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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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paar wunderbare große Fenster. Ich kniete nieder und begann zu beten und betete für alle, an die ich denken konnte: Brett und Mike und Bill und Robert Cohn und mich und die Stierkämpfer, für die, die ich besonders gern hatte, jeden einzeln, für die anderen im ganzen; und dann betete ich wieder für mich, und während ich so für mich betete, fühlte ich, wie ich schläfrig wurde, und dann betete ich noch, daß die Stierkämpfe gut sein möchten und daß es eine schöne Fiesta werden würde und daß wir eine gute Angelpartie haben würden. Ich überlegte, ob ich noch um irgend etwas anderes beten könnte, und ich dachte, daß ich gern etwas Geld haben würde, also betete ich, daß ich eine Menge Geld verdienen würde, und dann überlegte ich, wie ich es wohl verdienen könnte, und Geldverdienen erinnerte mich an den Grafen, und ich fing an, nachzudenken, wo er wohl sein mochte, und bedauerte, daß ich ihn seit der Nacht auf Montmartre nicht mehr gesehen hatte, und dann mußte ich an etwas Komisches denken, was mir Brett von ihm erzählt hatte, und die ganze Zeit kniete ich und hatte meinen Kopf auf das Holz vor mir gelegt und dachte eigentlich, daß ich betete, und dann schämte ich mich ein bißchen, daß ich ein so schlechter Katholik war, aber ich war mir klar darüber, daß sich daran nichts ändern ließe, wenigstens jetzt nicht, und vielleicht nie, aber daß es auf jeden Fall eine große Religion war, und ich wünschte nur, daß ich religiös hätte fühlen können, aber vielleicht ging es das nächste Mal, und dann war ich draußen in der heißen Sonne auf den Stufen der Kathedrale, und die Finger und der Daumen meiner rechten Hand waren feucht, und ich fühlte, wie sie in der Sonne trockneten. Das Sonnenlicht war heiß und grell, und ich ging hinüber in den Schatten einiger Gebäude und durch Seitenstraßen zum Hotel zurück.
    Abends beim Essen sah man, daß Robert Cohn ein Bad genommen hatte, rasiert worden war, sich die Haare hatte schneiden und schamponieren lassen und nachher etwas auf die Haare getan hatte, damit sie flach anlagen. Er war nervös, und ich gab mir nicht die geringste Mühe, ihm darüber hinwegzuhelfen. Der Zug aus San Sebastian war um 21 Uhr fällig, und wenn Brett und Mike kamen, mußten sie darin sein. Zwanzig Minuten vor neun waren wir mit unserem Essen noch nicht halb fertig. Robert Cohn stand vom Tisch auf und sagte, er ginge jetzt zum Bahnhof. Ich sagte, ich würde ihn begleiten, nur um ihn zu ärgern. Bill grunzte, er würde schön dumm sein, wenn er sein Essen im Stich ließe.
    «Wir kommen umgehend zurück», sagte ich.
    Wir gingen zum Bahnhof. Ich genoß Cohns Nervosität. Ich hoffte, Brett würde im Zug sein. Der Zug hatte Verspätung, und wir saßen auf einem Gepäckkarren und warteten draußen in der Dunkelheit. Ich habe niemals jemanden im Zivilleben so nervös gesehen wie Robert Cohn – und auch nicht so erwartungsvoll. Ich genoß es. Es war niederträchtig, es zu genießen, aber ich fühlte mich niederträchtig. Cohn hatte die fabelhafte Gabe, in jedem die schlechtesten Eigenschaften zu entfesseln.
    Nach einer Weile hörten wir den Zug weit weg unten auf der anderen Seite des Plateaus, und dann sahen wir die Scheinwerfer den Berg heraufkommen. Wir gingen in den Bahnhof hinein und standen mit einem Haufen Leute gleich hinter der Schranke, und der Zug fuhr ein und hielt, und alle kamen durch die Sperre.
    Sie waren nicht dabei. Wir warteten, bis alle durch waren und aus dem Bahnhof hinaus und in die Omnibusse gestiegen waren oder Droschken genommen hatten oder mit ihren Freunden oder Verwandten durch die Dunkelheit der Stadt zustrebten.
    «Ich wußte, daß sie nicht kommen würden», sagte Robert. Wir gingen zum Hotel zurück.
    «Ich dachte, sie kämen vielleicht», sagte ich.
    Bill aß Obst, als wir kamen, und beendete gerade eine Flasche Wein.
    «Nicht gekommen, wie?»
    «Nein.»
    «Ist es Ihnen recht, wenn ich Ihnen die 100 Peseten morgen gebe, Cohn?» fragte Bill. «Ich habe hier noch kein Geld gewechselt.»
    «Ach, lassen Sie es doch», sagte Cohn. «Wetten wir um was anderes. Kann man auf Stiere setzen?»
    «Man könnte», sagte Bill, «aber man braucht nicht.»
    «Es ist wie auf den Krieg setzen», sagte ich. «ökonomisches Interesse ist dabei gar nicht nötig.»
    «Ich freue mich schon riesig auf die Stierkämpfe», sagte Robert.
    Montoya kam an unseren Tisch. Er hatte ein Telegramm in der Hand. «Für Sie.» Er reichte es mir.
    Darin stand: «Bleiben Nacht in

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