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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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und auf Ihrem Schoß halten.»
    Brett faltete die schwere capa zusammen.
    Romero sah nicht zu uns empor. Er unterhielt sich mit Belmonte. Belmonte hatte seine Staats- capa zu irgendwelchen Freunden gesandt. Er sah zu ihnen hinüber und lächelte sein Wolfslächeln, das er nur mit dem Munde lächelte. Romero lehnte sich über die barrera und bat um den Wasserkrug. Der Degenträger brachte einen, und Romero goß Wasser über den Perkal seiner Kampf- capa und scharrte dann die untersten Falten mit seinen Schuhen im Sand hin und her.
    «Wozu macht man das?» fragte Brett.
    «Damit sie im Wind ein gewisses Gewicht besitzt.»
    «Sein Gesicht sieht böse aus», sagte Bill.
    «Er fühlt sich sehr schlecht», sagte Brett. «Er sollte im Bett sein.»
    Der erste Stier war für Belmonte. Belmonte machte seine Sache sehr gut. Aber da er 30000 Peseten bekam und die Leute die ganze Nacht über angestanden hatten, um Billetts zu kaufen, um ihn zu sehen, verlangte die Menge von ihm, daß er besser als sehr gut sei. Belmontes Anziehungskraft beruhte auf seiner Naharbeit. Im Stierkampf spricht man von dem Gebiet des Stiers und dem Gebiet des Stierkämpfers. Solange ein Stierkämpfer auf seinem Gebiet bleibt, kann ihm verhältnismäßig wenig passieren. Jedesmal, wenn er das Gebiet des Stiers betritt, begibt er sich in große Gefahr. Belmonte arbeitete in seinen besten Tagen nur im Gebiet des Stiers. Auf diese Weise rief er das Gefühl einer kommenden Tragödie hervor. Die Leute gingen zur Corrida, um Belmonte zu sehen, um tragische Sensationen, ja vielleicht seinen Tod zu erleben. Vor fünfzehn Jahren schon sagte man, wenn man Belmonte sehen wolle, solle man sich beeilen; jetzt sei er noch am Leben. Seitdem hatte er mehr als tausend Stiere getötet. Als er sich zurückzog, wuchs eine Legende um seinen Kampfstil, und als er wieder in die Öffentlichkeit trat, war das Publikum enttäuscht, weil kein Sterblicher so nah am Stier arbeiten konnte, wie es Belmonte getan haben sollte, und er selbst natürlich auch nicht.
    Außerdem stellte Belmonte Bedingungen und bestand darauf, daß seine Stiere weder zu groß waren noch zu gefährliche Hörner besaßen, also fiel das Element weg, das notwendig war, um die Sensation einer Tragödie hervorzurufen, und das Publikum, das dreimal soviel von Belmonte, der sich durch eine Fistel nicht auf der Höhe fühlte, erwartet hatte, als er je hatte geben können, fühlte sich bemogelt und betrogen, und Belmontes Kiefer trat vor Verachtung noch weiter hervor, und sein Gesicht wurde noch gelber, und er bewegte sich schwerfälliger, als seine Schmerzen zunahmen, und schließlich war die Menge aktiv gegen ihn, und er war vollkommen gleichgültig und voller Verachtung. Er hatte einen großen Nachmittag erwartet, und statt dessen war es ein Nachmittag voll Hohn und lauten Beleidigungen. Schließlich warf man ihm von allen Seiten Kissen und Brotstücke und Gemüse in die Arena, wo er seine größten Triumphe gefeiert hatte. Nur sein Kiefer trat weiter hervor. Manchmal lächelte er sein langkiefriges, lippenloses Lächeln, das seine Zähne entblößte, wenn man ihm ein besonders beleidigendes Schimpfwort zurief, und der Schmerz, den jede Bewegung hervorrief, wurde schlimmer und schlimmer, bis schließlich sein Gesicht wie Pergament aussah. Nachdem sein zweiter Stier tot war und man nicht mehr Brot und Kissen hinabwarf, nachdem er mit demselben Wolfskieferlächeln und dem gleichen verächtlichen Ausdruck sich vor dem Präsidenten verneigt hatte, nachdem er seinen Degen über die barrera zum Abwischen gereicht hatte, damit man ihn wieder in das Futteral stecken konnte, ging er in den callejon und lehnte an der barrera unter uns, den Kopf in den Armen, ohne etwas zu hören oder zu sehen, ganz seinen Schmerzen ausgeliefert. Als er schließlich aufsah, bat er um einen Schluck Wasser. Er trank ein wenig, spülte seinen Mund aus, spuckte das Wasser aus, nahm seine capa und ging in die Arena zurück.
    Weil das Publikum gegen Belmonte gewesen war, war es für Romero. Von dem Augenblick an, da er die barrera verließ und sich dem Stier näherte, applaudierte man ihm. Belmonte beobachtete Romero, beobachtete ihn, ohne sich den Anschein zu geben; Marcial beachtete er nicht. Von ihm wußte er alles. Er war noch einmal vor die Öffentlichkeit getreten, um sich mit Marcial zu messen, und hatte vorher gewußt, daß es ein gewonnenes Spiel sei. Er hatte erwartet, sich mit Marcial und all den anderen Größen der Decadence zu

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