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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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helle.»
    «Nu hör schon auf.»
    «Gewiß», sagte Harvey, «mir ist das ganz schnuppe. Du bist mir ja so egal.»
    «Na, na, Harvey», sagte ich. «Trink noch ‘n Portwein.»
    «Nein», sagte er. «Ich geh die Straße rauf, essen. Seh dich nachher, Jake.»
    Er ging hinaus und die Straße entlang. Ich sah, wie er die Straße überquerte mitten durch die Taxis hindurch, klein, schwer, langsam, seiner selbst sicher im Gedränge.
    «Er bringt mich immer in Wut», sagte Cohn. «Ich kann ihn nicht ausstehen.»
    «Ich hab ihn gern», sagte ich. «Ich mag ihn leiden. Man darf ihm nicht böse sein.»
    «Ich weiß schon», sagte Cohn, «aber er geht mir auf die Nerven.»
    «Nachmittags geschrieben?»
    «Nein, wollte nicht in Gang kommen. Viel schwerer als mein erstes Buch. Hab schrecklich viel Mühe damit.»
    Die gesunde Einbildung, die er im Frühling, als er aus Amerika gekommen war, besessen hatte, war verschwunden. Damals war er seines Werkes sicher gewesen und nur mit dieser persönlichen Sehnsucht nach Abenteuern behaftet. Jetzt war die Sicherheit fort. Irgendwie hab ich die Idee, als ob ich von Robert Cohn kein klares Bild gegeben habe. Der Grund ist, daß er bis zu dem Moment, wo er sich in Brett verliebte, auch nicht eine einzige Bemerkung gemacht hatte, die ihn von anderen Leuten unterschied. Man sah ihm gern auf dem Tennisplatz zu; er hatte eine gute Figur und erhielt sie sich; sein Bridgespiel war durchdacht und gut, und er hatte eine komische Art an sich, so etwas Studentenhaftes. Wenn er mit Menschen zusammen war, fiel nichts, was er auch sagte, aus dem Rahmen. Er trug was wir früher in der Schule Polohemden nannten und was man vielleicht heute noch so nennt, aber er war nicht professionell jugendlich. Ich glaube nicht, daß er viel über seine Kleidung nachdachte. Seinen äußeren Schliff hatte er in Princeton bekommen. Innerlich war er von den zwei Frauen, die ihn erzogen hatten, geformt. Er hatte eine nette, jungenhafte Art von Frohsinn, die man ihm nie ausgetrieben hatte, und ich habe sie bei ihm wahrscheinlich nicht zum Vorschein gebracht. Er war glücklich, wenn er im Tennis gewann. Vielleicht gewann er ebenso gern wie die Lenglen zum Beispiel. Andererseits war er aber nicht verärgert, wenn man ihn besiegte. Als er sich in Brett verliebte, ging sein ganzer Tennisstil flöten. Er wurde von Leuten, die früher auch nicht die geringste Chance gegen ihn gehabt hatten, geschlagen. Er nahm es aber nett auf.
    Na, wir saßen also auf der Terrasse des Café Sélect, Harvey Stone war gerade über die Straße gegangen.
    «Komm rauf zu den Lilas», sagte ich.
    «Ich bin verabredet.»
    «Wann?»
    «Frances kommt um Viertel acht hierher.»
    «Da ist sie.»
    Frances Clyne kam über die Straße auf uns zu. Sie war sehr groß und ging mit viel Schwung. Sie winkte und lächelte. Wir sahen zu, wie sie über die Straße ging.
    «Tag», sagte sie. «Fein, Jake, daß du da bist. Ich wollte dich so gern sprechen.»
    «Tag, Frances», sagte Cohn. Er lächelte.
    «Tag, Robert. Ach, du bist hier?» Sie sprach rasch weiter. «Ich hab ‘n netten Tag hinter mir. Der da – » indem sie mit dem Kopf Cohn zunickte – «ist mittags nicht zum Essen nach Hause gekommen.»
    «Ich wurde ja nicht erwartet.»
    «Oh, ich weiß, aber du hast es der Köchin nicht gesagt. Dann hatte ich eine Verabredung, und Paula war nicht in ihrem Büro. Ich ging ins Ritz und wartete auf sie, und sie kam überhaupt nicht, und natürlich hatte ich nicht genug Geld, um im Ritz zu frühstücken – »
    «Und was hast du gemacht?»
    «Bin natürlich rausgegangen.» Sie sprach so gemacht vergnügt. «Ich halte immer meine Verabredungen. Aber außer mir niemand heutzutage. Sollte es eben wissen. Na, wie geht es dir denn, Jake?»
    «Glänzend.»
    «Du hattest ja eine fabelhafte Person zum Tanzen mitgebracht und bist nachher mit dieser Brett losgezogen.»
    «Magst du sie nicht?» fragte Cohn.
    «Ich finde, sie ist ganz entzückend. Du nicht auch?»
    Cohn sagte nichts.
    «Hör mal, Jake, ich möchte dir gern was sagen. Würdest du rüber mit mir ins Dome gehen? Du bleibst hier, nicht wahr, Robert? Komm, Jake.»
    Wir überschritten den Boulevard Montparnasse und setzten uns an einen Tisch. Ein Junge kam mit der Pariser Times vorbei; ich kaufte eine und entfaltete sie.
    «Na, was ist los, Frances?»
    «Ach, gar nichts», sagte sie, «außer daß er mich sitzenlassen will.»
    «Wie meinst du das?»
    «Na, er hat allen erzählt, daß wir heiraten würden, und ich

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