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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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hab’s meiner Mutter und allen gesagt, und jetzt will er nicht.»
    «Was ist denn los?»
    «Er redet sich ein, er hätte noch nicht genug gelebt. Ich wußte, daß es so kommen würde, als er nach New York ging.»
    Sie sah auf, mit hellen Augen, und versuchte leicht darüber hinwegzureden.
    «Natürlich würde ich ihn nie heiraten, wenn er nicht wollte. Natürlich nicht. Ich würde ihn jetzt für nichts in der Welt heiraten. Aber es scheint mir, daß es jetzt ein bißchen spät dafür ist, nachdem wir drei Jahre gewartet haben und ich gerade meine Scheidung durchgesetzt habe.»
    Ich sagte nichts.
    «Wir wollten das so feiern, und statt dessen haben wir unentwegt Szenen. Er ist so albern. Wir haben schreckliche Szenen, und er weint und bittet mich, vernünftig zu sein, aber er sagt, er könne es einfach nicht.»
    «Wahnsinniges Pech.»
    «Und ob’s wahnsinniges Pech ist. Ich hab zwei und ein halbes Jahr mit ihm vergeudet. Und heute weiß ich nicht, ob mich noch irgendwer heiraten wird. Vor zwei Jahren in Cannes hätte ich noch jeden heiraten können. Alle die Alten, die jemand Schickes heiraten und Schluß machen wollen, waren einfach verrückt nach mir. Ich glaube, jetzt kriege ich keinen mehr.»
    «Aber du kannst heiraten, wen du willst.»
    «Nein, das glaub ich nicht. Und außerdem hab ich ihn gern. Und ich möchte gern Kinder haben. Ich dachte immer, daß wir Kinder haben würden.»
    Sie sah mich strahlend an. «Ich hab mir nie viel aus Kindern gemacht, aber ich mag den Gedanken nicht, daß ich nie welche haben soll. Ich dachte immer, ich würde welche kriegen und sie dann auch gern haben.»
    «Er hat ja Kinder.»
    «O ja. Er hat Kinder, er hat Geld, und er hat eine reiche Mutter, und er hat ein Buch geschrieben, und keiner will mein Zeug drucken, keiner, und es ist gar nicht so schlecht. Und ich hab überhaupt kein Geld. Ich hätte eine Rente bekommen können, aber ich hab die Scheidung auf die schnellste Art und Weise gewollt.»
    Sie sah mich wieder strahlend an.
    «Es ist nicht richtig. Es ist mein eigener Fehler und dann auch wieder nicht. Ich hätte es besser wissen sollen. Und wenn ich ihm das sage, fängt er an zu weinen und sagt, er könne nicht heiraten. Warum kann er nicht heiraten? Ich würde eine gute Frau abgeben. Mit mir läßt sich’s leicht leben. Ich laß ihn zufrieden. Aber es hat gar keinen Sinn.»
    «Es ist eine wahre Schande.»
    «Ja, eine wahre Schande. Aber es hat keinen Zweck, darüber zu reden, nicht wahr? Komm, wir gehen wieder ins Café zurück.»
    «Und ich kann euch natürlich auch nicht helfen, nicht wahr?»
    «Nein, aber du brauchst ihm ja nicht zu zeigen, daß ich mit dir darüber gesprochen habe. Ich weiß, was er will.» Jetzt, zum erstenmal ließ sie ihr strahlendes, schrecklich aufgekratztes Benehmen sein. «Er will allein nach New York zurück und da sein, wenn sein Buch rauskommt und eine Menge kleiner Gänse es großartig finden. Das will er.»
    «Vielleicht gefällt es ihnen gar nicht. Ich glaube nicht, daß er so ist. Wirklich nicht.»
    «Du kennst ihn nicht so wie ich, Jake. Das hat er vor. Ich weiß es, ich weiß es. Darum will er nicht heiraten. Er will im Herbst seinen großen Triumph ganz allein genießen.»
    «Willst du ins Café zurück?»
    «Ja, komm.»
    Wir standen auf – man hatte uns nichts zu trinken gebracht – und gingen wieder zum Sélect hinüber, wo Cohn hinter einem Tisch mit Marmorplatte uns entgegenlächelte.
    «Na, was lächelst du?» fragte ihn Frances. «Fühlst du dich so wohl?»
    «Ich lächle über euch mit euern Geheimnissen.»
    «Na, was ich Jake erzählt habe, ist weiter kein Geheimnis. Die ganze Welt wird es nur zu bald wissen. Ich wollte nur Jake eine passende Lesart mitteilen.»
    «Worüber? Über deine Reise nach England?»
    «Ja, über meine Reise nach England. Ach, Jake, ich vergaß dir zu erzählen, daß ich nach England fahre.»
    «Na, großartig.»
    «Ja, so wird’s in den besten Familien gemacht. Robert schickt mich. Er gibt mir 200 Pfund, und dann fahre ich zu Freunden auf Besuch. Wird es nicht herrlich werden? Die Freunde wissen noch nichts von ihrem Glück.»
    Sie wandte sich zu Cohn und lächelte. Er lächelte jetzt nicht.
    «Nicht wahr, du wolltest mir eigentlich nur hundert Pfund geben, Robert? Aber ich hab durchgesetzt, daß er mir zweihundert gibt. Er ist wirklich sehr nobel, nicht wahr, Robert?»
    Ich verstehe nicht, wie Leute so entsetzliche Sachen zu Robert Cohn sagen können. Es gibt Leute, zu denen man einfach nicht

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