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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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nicht bewegen. Wir konnten uns nicht durchdrängen, sondern mußten uns langsam in der Menge, die sich wie ein Gletscher der Stadt zuschob, fortbewegen. Wir fühlten unser Gleichgewicht gestört, das war immer so nach einem Stierkampf, und außerdem hatte man ein Gefühl froher Erregung, das immer auf einen guten Stierkampf folgt. Die Fiesta nahm ihren Lauf. Die Trommeln dröhnten, und die Pfeifenmusik schrillte, und überall war das Hin und Her der Menge durch Tanzende unterbrochen. Die Tänzer waren alle inmitten der Menge, so daß man nicht das komplizierte Spiel der Füße beobachten konnte. Alles, was man sehen konnte, waren die Köpfe und Schultern, die auf und ab wogten, auf und ab. Schließlich waren wir aus dem Gewühl heraus und gingen zum Café. Der Kellner reservierte Stühle für die anderen, und jeder von uns bestellte einen Absinth, und dann beobachteten wir die Menge und die Tänzer auf dem Platz.
    «Was ist denn das für ein Tanz?» fragte Bill.
    «Eine Art Jota.»
    «Es ist nicht immer dasselbe. Sie tanzen zu jeder Melodie etwas anderes», sagte Bill.
    «Sie tanzen fabelhaft.»
    Direkt vor uns auf einem freien Stück Straße tanzten ein paar Jungens. Die Schritte waren sehr kompliziert, und ihre Gesichter hatten einen gesammelten und gespannten Ausdruck. Sie sahen alle zur Erde, während sie tanzten. Ihre Schuhe, deren Sohlen aus Tauen geflochten waren, klopften und spritzten auf dem Pflaster. Ihre Zehen, ihre Hacken, ihre Fußballen berührten den Boden. Plötzlich brach die Musik wild ab, die Vorführung war zu Ende, und sie tanzten alle weiter auf der Straße entlang.
    «Da kommt der Adel», sagte Bill.
    Sie kamen über den Damm.
    «Hallo, Leute!» sagte ich.
    «Hallo, Kinder!» sagte Brett. «Ihr habt uns Plätze reserviert? Wie nett von euch.»
    «Wißt ihr», sagte Mike, «dieser Romero, oder wie er heißt, das ist eine Nummer. Hab ich recht?»
    «Ja, ist er nicht schön?» sagte Brett. «Und seine grüne Hose.»
    «Brett konnte sich an ihr gar nicht satt sehen.»
    «Hör mal, morgen mußt du mir dein Fernglas borgen.»
    «Wie ist es denn gewesen?»
    «Glänzend. Einfach großartig. Wißt ihr, das ist ein Schauspiel.»
    «Und das mit den Pferden?»
    «Ich mußte die ganze Zeit über hinsehen.»
    «Sie konnte die Augen nicht von ihnen losreißen», sagte Mike. «Sie ist ein außergewöhnliches Frauenzimmer.»
    «Es ist schon ziemlich ekelhaft, was mit ihnen geschieht», sagte Brett. «Aber trotzdem konnte ich nicht wegsehen.»
    «Nicht elend gefühlt?»
    «Nein, hab mich gar nicht schlecht gefühlt.»
    «Aber Robert Cohn», warf Mike ein. «Du warst ganz grün, Robert.»
    «Das erste Pferd war gräßlich», sagte Cohn.
    «Du hast dich also nicht gelangweilt?» fragte Bill.
    Cohn lachte. «Nein. Es war nicht langweilig. Ich hoffe, ihr nehmt’s mir nicht weiter übel, daß ich das gesagt habe.»
    «Alles gut und schön», sagte Bill, «solange du dich nicht gelangweilt hast.»
    «Er sah nicht gelangweilt aus. Ich dachte, ihm würde schlecht werden.»
    «So schlecht hab ich mich nicht gefühlt. Es war nur ein Augenblick.»
    «Ich dachte, ihm würde schlecht werden. Du hast dich also nicht gelangweilt, Robert, nicht wahr?»
    «Laß gut sein, Mike, ich hab doch gesagt, daß es mir leid tut, daß ich es gesagt habe.»
    «Ihm war schlecht, wißt ihr. Er war absolut grün.»
    «Also hör schon auf, Michael.»
    «Du sollst dich nicht bei deinem ersten Stierkampf langweilen, Robert», sagte Mike. «Es kann direkt unangenehm werden.»
    «Hör schon auf, Michael», sagte Brett.
    «Er hat gesagt, Brett sei sadistisch», sagte Mike. «Brett ist keine Sadistin. Sie ist einfach ein herrliches, gesundes Frauenzimmer.»
    «Bist du eine Sadistin, Brett?» fragte ich.
    «Hoffentlich nicht.»
    «Er hat gesagt, Brett sei sadistisch, einfach weil sie einen guten, gesunden Magen hat.»
    «Wird nicht lange anhalten.»
    Bill lenkte Mike von Cohn ab. Der Kellner brachte die Absinthgläser.
    «Mochtest du es wirklich?» fragte Bill Cohn.
    «Nein, ich kann nicht behaupten, daß es mir gefallen hat. Aber es ist ein wunderbares Schauspiel.»
    «Herrje, was für ein Schauspiel!» sagte Brett.
    «Mir wär’s lieber, die Geschichte mit den Pferden fiele weg», sagte Cohn.
    «Es ist ja unwichtig», sagte Bill. «Nach einer kurzen Zeit merkt man gar nicht mehr, daß es widerwärtig ist.»
    «So im Anfang ist es ein bißchen toll», sagte Brett. «Das ist ein schrecklicher Augenblick, wenn sich der Stier direkt auf das Pferd

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