Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
ausgezeichnet zu Mittag. Die erste spanische Mahlzeit ist immer eine Angelegenheit mit Horsd’oeuvres, einer Eierspeise, zwei Fleischgängen, Gemüsen, Salat, süßer Speise und Obst. Man muß ein gutes Quantum Wein trinken, um alles hinunterzuspülen. Robert Cohn versuchte zu sagen, daß er nichts von dem zweiten Fleischgericht essen wolle, aber wir hatten keine Lust, es zu verdolmetschen, und deshalb brachte ihm die Kellnerin etwas anderes als Ersatz, ich glaube, eine Platte mit kaltem Fleisch. Cohn war, seit wir uns in Bayonne getroffen hatten, ziemlich nervös. Er wußte nicht, ob wir wußten, daß Brett mit ihm in San Sebastian gewesen war, und er fühlte sich deshalb ein bißchen geniert.
    «Na», sagte ich, «Brett und Mike sollten heute abend eintreffen.»
    «Ich bin nicht sicher, ob sie kommen», sagte Cohn.
    «Warum nicht?» sagte Bill. «Natürlich kommen sie.»
    «Sie kommen immer zu spät», sagte ich.
    «Ich glaube allerdings, daß sie nicht kommen», sagte Robert Cohn.
    Er sagte es mit einem so überlegenen Gesichtsausdruck, daß es uns beide ärgerte.
    «Ich wette 50 Peseten, daß sie heute abend ankommen», sagte Bill.
    Er wettet immer, wenn er sich ärgert, und wettet aus diesem Grunde immer blödsinnig.
    «Akzeptiert», sagte Cohn. «Schön, du bist Zeuge, Jake. 50 Peseten.»
    «Ich bin selbst Zeuge», sagte Bill.
    Ich sah, wie ärgerlich er war, und wollte ihn besänftigen.
    «Todsichere Sache, daß sie kommen», sagte ich. «Aber vielleicht nicht gerade heute abend.»
    «Soll ich Sie rauslassen?» fragte Cohn.
    «Nein. Warum? Wenn Sie wollen, auch hundert.»
    «Schön, angenommen.»
    «So, genug», sagte ich, «oder ihr müßt ein Buch machen und mir was davon abgeben.»
    «Mir soll’s recht sein», sagte Cohn. Er lächelte. «Sie werden es wahrscheinlich beim Bridge zurückgewinnen.»
    «Sie haben es noch nicht», sagte Bill.
    Wir gingen hinaus und unter den Arkaden bis zum Café Iruna, um Kaffee zu trinken.
    Cohn sagte, er wolle hinüber, um sich rasieren zu lassen.
    «Hör mal», sagte Bill, «hab ich die geringste Chance bei dieser Wette?»
    «Verdammt schlechte Chance. Bisher waren sie noch nie pünktlich. Wenn ihr Geld nicht gekommen ist, ist es klar, daß sie heute abend nicht ankommen.»
    «Es tat mir leid in dem Moment, als ich den Mund aufgemacht hatte. Aber ich mußte. Ich nehme an, er ist sehr nett, aber woher kann er hellsehen? Mike und Brett hatten doch mit uns verabredet, hierherzukommen.»
    Ich sah Cohn über den Platz kommen.
    «Da kommt er.»
    «Schön, aber daß er nicht wieder überlegen und jüdisch wird.»
    «Der Friseur hat zu», sagte Cohn. «Macht erst um vier auf.»
    Wir tranken im Iruna unseren Kaffee, saßen in bequemen Korbstühlen und sahen aus der Kühle unter den Arkaden auf den großen Platz. Nach einer Weile stand Bill auf, um einige Briefe zu schreiben, und Cohn ging hinüber zum Friseur. Es war immer noch zu; so entschloß er sich, ins Hotel zu gehen und ein Bad zu nehmen, und ich blieb vor dem Café sitzen. Ich saß vor dem Café und machte dann einen Spaziergang durch die Stadt. Es war sehr heiß, aber ich blieb auf der schattigen Seite der Straße und ging über den Markt, und ich freute mich, die Stadt wiederzusehen. Ich ging zum Ayuntamiento und fand den alten Herrn, der immer für mich im voraus für die Stierkämpfe reserviert, und er hatte das Geld aus Paris richtig bekommen und meine Reservierung wieder erneuert, so daß alles in bester Ordnung war. Er war der Archivar, und alle Urkunden der Stadt befanden sich in seinem Büro. Das hat nichts mit der Geschichte zu tun. Wie dem auch sei, sein Büro hatte eine grüne Friestür und eine große Holztür, und als ich hinausging, ließ ich ihn inmitten all der Urkunden, die alle Wände bedeckten, sitzen und machte beide Türen zu, und als ich aus dem Haus auf die Straße wollte, hielt mich der Pförtner an, um mir meinen Rock abzubürsten.
    «Sie sind Auto gefahren», sagte er.
    Der Kragen und der obere Teil der Schultern waren grau von Staub.
    «Von Bayonne hierher.»
    «Ja, ja», sagte er. «Ich sah, daß Sie Auto gefahren sind, an der Art, wie der Staub verteilt ist.» Ich gab ihm zwei Kupfermünzen.
    Am Ende der Straße sah ich die Kathedrale und ging auf sie zu. Das erste Mal, als ich sie sah, fand ich die Fassade häßlich, aber jetzt mochte ich sie gern. Ich ging hinein. Es war düster und dunkel, und die Säulen gingen hoch hinauf, und es beteten Leute, und es roch nach Weihrauch, und sie hatte ein

Weitere Kostenlose Bücher