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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Selterswasser und Gläser.
    «Nur ein bißchen», sagte Brett. «Versuch nicht etwa, mich betrunken zu machen. Der Graf! Fabelhaft, sag ich dir. Der gehört zu uns.»
    «Ist er denn ein Graf?»
    «Ich glaube ja. Weißt du, auf jeden Fall verdient er einer zu sein. Weiß enorm viel Klatsch über alle Leute. Weiß nicht, wo er das alles her hat. Ihm gehört eine Kette von Konditoreien in den Staaten.»
    Sie nippte an ihrem Glas.
    «Denk dir, er hat es eine Kette oder so ähnlich genannt. Zählte sie alle auf. Hat mir ein bißchen davon erzählt. Verdammt interessant. Aber er gehört trotzdem zu uns. Vollkommen. Kein Zweifel. Das merkt man sofort.»
    Sie trank weiter.
    «Gott, wie geschwätzig ich bin. Du bist nicht böse, nicht wahr? Weißt du, er bezahlt für Zizi.»
    «Ist Zizi wirklich ein Herzog?»
    «Sollte mich nicht wundern. Ein griechischer, weißt du. Schlechter Maler. Der Graf gefällt mir.»
    «Wo warst du mit ihm?»
    «Ach, überall. Er hat mich jetzt gerade hergebracht. Bot mir 10000 Dollar, wenn ich mit ihm nach Biarritz reisen würde. Wieviel Pfund sind das?»
    «Ungefähr zweitausend.»
    «Masse Geld. Ich sagte ihm, ich könnte nicht. Er nahm es riesig nett auf. Sagte ihm, daß ich zuviel Bekannte in Biarritz habe.»
    Brett lachte.
    «Gott, bist du im Konsum bescheiden», sagte sie. Ich hatte nur an meinem Cognac genippt. Ich nahm einen langen Zug.
    «So ist’s besser. Sehr komisch», sagte Brett. «Dann wollte er, daß ich mit ihm nach Cannes führe. Sagte ihm, daß ich in Cannes zuviel Leute kenne. Monte Carlo. Sagte ihm, daß ich zuviel Bekannte in Monte Carlo hätte. Sagte ihm, daß ich überall zuviel Bekannte hätte. Stimmt auch wirklich. Darum bat ich ihn auch, mich hierherzubringen.» Sie sah mich an, ihre eine Hand auf dem Tisch; sie hob ihr Glas. «Mach nicht solch ‘n Gesicht», sagte sie. «Sagte ihm, daß ich dich liebe. Stimmt auch. Guck doch nicht so. Er hat es riesig nett aufgenommen. Will uns morgen abend zum Essen ausfahren. Willst du?»
    «Warum nicht?»
    «Ich werd wohl jetzt besser gehen.»
    «Warum?»
    «Wollte dich nur sehen. Eine zu dämliche Idee. Willst du dich anziehen und mitkommen? Der Wagen hält gleich hier.»
    «Und der Graf?»
    «Will mich spazierenfahren, er selbst und sein Chauffeur in Livree. Wollen im Bois frühstücken. Körbe voll Proviant. Alles bei Zelli gekauft. Dutzend Flaschen Mumm. Lockt dich das nicht?»
    «Muß morgen früh arbeiten», sagte ich. «Ich bin auch zu weit im Hintertreffen, um euch noch einzuholen und kein Spielverderber zu sein.»
    «Sei kein Esel.»
    «Nein, ist nicht zu machen.»
    «Schön. Schickst ihm zärtliche Grüße?»
    «Alles, was du willst.»
    «Gute Nacht, Liebling.»
    «Werd nicht sentimental.»
    «Du machst mich krank.»
    Wir gaben uns einen Gutenachtkuß, und Brett zitterte. «Ich werd lieber gehen, gute Nacht, Liebling.»
    «Du mußt doch nicht gehen.»
    «Doch.»
    Wir küßten uns noch einmal auf der Treppe, und als ich nach dem cordon rief, brummelte die Concierge etwas hinter ihrer Tür. Ich ging wieder hinauf und beobachtete Brett von meinem offenen Fenster aus, wie sie die Straße rauf ging zu der großen Limousine, die unterm Bogenlicht an der Ecke hielt. Sie stieg ein, und das Auto fuhr los. Ich drehte mich um. Auf dem Tisch stand ein leeres und ein halbvolles Glas mit Cognac. Ich nahm beide raus in die Küche und goß das halbvolle Glas in den Ausguß. Ich drehte im Eßzimmer das Gas aus, setzte mich auf mein Bett, schleuderte meine Morgenschuhe von den Füßen und ging ins Bett. Dies war also Brett, um die mir zum Heulen zumute gewesen war. Dann dachte ich an sie, wie sie die Straße hinuntergegangen und in den Wagen gestiegen war, so wie ich sie zuletzt gesehen hatte, und natürlich war mir in kurzer Zeit wieder jammervoll zumute. Es ist furchtbar leicht, am Tag über alles erhaben zu sein, aber nachts, mein Gott, ist es was ganz anderes.

5
    Am anderen Morgen ging ich den Boulevard hinunter in die Rue Soufflot, um Kaffee und Brioches zu frühstücken. Es war ein Prachttag. Die Kastanienbäume im Luxembourg-Garten waren in Blüte. Man hatte das angenehme Frühmorgensgefühl eines heißen Tages. Ich las beim Kaffeetrinken die Zeitung und rauchte dann eine Zigarette. Die Blumenfrauen kamen vom Markt und begannen ihre Stände aufzubauen. Studenten kamen auf ihrem Weg zum juristischen Seminar oder zur Sorbonne vorbei. Der Boulevard war voller Leben, mit Straßenbahnen und Leuten, die zur Arbeit wollten. Ich bestieg

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