Fieses Karma
du dich jetzt reinschleichst, kriegt Mr Kent es sicher kaum mit.«
Jade schnieft und wischt sich die Nase am Jeansbein ab. »Nein, ausgeschlossen. Ich habe mich in der letzten Stunde alle drei Minuten übergeben müssen. Und mein Monolog fürs Vorsprechen dauert vier Minuten.«
Bald darauf beschließe ich, Jades Mutter anzurufen. Sie kommt und holt uns ab. Ihre Diagnose ist ein ganz gewöhnlicher verdorbener Magen und dass man nichts dagegen tun kann, als abzuwarten, bis der Körper die Reste des Essens losgeworden ist. Das kann ein paar Stunden bis zu mehreren Tagen dauern.
Auf der Rückfahrt sitzt Jade vorne und hält die Plastiktüte bereit, die ihre Mutter ihr mitgebracht hat für den Fall, dass ihr im Auto schlecht wird. Sie schaut schweigend aus dem Fenster. Ich spüre, dass sie an die UCLA denkt und wie eine doofe Schüssel Chili wahrscheinlich ihre Chance auf ein Stipendium zerstört hat.
Jades Mutter setzt mich zu Hause ab und ich verspreche Jade, sie heute Abend anzurufen, um mich zu erkundigen, wie es ihr dann geht. Unser Haus ist ungewöhnlich leer. Ich sehe auf die Uhr. Es ist schon vier. Um diese Zeit ist fast immer irgendjemand zu Hause. Emily, meine Mutter oder wenigstens die Haushälterin. Doch heute ist es ganz still im Haus. Als wären wir wegen eines Notfalls evakuiert worden, ohne dass man mir Bescheid gesagt hätte.
Ich durchsuche alle Räume nach irgendwas, das mir verrät, wo meine Familie steckt, aber ich finde nichts. Noch nicht mal einen Zettel am Kühlschrank.
Also mache ich mir eine Schüssel Honigpops und setze mich auf die Couch. Ich lege die Füße auf den Wohnzimmertisch und stelle den Fernseher an. Schließlich habe ich diesen Platz nicht alle Tage ganz allein für mich, also sollte ich wohl das Beste daraus machen.
Ich habe kaum zwei Löffelvoll gegessen, als das Telefon klingelt. Ich überlege kurz, ob ich überhaupt rangehen soll, weil es sowieso nie für mich ist. Meine Freunde rufen mich immer auf dem Handy an. Aber wegen der unheimlichen Abwesenheit der anderen nehme ich dann doch ab.
»Hallo?«, frage ich und schlucke einen Mundvoll Honigpops herunter.
»Maddy? Hier ist Dad.«
»Hi, Dad«, sage ich und lehne mich auf der Couch zurück. »Falls du Mom sprechen willst, die ist nicht da. Keiner ist da. Es ist irgendwie komisch.«
»Maddy«, wiederholt er und diesmal liegt in seiner Stimme etwas Dringendes, das meinen Herzschlag beschleunigt.
»Ja?«, frage ich vorsichtig.
»Hör zu«, fährt er mit gepresster Stimme fort. »Du musst ins Krankenhaus kommen.«
Oh nein. Nicht noch einer dieser Anrufe. Was zum Teufelist jetzt schon wieder passiert? Zuerst ruft mich Angie von der Polizeiwache an und jetzt ruft mein Vater mich vom Krankenhaus an?
»Was ist denn los?« Ich springe auf und verschütte dabei fast die Honigpops. »Was ist passiert? Ist was mit Mom? Geht es ihr gut?«
»Deiner Mutter geht es gut«, beruhigt mich Dad.
Ich seufze laut vor Erleichterung. Gott sei Dank. Aber dann frage ich ihn: »Wer ist es dann?«
Die Antwort haut mich fast um.
»Deine Schwester hatte einen Unfall.«
Meine eigene Crime-Serie
Gut, so viel auf einmal kann einer einzelnen Gruppe von Leuten in einer Woche nicht ohne Grund zustoßen. Ein Mathematiker würde sagen, dass es statistisch gesehen unmöglich ist. Zuerst wird Angie von ein paar Typen mit Skimasken ausgeraubt, dann verdirbt sich Jade den Magen und verpasst ihre Theaterprobe, und jetzt liegt auch noch meine kleine Schwester mit einem gebrochenen Bein im Krankenhaus.
Zum Glück ist es nicht schlimmer ausgegangen. Ein Junge auf einem Fahrrad hat sie umgefahren, als sie aus dem Schulbus gestiegen ist. Der Typ ist einfach weitergefahren. Er hat noch nicht mal angehalten. Wie lachhaft, oder? Also wirklich – Fahrerflucht auf dem Fahrrad?
Wie hoch sind die Chancen, dass so was zufällig innerhalb von wenigen Tagen passiert? Nicht sehr hoch, würde ich mal sagen. Es ist, als sei alles außer Kontrolle geraten. Und ich habe keinen Schimmer, was oder wen es als Nächstes erwischt. Mich? Werde ich plötzlich aus unerklärlichen Gründen in Flammen aufgehen? Oder wird sich der Boden unter mir öffnen, sodass ich in den glühenden Feuerkern der Erde hineinstürze?
Früh am Dienstagmorgen beschließe ich, Ermittlungen durchzuführen. Ich muss herausfinden, warum uns plötzlich all diese Dinge zustoßen. Denn die einzig logische Erklärung ist, dass jemand vom Karma-Klub Wind bekommen hat und nun seinen oder ihren eigenen
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