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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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holen. Sie pflegt diesen Romero jungen.»
    Er goß sich eine zweite Flasche Bier ein.
    «Brett ist ziemlich erledigt, aber sie pflegt Leute leidenschaftlich gern. Auf diese Art sind wir auch zusammen auf und davon. Sie pflegte mich.»
    «Ich weiß», sagte ich.
    «Ich bin ziemlich betrunken», sagte Mike. «Ich werde ziemlich betrunken bleiben. Das ist alles furchtbar komisch, aber nicht besonders erfreulich. Jedenfalls nicht für mich.»
    Er trank sein Bier aus.
    «Wißt ihr, ich hab’s Brett gegeben. Ich hab ihr gesagt, daß wenn sie sich mit Juden und Stierkämpfern und solcher Sorte Leute einläßt, sie nichts anderes als Unannehmlichkeiten erwarten könne.» Er beugte sich vornüber. «Hör mal, Jake, bist du böse, wenn ich dir da deine Flasche wegtrinke? Sie kann dir ja eine neue bringen.»
    «Bitte», sagte ich. «Ich trink sie sowieso nicht.»
    Mike begann die Flasche zu öffnen. «Würdest du sie mir wohl aufmachen?»
    Ich preßte den Metallverschluß in die Höhe und goß ihm ein.
    «Weißt du», fuhr Mike fort, «Brett war großartig. Sie ist immer großartig. Ich hab ihr über Juden und Stierkämpfer ganz gehörig meine Meinung gesagt, und über all solche Leute, und wißt ihr, was sie geantwortet hat? ‹Ja, ich hab in der englischen Aristokratie ein so verdammt glückliches Leben geführt.›»
    Er trank einen Schluck.
    «Das war doch großartig. Weißt du, dieser Ashley, von dem sie den Titel hat, war bei der Marine. Der neunte Baron. Wenn er nach Hause kam, wollte er unter keiner Bedingung in einem richtigen Bett schlafen. Brett mußte immer mit ihm auf der Erde schlafen. Zum Schluß, wie er wirklich verdreht wurde, hat er ihr immer mit Erschießen gedroht. Schlief ständig mit einem geladenen Dienstrevolver. Brett nahm immer die Patronen heraus, wenn er eingeschlafen war. Sie hat kein absolut glückliches Leben geführt, Brett. Eine verdammte Schande, wo sie alles so genießt.»
    Er stand auf. Seine Hand zitterte.
    «Ich geh in mein Zimmer… Will versuchen, ob ich ein bißchen schlafen kann.»
    Er lächelte.
    «Man ist viel zu lange ohne Schlaf bei den Fiestas. Ich werde aber jetzt anfangen und mich ordentlich ausschlafen. Verdammt ungesunde Sache, zu wenig zu schlafen. Macht einen schrecklich nervös.»
    «Also dann sieht man dich mittags im Iruna», sagte Bill.
    Mike ging zur Tür hinaus. Wir hörten ihn nebenan.
    Er klingelte, und das Zimmermädchen kam und klopfte an die Tür.
    «Bringen Sie mir ein halbes Dutzend Flaschen Bier und eine Flasche Fundador», sagte Mike zu ihr.
    «Si, Señorito.»
    «Ich geh zu Bett», sagte Bill. «Armer alter Mike. Ich hatte gestern abend seinetwegen einen Heidenkrach.»
    «Wo? In dieser Milanospelunke?»
    «Ja. Da saß ein Kerl, der Brett und Mike mal in Cannes ausgelöst hatte und der verdammt ekelhaft war.»
    «Ich kenne die Geschichte.»
    «Ich nicht. Niemand sollte das Recht haben, irgendwas über Mike zu sagen.»
    «Das macht es ja gerade so schlimm.»
    «Niemand sollte ein Recht dazu haben. Ich wünschte so, daß sie kein Recht dazu hätten. Ja, ich geh zu Bett.»
    «Ist in der Arena jemand getötet worden?»
    «Ich glaube nicht. Nur schwer verletzt.»
    «Draußen auf der Rennstrecke ist ein Mann getötet worden.»
    «So?» sagte Bill.

11
    Mittags waren wir alle im Café. Es war überfüllt. Wir aßen Garnelen und tranken Bier. Die Stadt war überfüllt. Jede Straße war voll. Unausgesetzt kamen riesige Autobusse aus San Sebastian und Biarritz an und parkten um den Platz herum. Sie brachten Leute, die die Stierkämpfe sehen wollten. Wir sahen auch Gesellschafts-Tourenbusse ankommen. Einer war da mit 25 Engländerinnen. Sie saßen in dem großen weißen Wagen und sahen sich durch ihre Brillen die Fiesta an. Die Tänzer waren alle betrunken. Es war der letzte Tag der Fiesta.
    Die Fiesta nahm ungestört und ohne Unterbrechung ihren Lauf. Die Autos und Busse bildeten kleine Inseln von Zuschauern. Wenn sich die Wagen entleert hatten, verschwanden die Zuschauer in der Menge. Man sah sie nicht wieder, außer etwa als seltsam aussehende Sportanzüge zwischen eng aneinandergedrängten Bauern in schwarzen Kitteln an irgendeinem Tisch. Die Fiesta verschluckte selbst die Engländer aus Biarritz, so daß man sie nur sah, wenn man dicht an ihrem Tisch vorbeikam. Die ganze Zeit über spielte die Musik auf der Straße. Die Trommeln dröhnten, und die Pfeifen gellten. In den Cafés sangen Männer, die sich entweder mit den Händen am Tisch festklammerten oder ihre

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