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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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über den Kopf. Mike stützte mich, und ich saß plötzlich auf einem Stuhl. Mike zog an meinen Ohren.
    «Weißt du, du warst einfach weg», sagte Mike.
    «Und wo, zum Teufel, warst du?»
    «Na, ich war hier.»
    «Wolltest dich nicht einmischen?»
    «Er hat Mike auch niedergeboxt», sagte Edna.
    «Er hat mich nicht k. o. geschlagen», sagte Mike, «ich hab nur so dagelegen.»
    «Passiert das jeden Abend bei euern Fiestas?» fragte Edna. «War das nicht Mr. Cohn?»
    «Mir ist wieder ganz gut», sagte ich, «nur mein Kopf ist noch ein bißchen benommen.»
    Mehrere Kellner und eine Masse Leute standen umher.
    «Vaya», sagte Mike. «Macht, daß ihr fortkommt, los, los.»
    Die Kellner drängten die Leute hinaus.
    «Es war fabelhaft anzusehen», sagte Edna. «Er ist wohl ein Boxer?»
    «Ja.»
    «Schade, daß Bill nicht hier war», sagte Edna. «Ich hätte so gern auch Bill am Boden gesehen. Ich wollte Bill immer mal am Boden sehen. Er ist so groß.»
    «Ich hoffte, daß er einen Kellner niederschlagen würde», sagte Mike, «und dann festgenommen würde. Ich sähe Mr. Robert Cohn gern im Gefängnis.»
    «Nein», sagte ich.
    «Aber nein», sagte Edna. «Das ist nicht Ihr Ernst.»
    «Ich kann mir nicht helfen, ich würde es gern sehen», sagte Mike. «Ich bin keiner von den Kerlen, die sich gern k. o. schlagen lassen. Ich treib deshalb auch keinen Sport.»
    Mike nahm einen Schluck.
    «Ich bin niemals gern auf Jagd gegangen, wißt ihr. Es besteht ständig die Gefahr, daß so ein Pferd auf einen rauffällt. Wie geht’s dir denn jetzt, Jake?»
    «Gut.»
    «Sie gefallen mir», sagte Edna zu Mike. «Sind Sie wirklich ein Bankrotteur?»
    «Ich bin ein Riesenbankrotteur», sagte Mike. «Ich schulde allen Leuten Geld. Schulden Sie niemandem Geld?»
    «Doch, tonnenweise.»
    «Ich schulde allen Leuten Geld», sagte Mike. «Ich hab heut abend 100 Peseten von Montoya geborgt.»
    «Zum Teufel, was fällt dir ein?» sagte ich.
    «Ich werd’s zurückzahlen», sagte Mike. «Ich zahl immer alles zurück.»
    «Deswegen sind Sie wohl bankrott, ja?» sagte Edna.
    Ich stand auf. Ich hörte sie nur wie aus weiter Ferne sprechen. Es schien alles wie ein schlechtes Theaterstück.
    «Ich geh rüber ins Hotel», sagte ich. Dann hörte ich, wie sie über mich sprachen.
    «Ist er denn wieder in Ordnung?» fragte Edna.
    «Wir gehen lieber mit ihm mit.»
    «Ich bin wieder ganz in Ordnung», sagte ich. «Bleibt nur. Ich treff euch später.»
    Ich ging aus dem Café weg. Sie saßen am Tisch. Ich drehte mich nach ihnen und den leeren Tischen um. An einem Tisch saß ein Kellner, der sein Gesicht in die Hand stützte.
    Als ich so über den Platz zum Hotel ging, sah alles neu und verändert aus. Ich hatte die Bäume nie vorher gesehen. Ich hatte auch die Fahnenpfosten und die Fassade des Theaters nie vorher gesehen. Es war alles verändert. Ich fühlte mich wie damals, als ich von einem Footballspiel auf dem Lande nach Hause kam. Ich trug eine Handtasche mit meinen Footballsachen und ging die Straße zum Bahnhof in die Stadt hinein, in der ich doch mein ganzes Leben gelebt hatte, und alles war neu. Der Rasen wurde geharkt, und man verbrannte Laub auf dem Weg, und ich blieb lange stehen und sah zu. Alles war seltsam. Dann ging ich weiter, und meine Füße schienen ewig weit weg von mir zu sein, und alles schien wie aus weiter Ferne zu kommen, und ich konnte meine Füße ganz weit weg von mir gehen hören. Ich hatte ziemlich zu Anfang des Spiels etwas gegen den Kopf bekommen. Es war genauso wie jetzt, als ich den Platz überquerte. Genauso war es auch, als ich die Stufen im Hotel hinaufging. Um die Treppe hinaufzugehen, brauchte ich eine Ewigkeit, und ich hatte das Gefühl, als ob ich meine Reisetasche schleppte. Im Zimmer war Licht. Bill kam mir auf dem Korridor entgegen.
    «Hör mal», sagte er, «geh rauf und sieh dich mal nach Cohn um. Es scheint ihm sehr dreckig zu gehen, hat immerfort nach dir gefragt.»
    «Zum Teufel mit ihm.»
    «Na, geh mal und sieh dich nach ihm um.»
    Ich hatte keine Lust, noch eine Treppe hinaufzuklettern.
    «Warum siehst du mich denn so an?»
    «Ich seh dich gar nicht an. Geh mal rauf und kümmere dich um Cohn. Er ist in einer schrecklichen Verfassung.»
    «Du warst vor kurzer Zeit noch betrunken», sagte ich.
    «Ich bin auch jetzt noch betrunken», sagte Bill. «Geh aber trotzdem rauf zu Cohn. Er braucht dich.»
    «Gut», sagte ich. Es handelte sich eben nur um noch mehr Treppen. Ich ging die Treppe hinauf und trug immer noch

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