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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Drink ein. Er erlaubte nicht, daß ich mich revanchierte, sondern sagte, er würde sich den Mund mit einem Schluck aus dem neuen Weinbeutel ausspülen. Er kippte den großen Fünf-Liter-Beutel hoch und drückte ihn, so daß der Wein in seinen Schlund spritzte.
    «Gut», sagte er und gab mir den Beutel zurück.
    Im Hinterzimmer saßen Brett und Bill auf Weinfässern, von den Tänzern umringt. Alle hatten die Arme um die Schultern des Nachbarn geschlungen und alle sangen. Mike saß an einem Tisch mit einigen Männern in Hemdsärmeln und aß aus einer Schüssel Thunfisch, gehackte Zwiebeln und Essig. Sie tranken alle Wein und tunkten Essig und Öl mit Brot auf.
    «Hallo, Jake. Hallo!» rief Mike. «Komm her. Du sollst meine Freunde kennenlernen. Wir essen gerade Horsd’oeuvre.»
    Er stellte mich den Leuten an seinem Tisch vor. Sie halfen Mike mit ihren Namen und ließen eine Gabel für mich kommen.
    «Iß ihnen doch nicht ihr ganzes Essen weg, Mike», rief Brett von ihrem Weinfaß herüber.
    «Ich will Ihnen nicht Ihr Essen wegessen», sagte ich, als mir jemand eine Gabel reichte.
    «Essen Sie», sagte er, «wozu ist es denn da?»
    Ich drehte die Schnauze des großen Weinbeutels auf und reichte ihn rum. Alle nahmen einen Schluck, indem sie den Beutel auf Armeslänge entfernt hielten.
    Draußen hörte man trotz des Gesangs die Musik der vorbeiziehenden Prozession.
    «Ist das nicht die Prozession?» fragte Mike.
    «Nada», sagte jemand. «Ist nichts. Trinken Sie. Die Flasche hoch.»
    «Wo hat man dich aufgetrieben?» fragte ich Mike.
    «Irgendwer hat mich hergebracht», sagte Mike. «Sie sagten, du seist hier.»
    «Wo ist Cohn?»
    «Hat das Rennen aufgegeben», sagte Brett. «Sie haben ihn irgendwo hingebracht.»
    «Wo ist er?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Woher sollen wir’s denn wissen?» sagte Bill. «Ich glaube, er ist tot.»
    «Er ist nicht tot», sagte Mike. «Ich weiß, daß er nicht tot ist. Der Anis del Mono hat ihn ein bißchen außer Gefecht gesetzt.»
    Als er Anis del Mono sagte, blickte einer der Männer an unserem Tisch hoch, zog eine Flasche aus seinem Kittel und reichte sie mir.
    «Nein», sagte ich. «Nein, danke.»
    «Doch, doch. Arriba. Hoch mit der Flasche.»
    Ich nahm einen Schluck. Es schmeckte nach Lakritze und brannte. Ich fühlte, wie es meinen Magen wärmte.
    «Zum Teufel, wo ist Cohn?»
    «Ich weiß nicht», sagte Mike. «Ich werd mal fragen. Wo ist der besoffene Kamerad?» fragte er auf spanisch.
    «Wollen Sie zu ihm?»
    «Ja», sagte ich.
    «Ich nicht», sagte Mike. «Dieser edle Herr.»
    Der Anis del Mono-Mann wischte sich den Mund ab und stand auf. «Kommen Sie.»
    In einem hinteren Zimmer schlief Robert Cohn friedlich auf ein paar Weinfässern. Es war beinahe zu dunkel, um sein Gesicht zu erkennen. Man hatte ihn mit einem Mantel zugedeckt, und ein anderer Mantel lag zusammengefaltet unter seinem Kopf. Um seinen Hals und um seine Brust wand sich ein großer Knoblauchkranz.
    «Lassen Sie ihn nur schlafen, es ist alles in Ordnung», flüsterte der Mann.
    Zwei Stunden später erschien Cohn. Er kam ins Hinterzimmer und hatte noch den Knoblauchkranz um den Hals. Die Spanier erhoben ein Geschrei, als er hereinkam. Cohn rieb sich die Augen und grinste.
    «Ich glaube, ich hab geschlafen», sagte er.
    «Aber nein!» sagte Brett.
    «Du warst nur gestorben», sagte Bill.
    «Wollen wir nicht gehen und Abendbrot essen?» fragte Cohn.
    «Willst du essen?»
    «Ja, warum nicht? Ich hab Hunger.»
    «Iß den Knoblauch, Robert», sagte Mike. «Wirklich, iß den Knoblauch.»
    Cohn stand da. Nach dem Schlafen fühlte er sich wieder ganz wohl.
    «Wir wollen wirklich essen gehen», sagte Brett. «Ich muß baden.»
    «Also los», sagte Bill. «Wir wollen Brett ins Hotel überführen.»
    Wir sagten einer Menge Leute adieu und schüttelten einer Menge Leute die Hand und gingen hinaus. Draußen war es dunkel.
    «Wieviel Uhr mag es sein?» fragte Cohn.
    «Es ist Morgen», sagte Mike. «Du hast zwei Tage lang geschlafen.»
    «Nein», sagte Cohn. «Wieviel Uhr ist es?»
    «Es ist zehn.»
    «Gott, haben wir getrunken.»
    «Du willst sagen, daß wir getrunken haben. Du hast doch geschlafen.»
    Auf unserem Weg durch die dunklen Straßen zum Hotel sahen wir die Raketen auf dem Platz aufsteigen. Durch die Seitenstraßen sah man auf den mit Menschen angefüllten Platz, die in der Mitte alle tanzten.
    Wir aßen eine Riesenmahlzeit im Hotel. Es war die erste Mahlzeit zu doppelten Preisen wegen der Fiesta, und es gab noch einige

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