Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
begrüßte er seinen Besucher lächelnd. Marsh trat ein, schloß die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen, während York durch den Raum ging und mit dem fortfuhr, was er gerade getan hatte. Er holte ein Silbertablett hervor und drei Gläser. Nun griff er nach einem vierten. »Ich freue mich, daß Sie heraufgekommen sind. Ich habe ein paar Leute an Bord geholt, die ich Ihnen gerne vorstellen möchte. Sie werden auf einen Drink heraufkommen, sobald sie sich in ihren Kabinen häuslich eingerichtet haben.« York zog eine Flasche mit seinem persönlichen Spezialgetränk aus dem Weinregal, holte ein Messer hervor und entfernte mit einem Schnitt das Wachssiegel.
    »Lassen Sie es damit gut sein«, sagte Marsh barsch. »Joshua, wir müssen reden.« York stellte die Flasche auf das Tablett und wandte sich zu Marsh um. »Ach? Worüber? Sie klingen erregt, Abner.« »Ich verfüge über Ersatzschlüssel für jedes Schloß auf diesem Boot. Mister Jeffers bewahrt sie für mich im Safe auf. Als Sie in Natchez waren, holte ich mir einen Schlüssel und durchsuchte Ihre Kabine.«
    Joshua York blieb fast reglos, aber als er Marshs Worte hörte, preßten seine Lippen sich etwas fester aufeinander. Abner Marsh blickte ihm direkt in die Augen, wie ein Mann es bei einer Gelegenheit wie dieser tun sollte, und spürte dort Kälte und rasende Wut über den Verrat. Es wäre ihm schon beinahe lieber gewesen, wenn Joshua ihn angebrüllt oder sogar eine Waffe gezogen hätte, als ihn mit solchen Augen anzuschauen. »Haben Sie irgend etwas von Interesse gefunden?« fragte York schließlich mit ausdrucksloser Stimme.
    Abner Marsh riß sich von Joshuas grauen Augen los und schlug mit dem Stock auf den Tisch. »Ihre Aktenordner«, sagte er. »Sie sind voll von toten Leuten.«
    York sagte nichts. Er streifte den Tisch mit einem Blick, runzelte die Stirn, ließ sich dann in einen seiner Lehnstühle fallen und schenkte sich noch von seinem dickflüssigen, ekelhaften Getränk ein. Er trank davon und gab Marsh erst dann ein Zeichen. »Setzen Sie sich«, befahl er. Als Marsh schließlich ihm gegenüber Platz genommen hatte, fügte York schließlich noch ein einziges Wort hinzu: »Warum?«
    »Warum?« wiederholte Marsh mit einem deutlichen Zeichen von Zorn in der Stimme. »Vielleicht weil ich es leid bin, einen Partner zu haben, der mir nichts erzählt, der mir einfach nicht traut.«
    »Wir hatten eine Abmachung.«
    »Ich weiß das, Joshua. Und es tut mir leid, sofern das jetzt überhaupt noch von Bedeutung ist. Es tut mir leid, daß ich es getan habe, und es tut mir verdammt noch mal mehr leid, daß ich dabei erwischt wurde.« Er grinste bedauernd. »Diese Katherine hat mich herauskommen gesehen. Sie wird Ihnen sicherlich davon erzählen. Natürlich, ich hätte direkt zu Ihnen kommen und Ihnen erzählen sollen, was mich beschäftigt. Das tue ich hiermit. Vielleicht ist es zu spät, aber jetzt bin ich hier. Joshua, ich liebe dieses Boot mehr als alles andere je in meinem Leben, und der Tag, an dem wir das Geweih von der Eclipse holen, wird der großartigste Tag meines Lebens sein. Aber ich habe nachgedacht, und ich bin zu der Erkenntnis gelangt, daß ich diesen Tag aus meinem Bewußtsein streichen muß, und auch diesen Dampfer, anstatt so weiterzumachen, wie wir es bisher getan haben. Dieser Fluß wimmelt von Ganoven und Falschspielern und Bibelschwingern und Abolitionisten und Republikanern und allen möglichen anderen seltsamen Leuten, aber ich schwöre, Sie sind der seltsamste von allen. Was in den Nachtstunden passiert, das ist mir egal, das interessiert mich nicht. Bücher voller toter Leute, das ist schon etwas anderes, aber es geht im Grunde niemanden etwas an, was ein Mann gerne liest. Nun, ich kannte einen Lotsen auf der Grand Turk, der hatte Bücher bei sich, bei denen sogar Karl Framm vor Scham rot geworden wäre. Aber diese ständigen Unterbrechungen der Reise, Ihre einsamen Ausflüge, das sind die Dinge, die ich nicht länger ertragen kann. Sie halten meinen Raddampfer auf, verdammt, Sie ruinieren unseren Namen, ehe wir ihn uns richtig gemacht haben. Und, Joshua, das ist noch nicht alles. Ich habe Sie in der Nacht gesehen, als Sie aus New Madrid zurückkamen. Sie hatten Blut an den Händen, leugnen Sie es nur, wenn Sie wollen. Beschimpfen Sie mich. Aber ich weiß es genau. Sie hatten Blut an den Händen, und ich will verdammt sein, wenn es nicht so war.«
    Joshua York nahm einen tiefen Schluck und runzelte nachdenklich die Stirn, während

Weitere Kostenlose Bücher