Fieses Karma
hat, denke ich über alles nach, was ich in den vergangenen Monaten getan habe. Ich überlege, ob es irgendeinen Weg gibt, um alles wieder »ungeschehen« zu machen, wie Dads brillante Theorie des Gegenteils vorschlägt.
Nun, mal sehen. Das, was ich bisher getan habe, ist, die Leute, die ich mag, anzulügen. Und Rachepläne zu schmieden, um es den Leuten heimzuzahlen, die ich nicht mag. Im Grunde war’s das schon.
Wenn ich so weitermachen würde, würde ich also Spencer weiterhin belügen, damit ich der Wahrheit nicht ins Auge sehen muss. Und ich müsste mir einen Weg einfallen lassen, wie ich es Jenna zurückzahlen kann für das, was sie meinen Freunden und mir … und Spencer angetan hat. Oder vielmehr für das, was sie ihm antun will. Wenn ich sie nur dazu bringen könnte zuzugeben, dass sie es war, die das fiese Wort auf ihren eigenen Spind gesprayt hat, und heimlich ihr Geständnis mitschneiden könnte! Dann könnte ich das Video ins Internet stellen und sie vollkommen bloßstellen. Vielleicht hat sie auch irgendeine Hautsalbe, die ich austauschen könnte …
Es ist unsinnig, dasselbe immer wieder und wieder zu machen und ein anderes Ergebnis zu erwarten.
Das bedeutet: keine Rachepläne mehr. Keine Lügen mehr. Die Methode hat sich bisher eindeutig nicht bezahlt gemacht. Warum sollte sie sich jetzt bewähren?
Wenn etwas, das man getan hat, zum Misserfolg geführt hat, sollte dann nicht das genaue Gegenteil zum Erfolg führen?
Das sind sie. Zwei geniale Zitate von zwei genialen Köpfen. Einstein … und mein Vater.
Das Gegenteil. Das Gegenteil. Finde das Gegenteil.
Das Gegenteil von Lügen ist, die Wahrheit zu sagen. Aber was ist das Gegenteil von Rache? Was ist das Gegenteil davon, wenn man jemandem etwas zurückzahlt? Im Voraus bezahlen?
Abrupt setze ich mich auf dem Bett auf. Mein Kopf ist voller winziger Puzzleteile, die sich alle zu einer deutlichen und halbwegs klaren Idee zusammenfügen.
Im Voraus bezahlen.
Wie in dem Film, den ich mal gesehen habe. Da hat ein Siebtklässler aus seinem Gesellschaftskundeprojekt eine regelrechte Revolution des Vorauszahlens gemacht.
Gute Taten. Spontane Handlungen. Akte der Nächstenliebe. Die Bereitschaft zu geben. Mitgefühl mit Fremden.
Schlechte Taten werden bestraft, während gute Taten …
O Gott, die Lösung war die ganze Zeit direkt vor meiner Nase. Es ist die Definition von Karma an sich. Warum bin ich nicht schon viel früher darauf gekommen?
Wir waren so damit beschäftigt, die Menschen zu bestrafen, die uns Schmerz zugefügt haben, dass wir die ganze andere Seite dessen, was Karma ist, vollkommen links liegen gelassen haben.
Gute Taten werden belohnt.
Wenn man will, dass einem gute Dinge widerfahren, dann muss man zuerst selbst gute Taten vollbringen. Man muss positive Energie ins Universum aussenden, wenn man positive Energie zurückbekommen will. Der Karma-Klub muss sich nicht zur Aufgabe machen, andere zu bestrafen. Er kann sich genauso auf dasMitgefühl anderen gegenüber konzentrieren. Auf Großzügigkeit. Güte. Ehrlichkeit. Statt diejenigen, die uns wehgetan haben, zu bestrafen, um ihr Karma zu zerstören, sollten wir uns lieber damit befassen, unser eigenes Karma zu verbessern!
Ich fühle mich so voller Inspiration und Energie, dass ich vom Bett herunterhüpfe, nach meiner Tasche und dem Autoschlüssel greife und zur Haustür hinausstürze. Ich springe ins Auto und fahre los.
Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Die Frist, die Jenna uns gesetzt hat, läuft in vier Tagen ab. Wenn ich bis dahin etwas erreicht haben will, darf ich keine Minute mehr vergeuden.
Das hier muss einfach funktionieren. Es kann unmöglich nicht funktionieren.
Ich parke mein Auto vor einem vertrauten Haus, gehe zum Eingang und klingle. Ich spüre ein Kribbeln in der Fingerspitze, als sie die kalte Edelstahlklingel berührt, und ein nervöser Schauer läuft mir über den Rücken.
Als sich die Tür endlich öffnet und der Mensch dahinter mich mit liebevollen Augen voller Erwartung und Vertrauen ansieht, weiß ich ohne den Hauch eines Zweifels, dass meine Entscheidung richtig ist.
Küsse fürs Karma?
Ich erzähle Spencer alles. Von Anfang bis Ende. Und wie bei Rajiv lasse ich kein Detail aus. Noch nicht einmal die richtig schmutzigen, wie zum Beispiel, dass wir uns in Masons E-Mail-Postfach eingehackt haben und Seth Taylors Computer ausgespäht haben. Ich breite alles vor ihm aus. Bis zu der Erleuchtung, die ich vor ein paar Minuten hatte.
Das ist es, was ich
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