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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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sie kauften.
    Heute, am ersten Tag der Fiesta von San Fermin, saßen sie in den Weinhandlungen in den engen Straßen vom frühen Morgen an. Als ich früh am Morgen die Gassen zur Messe in der Kathedrale entlangging, hörte ich sie bei offenen Türen in den Weinhandlungen singen. Sie heizten ein bißchen ein. Bei der Elf-Uhr-Messe waren viele Leute. San Fermin ist auch ein kirchlicher Festtag.
    Ich ging den Berg von der Kathedrale hinunter und die Straße hinauf zum Café auf dem Platz. Es war gegen Mittag. Robert Cohn und Bill saßen an einem der Tische. Die Tische mit den Marmorplatten und die Rohrstühle waren verschwunden. Man hatte sie durch gußeiserne Tische und Klappstühle ersetzt. Das Café sah wie ein zum Gefecht bereites Kriegsschiff aus. Heute ließen einen die Kellner den ganzen Morgen über nicht in Ruhe lesen, ohne einen zu fragen, was man bestellen wollte. Kaum saß ich, kam ein Kellner heran.
    «Was trinkt ihr?» fragte ich Bill und Robert.
    «Sherry», sagte Cohn.
    «Jerez», sagte ich zu dem Kellner.
    Bevor der Kellner den Sherry gebracht hatte, stieg die Rakete, die den Beginn der Fiesta ankündigte, auf dem Platz in die Höhe. Sie zerplatzte, und ein grauer Rauchball hing hoch über dem Teatro Gayarre, drüben auf der anderen Seite des Platzes, in der Luft. Der Rauchball hing am Himmel wie ein explodiertes Schrapnell, und während ich hinaufsah, tröpfelte eine zweite Rakete Rauch in das strahlende Sonnenlicht. Ich sah das helle Aufflammen beim Zerplatzen und eine zweite kleine Rauchwolke erschien. Bis die zweite Rakete explodiert war, hatte sich in den Arkaden, die noch eine Minute vorher ganz leer gewesen waren, eine solche Menschenmenge angesammelt, daß der Kellner, der die Flasche hoch über seinem Kopf hielt, kaum durch das Gewühl zu unserem Tisch vordringen konnte. Von allen Seiten drängten die Leute auf den Platz, und man hörte die Pfeifen, Querpfeifen und Trommeln die Straße herunterkommen. Sie spielten die Riauriau-Musik mit schrillenden Pfeifen und dröhnenden Trommeln, und hinter ihnen tanzten Männer und Jungens. Sobald die Pfeifenspieler aufhörten, hockten sich alle auf der Straße hin, und wenn die Rohrflöten und die Pfeifen gellten und die tiefen, trocken und hohl klingenden Trommeln den Takt wieder schlugen, sprangen alle tanzend in die Höhe. Man sah in dem Gewühl nur die Köpfe und Schultern der Tanzenden sich auf und ab bewegen.
    Auf dem Platz spielte ein verkrüppelter Mann die Rohrpfeife, und ein Haufen Kinder lief ihm schreiend nach und zog ihn am Rock. Er kam über den Platz, die Kinder immer hinter ihm her, und pfiff sie an dem Café entlang und eine Seitenstraße hinunter. Wir sahen sein ausdrucksloses, pockennarbiges Gesicht, als er vorüberging, und dicht hinter ihm her schreiende und an seinem Rock zerrende Kinder.
    «Das ist sicher der Dorftrottel», sagte Bill. «Mein Gott, sieh dir das an.»
    Die Straße herunter kamen Tanzende. Die Straße war mit Tänzern angefüllt, nur Männer. Sie tanzten alle im Takt hinter ihren Pfeifenspielern und Trommlern her. Sie gehörten irgendeinem Verein an und trugen alle blaue Arbeitskittel und rote Taschentücher um den Hals und ein großes Banner zwischen zwei Stangen. Das Banner tanzte mit ihnen auf und ab, als sie, von der Menge umgeben, die Straße herunterkamen.
    «Es lebe der Wein! Es leben die Fremden!» stand auf ihrem Banner.
    «Wo sind die Fremden?» fragte Robert Cohn.
    «Wir sind die Fremden», sagte Bill.
    Die ganze Zeit über stiegen Raketen in die Luft. Die Tische der Cafés waren jetzt alle besetzt. Der Platz leerte sich, und die Leute füllten die Cafés.
    «Wo sind Brett und Mike?» fragte Bill.
    «Ich geh und hol sie», sagte Cohn.
    «Bring sie her.»
    Die Fiesta hatte wirklich begonnen. Sie dauerte Tag und Nacht, sieben Tage lang. Man tanzte und trank unentwegt, und der Lärm nahm kein Ende. Das, was so passierte, konnte nur während einer Fiesta passieren. Schließlich wurde alles ganz unwirklich, und es schien, als ob nichts während der Fiesta irgendwelche Folgen haben könne. Es schien gänzlich unangebracht, während der Fiesta an Folgen zu denken. Die ganze Fiesta über hatte man das Gefühl, selbst wenn es ruhig war, daß man alles, was man sagen wollte, schreien müsse, damit die anderen es hörten. Und so war es mit allem, was man tat. Es war eine Fiesta, und sie dauerte sieben Tage lang.
    Am Nachmittag war die große religiöse Prozession. San Fermin wurde von einer Kirche in die andere

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