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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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dichte Menschenmasse, und die nach außen liegenden Balkons und der obere Teil des Torils, alles war schwarz von Leuten. Ich hörte die Rakete losgehen und wußte, daß ich nicht mehr zur Zeit in den Toril kommen konnte, um die Stiere kommen zu sehen, darum schob ich mich durch die Menge an den Zaun. Man stieß mich dicht an die Bretter. Zwischen den beiden Zäunen drängte die Polizei die Leute, die in den Toril trotteten, zurück. Dann rannten plötzlich Leute vorbei. Ein Betrunkener glitt aus und fiel hin. Zwei Polizisten ergriffen ihn und zerrten ihn schnell an den Zaun. Die Menge lief jetzt schnell. Die Menge stieß einen Schrei aus, und als ich meinen Kopf durch die Bretter zwängte, sah ich gerade, wie die Stiere aus der Straße herauskamen und in die lange Renngasse einbogen. Sie liefen schnell und holten Raum zwischen sich und der Menge auf. In dem Moment setzte sich ein anderer Betrunkener vom Zaun aus mit einer Bluse in der Hand in Bewegung. Er wollte capa- Arbeit an den Stieren vorführen. Die zwei Polizisten stürzten sich auf ihn, ergriffen ihn am Kragen, einer schlug ihn mit einem Knüppel, dann zogen sie ihn gegen den Zaun und standen platt gegen den Zaun gepreßt in dem Augenblick, als der letzte aus der Menge vorbeigelaufen war und die Stiere heranschossen. Vor den Stieren liefen so viele Leute her, daß die Masse sich staute und nur langsam durch das Tor in den Toril gelangen konnte, und als die Stiere alle zusammen schwer galoppierend, die Flanken mit Kot bespritzt, mit geschwungenen Hörnern vorbeikamen, schoß einer vor, faßte einen Mann aus der laufenden Menge im Rücken und hob ihn in die Luft. Beide Arme des Mannes hingen seitwärts herunter, sein Kopf fiel nach hinten, als das Horn sich in ihn bohrte und der Stier ihn hochhob und dann fallen ließ. Der Stier ergriff einen anderen Mann, der vor ihm lief, aber der Mann verschwand in der Menge, und die Menge drängte durch das Tor und in den Toril, immer die Stiere im Rücken. Die rote Tür des Torils schloß sich, die Menge auf den äußeren Baikonen des Torils drängte sich hinein, dann ertönte ein Schrei und noch ein Schrei.
    Der durchbohrte Mann lag mit dem Gesicht in dem zertrampelten Schlamm. Leute kletterten über den Zaun, und ich konnte den Mann nicht mehr sehen, weil das Gewühl um ihn herum zu groß war. Aus dem Innern des Torils kamen die Schreie. Jeder Schrei bedeutete, daß ein Stier die Menge angegriffen hatte. Man konnte nach der Intensität des Schreis urteilen, wie schlimm das war, was drinnen passierte. Dann ging eine Rakete in die Höhe; die Ochsen hatten also die Stiere aus dem Toril in die Umfriedungen gebracht. Ich verließ den Zaun und begann meinen Heimweg zur Stadt.
    Als ich wieder in der Stadt war, ging ich zurück ins Café, um noch einmal zu frühstücken, Kaffee und gebutterten Toast. Die Kellner fegten das Café aus und wischten die Tische ab. Einer kam herüber und nahm meine Bestellung entgegen.
    «Ist etwas bei dem encierro passiert?»
    «Ich habe nicht alles gesehen. Ein Mann ist schlimm cogida.»
    «Wo?»
    «Hier.» Ich legte meine Hand aufs Kreuz und die andere auf die Brust, wo das Horn durchgekommen sein mußte. Der Kellner nickte und fegte mit seinem Tuch die Brotkrümel vom Tisch.
    «Schlimm cogida», sagte er. «Alles aus Sport. Alles aus Spaß vergnügen.»
    Er ging weg und kam mit den langstieligen Kaffee-und Milchkannen zurück. Er schenkte mir Milch und Kaffee ein. Aus den langen Schnauzen flössen zwei Ströme in die große Tasse. Der Kellner nickte mit dem Kopf.
    «Schlimm durch den Rücken cogida», sagte er. Er stellte die Kannen auf den Tisch und setzte sich auf einen Stuhl. «Eine große Hornwunde. Nur zum Vergnügen. Aus reiner Vergnügungssucht. Wie finden Sie das?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Das ist es ja gerade. Nur zum Spaß. Spaß, verstehen Sie?»
    «Sind Sie kein aficionado?»
    «Ich? Was sind denn Stiere groß? Tiere. Brutale Tiere.» Er stand auf und legte die Hand auf sein Kreuz. «Grade ins Kreuz… eine cornada glatt durch den Rücken. Rein zum Spaß, verstehen Sie?»
    Er schüttelte den Kopf und trug die Kannen weg. Zwei Männer kamen auf der Straße vorbei. Der Kellner rief sie an. Sie sahen ernst aus. Einer schüttelte den Kopf und rief: «Muerto!»
    Der Kellner nickte. Die beiden Männer gingen weiter. Sie waren auf einem Botengang. Der Kellner kam herüber an meinen Tisch.
    «Haben Sie gehört? Muerto. Tot. Er ist tot. Mit einem Horn mittendurch. Alles für einen

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