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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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halben veronica, mit dem Rücken gegen den Stier, und löste sich, als der Applaus einsetzte, von dem Stier, der seinen Rücken sich entfernen sah, eine Hand auf der Hüfte, die capa über dem Arm.
    Bei seinen eigenen Stieren war er einfach vollkommen. Sein erster Stier sah nicht gut. Nach den ersten zwei Gängen mit der capa wußte Romero ganz genau, wie stark seine Sehkraft beeinträchtigt war. Er arbeitete dementsprechend. Es war kein glänzender Stierkampf. Es war nur vollkommener Stierkampf. Die Menge verlangte einen neuen Stier. Man machte einen Heidenkrach. Mit einem Stier, der den Köder nicht sehen konnte, war nichts Großartiges zu erwarten, aber der Präsident gab keinen Befehl zum Austausch.
    «Warum tauscht man ihn nicht aus?» fragte Brett.
    «Er ist bezahlt. Sie wollen ihr Geld nicht verlieren.»
    «Es ist aber unfair gegen Romero.»
    «Sieh mal, wie er einen Stier behandelt, der die Farbe nicht sehen kann.»
    «So was seh ich ungern.»
    Es war kein Vergnügen, zuzusehen, wenn man an der Person, die es machte, das geringste Interesse besaß. Da der Stier weder die Farben der capa noch den roten Stoff der muleta sehen konnte, mußte Romero ihn mit seinem eigenen Körper locken. Er mußte so nah kommen, daß der Stier seinen Körper sah und auf ihn losging, und dann mußte er den Angriff des Stiers mit der muleta abfangen und den Gang in der klassischen Manier beenden. Die Leute aus Biarritz mochten es nicht. Sie glaubten, Romero hätte Angst und machte aus diesem Grund jedesmal, wenn er den Stier von seinem Körper auf die muleta übernahm, einen kleinen Schritt zur Seite. Sie zogen Belmontes Nachahmung seiner selbst vor oder auch Marcials Nachahmung von Belmonte. Drei von ihnen saßen in der Reihe hinter uns.
    «Wovor hat er eigentlich Angst? Der Stier ist so blind, daß er ja nur hinter dem Tuch her ist.»
    «Er ist noch sehr jung. Er wird es schon noch lernen.»
    «Aber ich fand ihn vorhin doch sehr gut bei der capa- Arbeit.»
    «Vielleicht ist er jetzt einfach nervös.»
    Mitten in der Arena führte Romero ganz allein immer dasselbe wieder durch. Er näherte sich dem Stier, bis dieser ihn ganz deutlich sah, bot ihm seinen Körper, bot ihn ihm noch ein bißchen näher. Der Stier beobachtete dumpf; dann kam er ihm so nahe, daß der Stier schon glaubte, ihn zu haben, bot sich ihm noch mal und dann, als er schließlich angriff, bot er ihm im Moment, bevor die Hörner des Stiers kamen, das rote Tuch mit dem kleinen, beinahe unsichtbaren Ruck, der das kritische Gefühl der Stierkampfsachverständigen aus Biarritz so beleidigt hatte.
    «Jetzt wird er ihn töten», sagte ich zu Brett. «Der Stier ist noch bei Kräften; er ließ sich nicht ermüden.»
    In der Mitte der Arena profilierte Romero vor dem Stier, zog den Degen aus den Falten der muleta, erhob sich auf den Zehen und visierte mit der Klinge. Der Stier griff gleichzeitig mit Romero an. Romeros linke Hand ließ die muleta über die Schnauze des Stiers fallen, um ihn zu blenden, seine linke Schulter trat zwischen die beiden Hörner, als der Degen hineinging, und für einen Augenblick waren er und der Stier eins, Romero ragte weit über den Stier hinweg, den rechten Arm hoch erhoben bis dort, wo der Griff des Degens dem Stier zwischen den Schultern steckte. Dann fiel die Figur auseinander. Es gab einen kleinen Stoß, als Romero sich loslöste, und dann stand er dem Stier gegenüber, eine Hand erhoben, das Hemd am Ärmel zerfetzt, das Weiße im Winde wehend, und am Boden der Stier, die rote Degenklinge fest zwischen den Schultern, den Kopf senkend, die Beine von sich gestreckt.
    «Das ist das Ende», sagte Bill.
    Romero war so nah, daß der Stier ihn sah. Er sprach zu ihm mit erhobener Hand. Der Stier riß sich zusammen, dann fiel sein Kopf nach vorn, und er rollte langsam zur Seite, dann ganz herum, und plötzlich streckte er alle viere in die Luft.
    Man reichte Romero den Degen, und er ging, ihn mit der Schneide nach unten haltend, die muleta in der anderen Hand, hinüber zur Präsidentenloge, verbeugte sich, richtete sich auf und kam zur barrera und reichte seinen Degen und seine muleta hinüber.
    «Ein schlechter Stier», sagte der Degenträger.
    «Hat mich allerhand Schweiß gekostet», sagte Romero. Er wischte sich das Gesicht ab. Der Degenträger reichte ihm den Wasserkrug. Romero wischte sich den Mund ab. Es tat ihm weh, aus dem Wasserkrug zu trinken. Er sah nicht zu uns hinauf.
    Marcial hatte seinen großen Tag. Man beklatschte ihn noch, als

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