in seiner Nähe kalt über den Rücken.
    Valerie erschien wärmer und wirkte mit ihren sanften Worten und ihrem reizenden Lächeln und ihren unergründlichen Augen geradezu beunruhigend. Sie benahm sich überhaupt nicht wie Raymond Ortegas Verlobte. Von Anfang an war sie zu Joshua ausnehmend freundlich. Zu verdammt freundlich, wenn es nach Marsh ging. Das mußte zu Schwierigkeiten führen. Eine anständige Lady wäre im Damensalon geblieben, aber Valerie verbrachte ihre Nächte gemeinsam mit Joshua im großen Salon und unternahm mit ihm gelegentlich Spaziergänge an Deck. Marsh hörte sogar, wie einmal jemand erzählte, sie seien gemeinsam in Joshuas Kabine gegangen. Er versuchte York vor dem üblen Gerede zu warnen, das mittlerweile entstanden war, aber Joshua ging mit einem Achselzucken darüber hinweg. »Sollen sie doch ihren Skandal haben, Abner, wenn es ihnen Spaß macht«, sagte er. »Valerie interessiert sich für unser Schiff, und ich gönne mir das Vergnügen, es ihr zu zeigen. Zwischen uns ist nicht mehr als Freundschaft, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.« Er erschien beinahe traurig, als er das sagte. »Ich wünschte manchmal, es wäre anders, aber das ist die Wahrheit.«
    »Sie sollten sich lieber genau überlegen, was Sie sich wünschen«, platzte Marsh heraus. »Dieser Ortega hat in dieser Angelegenheit vielleicht eine ganze andere Meinung. Er kommt aus New Orleans und ist wahrscheinlich einer dieser Kreolen. Die duellieren sich ja wegen jeder Lächerlichkeit, Joshua.«
    Joshua York lächelte. »Ich habe vor Raymond keine Angst, aber ich danke Ihnen für Ihre Warnung, Abner. Und nun lassen Sie Valerie und mich unsere eigenen Angelegenheiten regeln.«
    Genau das tat Marsh, allerdings nicht ohne Bedenken. Er war überzeugt, daß Ortega früher oder später Schwierigkeiten machen würde, vor allem als Valerie Mersault während der folgenden Nächte zu Joshua Yorks ständiger Begleiterin wurde. Diese gottverdammte Frau machte ihn für alle Gefahren, die ihn umgaben, völlig blind, aber es gab nichts, was Marsh hätte dagegen tun können.
    Und das war nur der Anfang. An jeder Landungsstelle kamen

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