Fieses Karma
besorgten Augen dasitzen. Denn der verzogene kleine Mistkerl ahnte nicht, dass ich ein Ass im Ärmel hatte. Und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich nicht länger diejenige bin, die den Tränen nahe ist.
Also lächelte ich ihn höflich an und sagte mit zusammengekniffenen Lippen: »Danke.«
»Nein, im Ernst«, beharrte er. »Ich fühle mich deswegen nicht gut.«
Jetzt wurde es lächerlich. Er wollte doch wohl nicht wirklich weitermachen und so lange herumstochern, bis er den richtigen Schalter bei mir gefunden hatte. Also, da konnte er herumstochern, so viel er wollte, denn ich war fest entschlossen, nicht schwach zu werden. Um das zu demonstrieren, zuckte ich gleichgültig mit den Schultern und sagte: »Danke für dein Mitgefühl. Aber du brauchst dich deswegen nicht schlecht zu fühlen. Mir geht es gut. Ehrlich.«
»Ich weiß, dass es nicht meine Schuld war«, fuhr er unbeirrt fort. »Aber es ist in unserer Wohnung passiert und Heather ist … na ja, eine Freundin von mir. Deswegen fühle ich mich doch irgendwie verantwortlich.«
Am liebsten hätte ich ihn an den Schultern gepackt, geschüttelt und ihn angeschrien: »Vergiss es! Ich werde nicht heulen!« Doch stattdessen konzentrierte ich mich wieder auf die französischen Verben.
Aber er redete weiter. »Ich weiß, ich war noch nicht mal da, aber irgendjemand hat mir am nächsten Tag erzählt, dass …»
Bei diesen Worten hob ich ruckartig den Kopf. »Wie meinst du das, du warst noch nicht mal da?«
Das war mir neu. Warum sollte Spencer nicht auf seiner eigenen Party sein? Doch als ich darüber nachdachte, konnte ich mich nicht erinnern, ihn damals gesehen zu haben. Nicht dass ich ihn gesucht hätte. Ich war zu sehr damit beschäftigt gewesen, Heather zu suchen. Ach ja, und meinen Freund dabei zu erwischen, wie er mit ihr rummachte.
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich mag diese Partys im Apartment nicht besonders. Meistens organisiert Chandra Cruz sie. Ich hab ihr nur die Schlüssel gegeben. Ich glaube, ich war in diesem Jahr nur auf einer oder höchstens zwei.«
»W-was?«, stotterte ich. Dann riss ich mich rasch zusammen und verfluchte mich dafür, mich durch diesen Typen dazu hinreißen zu lassen, irgendein unkontrolliertes Gefühl – wie zum Beispiel Staunen – zu zeigen. Ich bemühte mich wieder, gleichgültig zu wirken und meine Stimme distanziert klingen zu lassen. »Ich meine, komisch, dass du nicht auf deine eigenen Partys gehst.«
Er zuckte mit den Schultern und legte den Stift hin. »Was soll ich sagen? Ich bin nicht unbedingt der Partytyp. Es ist, als wäre ich letztes Jahr aus der Partyszene rausgewachsen. Ich hab noch nicht mal mehr Spaß an Partys. Es geht immer nur darum, wer da ist und welches Mädel was anhat und wer mit wem rumknutscht. Ich finde das unreif.«
Jetzt war ich diejenige, die ihn anstarrte. Hatte ich da eben richtig gehört? Spencer Cooper – der Spencer des Cooper-Apartments, der Sohn der Eigentümer des Apartments – mochte keine Partys? Wie absurd! Und ich fragte mich, ob Heather ahnte, dass Spencer im Grunde ihre ganze Existenz als unreif bezeichnete. Irgendwie bezweifelte ich das. Und was war mit Jenna? Wusste sie, dass er so dachte?
Ich nickte, sprachlos vor Staunen.
»Auf jeden Fall«, sagte Spencer und nahm seinen Stift wieder in die Hand, »wollte ich dir sagen, dass mir das, was dort passiert ist, leidtut. Was Mason getan hat, war total herzlos, und ich finde, dass du das nicht verdient hast.«
Ich war nicht in der Lage, die Hand zu bewegen, um die Seite des Buchs umzublättern. Mein ganzer Körper fühlte sich wie betäubt an … und gleichzeitig kribbelte er.
»Danke«, brachte ich mühsam und für meinem Geschmack ein bisschen zu gerührt heraus. Doch ich konnte nicht anders. Es brach einfach aus mir heraus. Wie die kleinen feuchten Tropfen in meinen Augen.
Doch ich blinzelte sie rasch weg und wandte den Blick ab, bevor er meinen Gesichtsausdruck sehen konnte. Dann verfluchte ich mich im Stillen dafür, dass er mich so aufgewühlt hatte. Trotzdem war ich froh, dass ich mich wieder in den Griff bekommen hatte, bevor die Tränen richtig geflossen waren. Falls er vorhatte,aus der Bücherei Klatsch für seine Freunde mitzubringen, dann hatte er wenigstens nicht viel vorzuweisen.
Aber irgendwie glaubte ich nicht wirklich, dass dies zu seinem großen Plan gehörte. Ich fing an, daran zu zweifeln, ob es wirklich einen großen Plan gab. Andererseits – ich hatte auch Mason geglaubt, dass er sich
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