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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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schob die in Scheiben geschnittenen Gurken fort und nahm sich einen gesalzenen Hering.
    «Was weißt du über Lady Brett Ashley, Jake?»
    «Sie heißt Lady Ashley. Brett nennt sie sich. Sie ist eine nette Person», sagte ich. «Sie läßt sich scheiden und wird dann Mike Campbell heiraten. Er ist jetzt in Schottland. Wozu fragst du?»
    «Sie ist eine außergewöhnlich reizvolle Frau.»
    «Nicht wahr?»
    «Sie hat so irgend etwas an sich, eine gewisse Vornehmheit. Sie ist sicher, absolut vornehm und anständig.»
    «Sie ist sehr nett.»
    «Ich weiß nicht, wie ich diese Eigenschaft beschreiben soll», sagte Cohn. «Wahrscheinlich die Kinderstube.»
    «Kommt mir so vor, als ob du sie recht gern hast.»
    «Hab ich auch. Sollte mich gar nicht wundern, wenn ich mich in sie verliebt hätte.»
    «Sie ist eine Säuferin», sagte ich. «Sie ist in Mike Campbell verliebt und wird ihn heiraten. Eines Tages wird er maßlos reich sein.»
    «Ich glaube nicht, daß sie ihn je heiraten wird.»
    «Warum nicht?»
    «Weiß nicht. Aber ich glaube nicht daran. Kennst du sie schon lange?»
    «Ja», sagte ich, «sie war Hilfsschwester in dem Kriegslazarett, in dem ich lag.»
    «Da muß sie ja noch der reine Backfisch gewesen sein.»
    «Sie ist jetzt vierunddreißig.»
    «Wann hat sie Ashley geheiratet?»
    «Während des Krieges. Ihr Schatz war gerade mit der Ruhr abgekratzt.»
    «Du sprichst ja so verbittert.»
    «Tut mir leid, war ganz unbeabsichtigt. Ich wollte dir nur die Tatsachen geben.»
    «Ich glaube nicht, daß sie jemanden heiratet, den sie nicht liebt.»
    «Na», sagte ich, «bisher hat sie’s zweimal getan.»
    «Ich glaub’s nicht.»
    «Na», sagte ich. «Frag mich doch nicht erst lauter Quatsch, wenn dir dann meine Antworten nicht passen.»
    «Das hatte ich dich nicht gefragt.»
    «Du hast mich gefragt, was ich über Brett Ashley weiß.»
    «Ich habe dich aber nicht ersucht, sie zu beleidigen.»
    «Ach, geh zum Teufel.»
    Er stand vom Tisch auf mit weißem Gesicht und stand blaß und aufgebracht hinter den kleinen Hors d’œuvre-Schüsseln.
    «Na, setz dich schon, sei nicht so dumm.»
    «Du mußt das zurücknehmen.»
    «Gott, laß doch dies kindische Zeug.»
    «Nimm’s zurück.»
    «Aber natürlich. Alles, was du willst. Ich habe nie von Brett Ashley gehört. Na, ist jetzt alles in Ordnung?»
    «Nein. Nicht das. Daß ich mich zum Teufel scheren soll.»
    «Also scher dich nicht zum Teufel», sagte ich. «Bleib nur hier, wo wir gerade mit unserem Essen anfangen.»
    Cohn lächelte wieder und setzte sich. Er schien froh zu sein, sich setzen zu können. Was um alles in der Welt hätte er nur gemacht, wenn er sich nicht hingesetzt hätte?
    «Du sagst so verflucht beleidigende Sachen, Jake.»
    «Tut mir leid. Hab eine böse Zunge. Mein es aber nicht so, wenn ich was Ekelhaftes sage.»
    «Ich weiß», sagte Cohn. «Jake, du bist eigentlich mein bester Freund.»
    Gott steh dir bei, dachte ich. «Na, denk nicht mehr an das, was ich gesagt habe», sagte ich laut. «Es tut mir leid.»
    «Alles wieder in bester Ordnung. Ich war nur im Moment gekränkt.»
    «Also gut, was essen wir noch?»
    Nachdem wir zu Ende gegessen hatten, gingen wir ins Café de la Paix und tranken Kaffee. Ich fühlte, wie Cohn Brett wieder aufs Tapet bringen wollte, aber ich hinderte ihn daran. Wir sprachen über dies und jenes, und dann verließ ich ihn, um ins Büro zu gehen.

6
    Um fünf Uhr wartete ich im Hotel Crillon auf Brett. Sie war noch nicht da, also setzte ich mich hin und schrieb ein paar Briefe. Es waren keine sehr geistvollen Briefe, aber ich hoffte, daß das Crillon- Briefpapier alles wettmachen würde. Brett erschien nicht; ungefähr um Viertel vor sechs ging ich in die Bar und trank einen Jack Rose mit Georges, dem Mixer. Brett war auch nicht in der Bar gewesen. Als ich hinausging, sah ich mich noch oben nach ihr um und nahm dann ein Taxi nach dem Café Sélect. Als ich über die Seine fuhr, sah ich eine ganze Reihe Lastkähne auf dem Wasser schwimmen, die leer den Fluß hinuntergeschleppt wurden. Die Schiffer standen an den Steuerrudern, als sie sich der Brücke näherten. Der Fluß sah schön aus. Es ist immer erfreulich, in Paris über eine Brücke zu fahren.
    Das Taxi fuhr um das Denkmal des Erfinders der optischen Telegrafie herum, dann ging es den Boulevard Raspail entlang, und ich setzte mich zurück, um diesen Teil der Fahrt vorübergehen zu lassen. Der Boulevard Raspail war immer ein ödes Fahren. Es erinnerte mich an eine gewisse Strecke

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