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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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könntest?» Er rieb sein Kinn mit dem Daumen, besah es sich und schabte dann wieder daran herum.
    «Du hast ja selbst ganz reizende.»
    «O ja. Ich habe auch ausgesuchte, aber doch nicht mit diesem Robert Cohn zu vergleichen. Das Komische daran ist, daß er sehr nett ist. Ich mag ihn. Aber er ist eben einfach grauenhaft.»
    «Er kann furchtbar nett sein.»
    «Ich weiß, das ist ja gerade das Schlimmste daran.»
    Ich lachte.
    «Ja, du hast gut lachen», sagte Bill, «du bist nicht gestern mit ihm bis zwei Uhr nachts aufgewesen.»
    «War es sehr schlimm?»
    «Schrecklich. Was ist denn das überhaupt mit ihm und Brett? Hat sie denn je was mit ihm zu tun gehabt?»
    Er hob sein Kinn hoch und zog es von einer Seite auf die andere.
    «Natürlich. Sie war mit ihm in San Sebastian.»
    «Verrückt! Warum hat sie denn das gemacht?»
    «Sie wollte aus der Stadt raus und kann es nirgends allein aushalten. Sie sagt, sie hätte sich eingeredet, daß es ihm guttun würde.»
    «Was für idiotisch dumme Sachen manche Menschen anstellen. Warum ist sie denn nicht mit einem aus ihrem Kreis gefahren? Oder mit dir? – » er sprach schnell darüber hinweg – «oder mit mir? Warum nicht mit mir?» Er besah sich sein Gesicht vorsichtig im Spiegel und schmierte einen großen Klecks Seifenschaum auf jeden Backenknochen. «Ein ehrliches Gesicht. Ein Gesicht, dem jede Frau vertrauen könnte.»
    «Sie kannte es ja noch nicht.»
    «Hätte sie aber sollen. Alle Frauen sollten es sehen. Es ist ein Gesicht, das man auf jeder Filmleinwand im ganzen Land zeigen sollte. Jede Frau sollte ein Foto dieses Gesichts beim Verlassen des Traualtars bekommen. Alle Mütter sollten ihren Töchtern von diesem Gesicht erzählen. Mein Sohn», er richtete seinen Rasierapparat auf mich, «zieh nach Westen mit diesem Gesicht und bring dich und das Land gemeinsam auf den grünen Zweig.»
    Er beugte sich über die Schüssel, spülte sein Gesicht mit kaltem Wasser ab, rieb es mit Alkohol ein und besah sich dann sorgfältig im Spiegel, indem er seine lange Unterlippe herabzog.
    «Mein Gott», sagte er, «ist es nicht ein entsetzliches Gesicht?»
    Er sah in den Spiegel.
    «Und was diesen Robert Cohn anlangt», sagte Bill, «der ist absolut zum Kotzen, und er soll sich zum Teufel scheren. Ich bin heilfroh, daß er hierbleibt und nicht mit uns zum Angeln kommt.»
    «Da hast du verdammt recht.»
    «Wir fahren zum Forellenfischen. Wir fahren zum Forellenfischen im Irati, und jetzt beim Lunch wollen wir uns am Wein dieses Landes betrinken, und dann machen wir eine tolle Autobusfahrt.»
    «Also komm, wir wollen ins Iruna gehen und schon immer ‘n bißchen vorlegen», sagte ich.

4
    Es war kochend heiß auf dem Platz, als wir nach dem Lunch mit unseren Handtaschen und dem Angelkasten herauskamen, um nach Burguete zu fahren. Auf dem Omnibus saß schon eine Menge Leute, und andere kletterten eine Leiter hinauf. Bill stieg ebenfalls hinauf, und Robert setzte sich neben Bill, um einen Platz für mich zu reservieren, und ich ging zum Hotel zurück, um ein paar Flaschen Wein zum Mitnehmen zu holen. Als ich wiederkam, war der Omnibus überfüllt. Männer und Frauen saßen oben auf dem Gepäck und die Frauen bewegten ihre Fächer in der Sonne. Es war wirklich heiß. Robert kletterte hinunter, und ich klemmte mich auf den reservierten Platz auf der einen, einzigen hölzernen Bank, die in der Mitte stand.
    Robert Cohn stand im Schatten der Arkaden und wartete auf unsere Abfahrt. Ein Baske mit einem großen, ledernen Weinbeutel im Schoß lag quer oben auf dem Omnibus vor unseren Plätzen und lehnte sich gegen unsere Beine. Er bot mir und Bill seinen Weinbeutel an, und als ich ihn hochhob, um zu trinken, ahmte er den Ton einer Autohupe so verblüffend gut und plötzlich nach, daß ich etwas vom Wein verschüttete und alle Leute lachten. Er entschuldigte sich und nötigte mich nochmals. Er machte die Autohupe etwas später noch mal nach, und ich fiel wieder darauf rein. Er machte es fabelhaft, und die Basken fanden es fabelhaft. Der Mann, der neben Bill saß, sprach Spanisch mit ihm, und da Bill nicht verstand, was er wollte, bot er ihm eine Flasche von unserem Wein an. Der Mann winkte ab. Er sagte, es sei zu heiß, und er habe zum Lunch schon zuviel getrunken. Als Bill ihm die Flasche ein zweites Mal anbot, nahm er einen großen Schluck, und dann machte die Flasche auf unserem Teil des Omnibus die Runde. Jeder trank sehr höflich einen Schluck, und dann mußten wir sie wieder zukorken und

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