Fieses Karma
Angie einen verwirrten Blick zuwirft und Angie wahrscheinlich verzweifelt versucht, sie mit den Augen dazu zu bringen mitzuspielen. Ich gehe davon aus, dass es geklappt hat, denn gleichdarauf höre ich, dass Jade mitmacht. »Ach so, stimmt ja. Wie konnte ich das nur vergessen? Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir jetzt in die Waschküche gehen?«
Ich schleiche geduckt aus dem Bad und sehe Mrs Campbell, Jade und Angie eine Tür öffnen. Dann taucht Angies Arm wieder im Flur auf, als wäre er nicht länger an ihrem Körper befestigt. Ihre Hand winkt mir kurz zu, bevor sich die Tür hinter ihr schließt.
Ich laufe auf Zehenspitzen schnell in die Küche und fange sofort damit an, die Küchenschränke rund um den Ofen, die Spüle und den Geschirrspüler zu durchsuchen. Die Tatsache, dass die Küche geräumig genug ist, um eine ganze Armee zu bekochen, obwohl Familie Campbell gerade mal aus drei Personen besteht, ist nicht unbedingt hilfreich.
Okay, denk scharf nach , ermahne ich mich streng. Wo bewahrt Mom die Lebensmittelfarben auf?
Aus irgendeinem Grund stelle ich sie mir in der Speisekammer auf dem Regal mit den Backzutaten vor. Ich mache kurz die Augen zu und versuche, sie im Geiste zu sehen. Backpulver, Vanillezucker, Zuckerstreusel … Lebensmittelfarben. Ja, ich bin mir sicher.
Sobald ich die Augen wieder aufmache, fällt mein Blick auf eine weiße Doppeltür auf der anderen Seite der Küche. Ich renne über den gefliesten Boden und achte darauf, dass die Gummisohlen meiner schwarzen Turnschuhe nicht quietschen. Dann reiße ich die Doppeltür mit einem Schwung auf. Ein Blick bestätigt mir, dass ich die Speisekammer gefunden habe. Ich sehe rasch Reihe für Reihe die Regale durch, bis ich an die vertrauten Marken und Aufkleber der gängigen Backzutaten komme. Und dann sehe ich sie: Lebensmittelfarben. Ich atme erleichtert auf, greife nach der grünen Packung und verschwinde blitzschnell aus der Küche.
Als ich mich aus dem Fenster gezwängt und wieder ums Haus herumgeschlichen habe, stehen Angie und Jade mit Mrs Campbell an der Haustür. Ich verstecke mich hinter einer hohen Kiefer und höre Heathers Mutter über irgendetwas reden. Schließlich sagt sie: »Also ich hoffe, ich konnte euch helfen.«
»Das haben Sie wirklich«, antwortet Angie beschwingt, während sie die Stufen hinuntergeht. »Nochmals vielen Dank.«
Als Mrs Campbell die Haustür wieder hinter sich zumacht, komme ich aus meinem Versteck heraus und eile zum Auto. Sobald wir im Wagen sitzen, rase ich, schneller als man »Myzaclin extra stark« sagen kann, aus der Einfahrt der Campbells.
Über zwei Minuten lang sagt keiner von uns ein Wort. Wir sind alle wie betäubt. Als wir auf die Hauptstraße kommen, sagt Angie schließlich: »Also das war wohl das Aufregendste, was ich seit Langem erlebt habe. Ich glaube, ich habe in zehn Minuten fünf Kilo abgenommen.«
Ich halte an einer roten Ampel und wende mich ihr zu. Eigentlich möchte ich meine ganze aufgestaute Angst loswerden. Doch als ich sie ansehe, breche ich in lautes Gelächter aus. Jade und Angie tauschen besorgte Blicke aus, doch dann prusten auch sie los, bis wir drei uns vor Lachen schütteln.
»Du hättest Angies Gesicht sehen sollen, als ich ihr gesagt habe, dass das Myzaclin grün ist!«
Noch mehr Gelächter.
Ich kichere, während ich an die grüne Aknesalbe denke, die jetzt irgendwo in den Wasserleitungen unter Heather Campbells Haus herumschwimmt, und an die grün gefärbte Mischung aus Vaseline und Haarspülung, die jetzt an ihrer Stelle im Bad steht. »Das hat sich definitiv gelohnt«, sage ich lächelnd.
Jade hält den Atem an. »Definitiv. Und jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bevor die Leute fragen werden, was sie da für einen großen Pickel am Hals hat.«
Die Ampel wird grün und ich trete aufs Gas, während ich Jadefragend im Rückspiegel ansehe. »Wieso einen Pickel am Hals statt im Gesicht?«
»Kennst du den nicht?«, gibt Jade zurück. »Sie werden sie fragen: ›Was ist denn das für ein großer Pickel an deinem Hals? Ups – das ist ja dein Kopf!‹«
Wie verhext
Okay, ich erwarte ja nicht, dass ich morgen in die Schule komme und die ganze Welt auf dem Kopf steht. Dass ich eine neue Realität vorfinde, in der Heather Campbell (mit mindestens einem dicken Eiterpickel im Gesicht) nicht mehr das beliebteste Mädchen an der Schule ist und Mason weinend in einer Ecke sitzt. Ich weiß schon, dass solche Dinge ihre Zeit brauchen.
Doch worauf ich sicher nicht
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