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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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weitere Fremde an Bord, und Joshua wies auch ihnen eigene Kabinen zu. In Bayou Sara verließen er und Valerie das Schiff für eine Nacht und kehrten mit einem blassen, düsteren Mann namens Jean Ardant zurück. Ein paar Minuten weiter flußabwärts legten sie dann an einem Holzplatz an, und Ardant verschwand, um diesen fahlgesichtigen Dandy namens Vincent zu holen. In Baton Rouge kamen vier andere Fremde aufs Schiff, und in Donaldsville waren es noch mal drei.
    Und dann fanden diese Abendessen statt. Als seine Gesellschaft anwuchs, ließ Joshua York einen Tisch im Texassalon aufstellen und decken, und dort speiste er dann mit seinen Gefährten, den alten sowie den neuen, stets gegen Mitternacht. Das normale Abendessen nahmen sie mit allen anderen Passagieren im großen Salon ein, doch diese Diners waren rein privater Natur. Das erstemal kam es in Bayou Sara dazu. Abner Marsh ließ Joshua York gegenüber einmal verlauten, wie gut ihm die Vorstellung von einer regelmäßigen Mahlzeit um Mitternacht gefiel, aber das verschaffte ihm keine Einladung dazu. Joshua lächelte nur, und die Diners wurden weiterhin veranstaltet, wobei die Anzahl der Gäste ständig stieg. Am Ende gab Marsh seiner bohrenden Neugier nach, und er schaffte es, einige Male an dem Salon vorbeizugehen und einen Blick durch das Fenster zu werfen. Viel gab es nicht zu sehen. Nur ein paar Leute, die gemeinsam aßen und sich angeregt unterhielten. Die Öllampen waren heruntergedreht und gaben gedämpftes Licht, die Vorhänge waren halb zugezogen. Joshua saß am Kopfende des Tisches, Simon ihm zur Rechten und Valerie an seiner Linken. Jeder trank aus Gläsern von Joshuas widerwärtigem Elixier, von dem einige Flaschen geöffnet worden waren. Als Marsh zum erstenmal am Fenster vorbeikam, redete Joshua eindringlich, und die Anwesenden lauschten aufmerksam. Valerie starrte ihn an, als würde sie ihn anbeten. Als Abner das zweitemal hineinlugte, hörte Joshua Jean Ardant zu, wobei eine seiner Hände entspannt auf der Tischdecke lag. Während Marsh das Geschehen verfolgte, legte Valerie ihre Hand darauf. Joshua sah sie an und lächelte sie voller Zuneigung an. Valerie erwiderte das Lächeln. Abner Marsh schaute sich suchend nach Raymond Ortega um, murmelte ein halblautes »gottverdammtes verrücktes Weib« und zog sich zurück.
    Marsh versuchte einen Sinn zu erkennen in all diesen seltsamen Fremden, den rätselhaften Vorgängen, in allem, was Joshua York ihm über Vampire erzählt hatte. Es war nicht leicht, und je mehr er darüber nachdachte, desto verwirrter wurde er. In der Bibliothek auf der Fiebertraum gab es keine Bücher über Vampire oder solche Erscheinungen, und er hatte ganz bestimmt nicht die Absicht, noch einmal in Joshuas Kabine einzudringen. In Baton Rouge begab er sich in die Stadt und spendierte in einigen Kneipen ein paar Runden und hoffte, auf diese Art und Weise etwas mehr herauszubekommen. Wenn es sich anbot, brachte er das Gespräch auf das Vampir-Thema, indem er sich gewöhnlich an seine Trinkkumpane wandte und meinte: »Sagen Sie mal, haben Sie schon irgendwas über Vampire gehört, die sich hier am Fluß herumtreiben sollen?« Er dachte sich, daß es so sicherer war, als wenn er auf dem Raddampfer von diesem Thema angefangen hätte, wo allein schon das Wort bestimmt zu schlimmen Gerüchten geführt hätte.
    Ein paar Leute lachten ihn aus oder musterten ihn mit argwöhnischen Blicken. Ein freier Farbiger, ein stämmiger kohlschwarzer Bursche mit gebrochener Nase, den Marsh in einer ausgesprochen verräucherten Kneipe ansprach, rannte davon, kaum daß Marsh seine Frage beendet hatte. Marsh versuchte ihm nachzulaufen, aber schon bald mußte er sein Vorhaben mit pfeifender Lunge aufgeben. Andere schienen über Vampire recht gut Bescheid zu wissen, allerdings hatte keine ihrer Geschichten auch nur entfernt mit dem Mississippi zu tun. Alles, was er von Joshua erfahren hatte, über Kreuze und Knoblauch und Särge voller Erde, bekam er erneut zu hören, und sogar noch weitere Einzelheiten.
    Marsh begann York und seine Gefährten während des Mittagessens und anschließend im großen Salon genau zu beobachten. Vampire aßen und tranken nicht, hatte er erfahren, aber Joshua und die anderen tranken reichliche Mengen Whiskey und Wein und Brandy, wenn sie nicht gerade Yorks Privatgebräu zusprachen, und alle waren nur allzu bereit, einem leckeren Brathuhn oder einer Schweinshaxe zu Leibe zu rücken.
    Joshua trug stets seinen Silberring mit dem

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