Fiesta
blickte.
«Komm», flüsterte sie wie erstickt. «Wir wollen hier raus. Macht mich verdammt nervös.»
Draußen in der heißen Helligkeit der Straße sah Brett zu den Wipfeln der Bäume hinauf, die sich im Wind bewegten. Das Beten war nicht sehr erfolgreich gewesen.
«Ich weiß nicht, warum ich in der Kirche immer so nervös werde», sagte Brett. «Tut mir nicht gut.»
Wir gingen weiter.
«Ich eigne mich verdammt schlecht für jede religiöse Atmosphäre», sagte Brett. «Muß an meinem Gesicht liegen… Weißt du», sagte sie, «ich habe gar keine Angst um ihn. Ich bin einfach glücklich über ihn.»
«Gut.»
«Aber ich möchte doch, daß der Wind sich legt.»
«Wahrscheinlich legt er sich gegen fünf Uhr.»
«Wollen hoffen.»
«Du kannst ja beten.» Ich lachte.
«Hilft mir nie. Ich habe nie irgendwas bekommen, um das ich gebetet habe. Du?»
«O doch.»
«Ach Unsinn», sagte Brett. «Aber es kann schon sein, daß es bei manchen Leuten funktioniert. Du siehst eigentlich nicht furchtbar fromm aus, Jake.»
«Ich bin es aber.»
«Ach Unsinn», sagte Brett. «Fang nicht heute mit Bekehren an. Es wird sowieso schon schlimm genug werden.»
Es war das erste Mal, nachdem sie damals mit Cohn fortgefahren war, daß ich sie wieder in ihrer alten glücklichen, sorglosen Art sah. Wir standen wieder vor dem Hotel. Alle Tische waren jetzt gedeckt, und an manchen wurde sogar schon gegessen.
«Kümmere dich doch, bitte, um Mike», sagte Brett, «damit er sich nicht zu schlimm fühlt.»
«Ihre Freunde sind raufgegangen», sagte der deutsche Oberkellner in sehr schlechtem Englisch. Er horchte ständig herum. Brett wandte sich an ihn:
«Danke bestens. Haben Sie sonst noch was zu sagen?»
«Nein, gnä’ Frau.»
«Schön», sagte Brett.
«Reservieren Sie einen Tisch für drei», sagte ich zu dem Deutschen. Er lächelte sein dreckiges kleines rosaweißes Lächeln.
«Ißt die Dame hier?»
«Nein», sagte Brett.
«Dann wird wohl ein Tisch für zwei genügen.»
«Sprich doch nicht mit ihm», sagte Brett. «Mike muß in einem schönen Zustand gewesen sein», sagte sie auf der Treppe. Wir kamen auf der Treppe an Montoya vorbei. Er verbeugte sich, lächelte aber nicht.
«Ich seh dich nachher im Café», sagte Brett. «Noch tausend Dank, Jake.»
Wir waren auf der Etage, in der unsere Zimmer lagen.
Sie ging den Korridor entlang und in Romeros Zimmer. Sie klopfte nicht an. Sie öffnete einfach die Tür, ging hinein und schloß sie hinter sich.
Ich stand vor Mikes Zimmertür und klopfte an. Es kam keine Antwort. Ich drückte auf die Klinke, die Tür ging auf. Drinnen im Zimmer war eine wilde Unordnung. Alle Handtaschen waren geöffnet und überall lagen Kleidungsstücke verstreut. Neben dem Tisch standen leere Flaschen. Mike lag auf dem Bett und sah wie seine eigene Totenmaske aus. Er öffnete die Augen und sah mich an.
«Hallo, Jake», sagte er langsam. «Ich schlafe gerade ein bißchen. Ich hab schon lange ein bißchen Schlaf gebraucht.»
«Ich werd dich zudecken.»
«Nein. Ich bin ganz warm… Geh noch nicht weg. Ich bin noch nicht eingeschlafen.»
«Wirst schon bald schlafen, Mike. Sorg dich nicht, alter Kerl.»
«Brett hat einen Stierkämpfer», sagte Mike. «Aber ihr Jude ist weg.»
Er wandte den Kopf und sah mich an.
«Verdammt angenehm, was?»
«Ja. Und jetzt schlaf, Mike, jetzt mußt du schlafen.»
«Ich will gerade, ich werde ein bißchen schlafen.»
Er schloß die Augen. Ich ging aus dem Zimmer und machte die Tür leise zu.
Bill war in meinem Zimmer und las die Zeitung.
«Warst du bei Mike?»
«Ja.»
«Komm, wir wollen essen gehen.»
«Ich esse nicht unten bei dem deutschen Oberkellner. Er war verdammt rotznäsig, als ich Mike die Treppe raufbrachte.»
«Zu uns war er auch pöbelhaft.»
«Wir wollen irgendwo in der Stadt essen.»
Wir gingen die Treppe hinunter. Auf der Treppe kamen wir an einem Mädchen mit einem zugedeckten Tablett vorbei.
«Das ist Bretts Lunch», sagte Bill.
«Und das von dem Jungen», sagte ich.
Draußen auf der Terrasse unter den Arkaden kam der deutsche Oberkellner auf uns zu. Seine roten Backen glänzten. Er tat höflich.
«Ich habe für die Herren einen Tisch reserviert», sagte er.
«Setz dich selbst dran», sagte Bill. Wir gingen hinaus und überquerten die Straße.
Wir aßen in einem Restaurant in einer Seitenstraße des Platzes. Dort aßen nur Männer. Es war voller Rauch und Trinken und Gesang. Das Essen und der Wein waren gut. Wir sprachen nicht
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