Fiesta
meine eingebildete Reisetasche. Ich ging den Gang entlang bis zu Cohns Zimmer. Die Tür war zu und ich klopfte.
«Wer ist da?»
«Barnes.»
«Komm rein, Jake.»
Ich öffnete die Tür, ging hinein und stellte meine Reisetasche ab. Im Zimmer war kein Licht. Cohn lag in der Dunkelheit mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett.
«Hallo, Jake.»
«Sag nicht Jake zu mir.»
Ich stand an der Tür. Genauso war ich auch damals nach Hause gekommen. Was ich jetzt brauchte war ein heißes Bad. Ein tiefes, heißes Bad, in dem man sich ausstrecken konnte.
«Wo ist das Badezimmer?» fragte ich.
Cohn weinte. Da lag er mit dem Gesicht im Bett vergraben und weinte. Er hatte ein weißes Polohemd an von der Sorte, die er in Princeton getragen hatte.
«Es tut mir leid, Jake. Bitte, verzeih mir.»
«Einen Dreck werd ich dir verzeihen.»
«Bitte, verzeih mir, Jake.»
Ich sagte nichts. Ich stand an der Tür.
«Ich war wahnsinnig. Du weißt doch, wie es war.»
«Ach, laß schon gut sein.»
«Ich konnte das mit Brett nicht mehr aushalten.»
«Du hast mich einen Zuhälter genannt.»
Es war mir alles egal. Ich brauchte ein heißes Bad, ich brauchte ein heißes Bad mit viel, viel Wasser.
«Ich weiß. Bitte, vergiß es. Ich war verrückt.»
«Also gut.»
Er weinte. Seine Stimme klang seltsam. Er lag in seinem weißen Hemd auf dem Bett in der Dunkelheit. Seinem Polohemd.
«Ich fahre morgen früh weg.»
Er weinte, ohne Geräusch.
«Ich konnte es einfach mit Brett nicht mehr ertragen. Es war die Hölle selbst, Jake. Einfach die Hölle. Als ich Brett hier traf, behandelte sie mich wie einen absolut Fremden. Ich konnte es einfach nicht aushalten. Wir lebten in San Sebastian zusammen. Du weißt es ja. Ich kann’s nicht mehr aushalten.»
Er lag da auf seinem Bett.
«Na», sagte ich. «Ich will jetzt baden.»
«Du warst mein einziger Freund, und ich liebte Brett so.»
«Also», sagte ich. «Bis nachher.»
«Ich glaube, es hat alles keinen Zweck», sagte er. «Es hat nicht den geringsten Zweck.»
«Was?»
«Alles. Bitte, Jake, sag, daß du mir verzeihst.»
«Natürlich», sagte ich. «Es ist alles wieder in Ordnung.»
«Ich fühlte mich so grauenhaft. Ich bin durch eine solche Hölle gegangen, Jake. Jetzt ist alles weg und kaputt. Alles.»
«Also», sagte ich. «Bis nachher. Ich muß jetzt gehen.»
Er rollte herum, saß auf dem Bettrand und stand dann auf.
«Bis nachher, Jake», sagte er. «Gib mir die Hand, ja?»
«Natürlich. Warum nicht?»
Wir gaben einander die Hand. In der Dunkelheit konnte ich sein Gesicht nicht deutlich sehen.
«Also», sagte ich, «dann seh ich dich morgen.»
«Ich fahr morgen weg.»
«Ach ja», sagte ich.
Ich ging hinaus. Cohn stand in der Tür seines Zimmers.
«Wie fühlst du dich denn, Jake?» fragte er.
«Ach», sagte ich, «ganz gut.»
Ich konnte das Badezimmer nicht gleich finden. Ich fand es erst nach einer Weile. Es hatte eine tiefe, steinerne Badewanne. Ich drehte die Hähne auf, aber das Wasser lief nicht. Ich setzte mich auf den Rand der Badewanne. Als ich wieder aufstand, bemerkte ich, daß ich meine Schuhe ausgezogen hatte. Ich suchte sie, fand sie und trug sie nach unten. Ich fand mein Zimmer, ging hinein, zog mich aus und ging zu Bett.
Ich erwachte mit Kopfweh und hörte den Krach der Musikkapellen, die unten auf der Straße vorbeizogen. Ich erinnerte mich, daß ich Bills Freundin Edna versprochen hatte, sie mitzunehmen und ihr die Stiere in den Straßen auf dem Weg in den Toril zu zeigen. Ich zog mich an, ging hinunter und in den kalten, frühen Morgen hinaus. Viele Leute überquerten den Platz und eilten dem Toril zu. Drüben jenseits des Platzes standen die zwei Reihen Menschen vor den Billettschaltern immer noch an. Sie warteten immer noch auf die Billetts, die um sieben Uhr verkauft werden sollten. Ich eilte über die Straße ins Café. Der Kellner sagte mir, daß meine Freunde hiergewesen, aber schon wieder fort seien.
«Wieviel waren es?»
«Zwei Herren und eine Dame.»
Das war also in Ordnung. Bill und Mike waren mit Edna. Sie hatte gestern abend Angst gehabt, daß sie sie im Stich lassen könnten. Deshalb sollte ich sie auf jeden Fall mitnehmen. Ich trank meinen Kaffee und eilte mit den anderen Leuten zum Toril. Ich war jetzt nicht mehr benommen, hatte nur starkes Kopfweh. Alles sah scharf und klar aus, und die Stadt roch nach frühem Morgen.
Die Strecke zwischen der Stadt und dem Toril war schlammig. Den ganzen Zaun entlang, der zum Toril führte, stand eine
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