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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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das er abschälte, hin.
    «Meine Herren», sagte er und wickelte aus einer Zeitung ein Hühnerbein aus, «ich kehre die Reihenfolge um. Bryan zuliebe. Als Tribut an den großen Gleichmacher. Zuerst das Huhn und dann das Ei.»
    «An welchem Tag wohl Gott das Huhn geschaffen haben mag?»
    «Ach», sagte Bill und lutschte an dem Hühnerbein, «woher sollen wir das wissen? Wir sollen nicht fragen. Unser Bleiben auf Erden ist nur kurz. Laß uns genießen, glauben und danksagen.»
    «Iß dein Ei.»
    Bill gestikulierte mit dem Hühnerbein in der einen und der Weinflasche in der anderen Hand.
    «Laß uns die Wohltaten genießen. Laß uns das Geflügel der Luft nutznießen. Laß uns das Produkt des Weinstockes nutznießen. Willst du ein bißchen nutznießen, Bruder?»
    «Nach dir, Bruder.»
    Bill nahm einen langen Schluck.
    «Nieße ein bißchen nutz, Bruder.» Er reichte mir die Flasche. «Laß uns nicht zweifeln, Bruder. Laß uns nicht in die heiligen Mysterien des Hühnerstalls mit unreinen Händen eindringen. Laß uns gläubig hinnehmen und einfach sagen – ich will, daß du in meine. Worte einstimmst – Was wollen wir sagen, Bruder?» Er hielt mir das Hühnerbein entgegen und fuhr fort: «Hör zu. Wir wollen sagen -und ich für mein Teil sage es mit Stolz, und ich will, Bruder, daß du es mit mir zusammen auf den Knien sagst. Hier in der freien großen Natur braucht sich kein Mensch, wenn er kniet, zu schämen. Erinnere dich daran, die Wälder waren Gottes erste Kirchen. Laß uns niederknien und sagen: ‹Iß das nicht, verehrte Dame – frei nach Mencken.›»
    «Hier», sagte ich, «nutznieße ein wenig hiervon.»
    Wir entkorkten die andere Flasche.
    «Was ist los?» sagte ich. «Mochtest du denn Bryan nicht?»
    «Ich liebte Bryan», sagte Bill. «Wir waren wie Geschwister.»
    «Wo hast du ihn kennengelernt?»
    «Er, Mencken und ich waren alle in Holy Cross.»
    «Und Frankie Fritsch.»
    «Das ist gelogen. Frankie Fritsch war in Fordham.»
    «Na», sagte ich, «ich war mit Bischof Manning in Loyola.»
    «Das ist gelogen», sagte Bill. «Ich selbst war mit Bischof Manning in Loyola.»
    «Du bist besoffen», sagte ich.
    «Vom Wein?»
    «Warum nicht?»
    «Es ist die Feuchtigkeit», sagte Bill. «Warum nimmt man diese verdammte Feuchtigkeit nicht weg?»
    «Trink noch einen Schluck.»
    «Ist das alles, was wir haben?»
    «Nur die zwei Flaschen.»
    «Weißt du, was du bist?» Bill sah die Flasche zärtlich an.
    «Nein», sagte ich.
    «Du bist im Solde der Anti-Saloon-Liga.»
    «Ich war mit Wayne B. Wheeler in Notre-Dame.»
    «Das ist gelogen», sagte Bill. «Ich war mit Wayne B. Wheeler im Austin Business College. Er war Klassenvorsitzender.»
    «Na, dann soll’s mit den Kneipen ein Ende haben.»
    «Da hast du recht, alter Schulfreund», sagte Bill. «Fort mit den Kneipen, ich werde sie mitnehmen.»
    «Du bist besoffen.»
    «Vom Trinken?»
    «Kann schon sein.»
    «Willst du einen Abzug schlafen?»
    «Schön.»
    Wir lagen mit dem Kopf im Schatten und sahen in die Bäume hinauf.
    «Schläfst du?»
    «Nein», sagte Bill, «ich überlegte gerade.»
    Ich schloß meine Augen. Es lag sich angenehm auf dem Boden.
    «Hör mal», sagte Bill, «was ist eigentlich an dieser ganzen Brett-Geschichte?»
    «Was meinst du?»
    «Warst du mal in sie verliebt?»
    «Natürlich.»
    «Wie lange?»
    «Mal ja und mal nicht, eine Ewigkeit.»
    «Zum Teufel!» sagte Bill. «Tut mir leid, alter Knabe.»
    «Schon gut», sagte ich. «Heut ist es mir ganz egal.»
    «Wirklich?»
    «Wirklich. Nur würde ich um alles in der Welt lieber nicht mehr davon reden.»
    «Bist du böse, daß ich gefragt habe?»
    «Warum denn?»
    «Ich bin schläfrig», sagte Bill und legte eine Zeitung über sein Gesicht.
    «Hör mal, Jake», sagte er. «Bist du wirklich ein Katholik?»
    «Der Technik nach.»
    «Was soll das heißen?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Schön. Ich will jetzt schlafen», sagte er. «Halt mich nicht durch dein vieles Fragen wach.»
    Ich schlief auch ein. Als ich aufwachte, packte Bill den Rucksack. Es war Spätnachmittag, der Baumschatten war jetzt lang und dehnte sich über das Wehr. Ich war vom Schlafen auf der Erde ganz steif.
    «Was machst du denn? Wachst du auf?» fragte Bill. «Warum bist du nicht über Nacht geblieben?»
    Ich streckte mich und rieb mir die Augen.
    «Ich hab wunderbar geträumt», sagte Bill. «Ich weiß nicht mehr was, aber es war ein wunderbarer Traum.»
    «Ich glaube, ich habe nichts geträumt.»
    «Du solltest träumen», sagte

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