Fiesta
Romeros letzter Stier hereinkam. Es war der Stier, der morgens ausgebrochen und den Mann getötet hatte.
Bei seinem ersten Stier hatte man Romeros verletztem Gesicht alles angesehen. Alles, was er machte, spiegelte deutlich seine Schmerzen wider. Die Konzentration der ganzen schwierigen Arbeit mit dem schlecht sehenden Stier kam zum Ausdruck. Der Kampf mit Cohn hatte seinem Geist nichts angehabt, aber sein Gesicht war entstellt und sein Körper verletzt. All das war jetzt wie weggeblasen. Alles, was er mit diesem Stier machte, löschte es mehr und mehr aus. Es war ein großer Stier, ein guter Stier, und er hatte Hörner, und er war wendig und griff leicht und sicher an. Solche Stiere hatte Romero gern. Als er die Arbeit mit der muleta beendet hatte und zum Töten bereit war, verlangte die Menge, daß er damit fortfahre. Sie wollten noch nicht, daß der Stier getötet und das Ganze damit vorbei sei.
Romero arbeitete weiter. Es war wie eine Unterrichtsstunde im Stierkampf. Er reihte einen Gang an den anderen, alle vollkommen, alle langsam, besonnen und abgerundet. Ohne Tricks und Vortäuschungen. Es gab keine plötzlichen Härten. Jeder einzelne Gang gab einem innerlich einen Stich, wenn er seinen Höhepunkt erreichte. Die Menge wollte überhaupt kein Ende.
Der Stier stand, um getötet zu werden, auf seinen vier Beinen im Quadrat, und Romero tötete ihn genau unter uns. Er tötete ihn nicht gezwungenerweise wie den letzten Stier, sondern nach freiem Gutdünken. Er profilierte vor dem Stier, zog den Degen aus den Falten der muleta und visierte mit der Klinge. Der Stier beobachtete ihn. Romero sprach mit dem Stier und berührte seinen Huf. Der Stier griff an, und Romero wartete mit tiefgehaltener muleta auf den Angriff, visierte mit der Klinge, die Füße fest zusammen. Dann, ohne einen Schritt vorwärts zu tun, war er plötzlich eins mit dem Stier; der Degen ging hoch zwischen den Schultern hinein, der Stier war der tief geschwungenen muleta gefolgt, die, als Romero nach links auswich, verschwand, und es war vorbei. Der Stier versuchte vorwärts zu gehen, seine Beine begannen sich zu strecken, er torkelte von einer Seite auf die andere, zögerte, ging dann in die Knie, und Romeros älterer Bruder lehnte sich hinter ihm vornüber und stieß ein kurzes Messer zwischen den Hörnern in den Nacken des Stiers. Das erste Mal verfehlte er die Stelle. Er stieß das Messer ein zweites Mal hinein, und der Stier fiel zuckend dann starr um. Romeros Bruder hielt in der einen Hand ein Horn des Stiers, in der anderen das Messer. Er sah zur Präsidentenloge hinauf. Überall schwenkte man Taschentücher. Der Präsident sah hinab aus seiner Loge und schwenkte sein Taschentuch. Der Bruder schnitt das eingekerbte schwarze Ohr des toten Stiers ab und kam damit hinüber zu Romero. Der Stier lag schwer und schwarz mit heraushängender Zunge im Sand. Von allen Seiten der Arena liefen Jungen hinzu und bildeten einen kleinen Kreis um ihn. Sie begannen um den Stier herumzutanzen.
Romero nahm das Ohr seinem Bruder ab und hielt es hoch gegen die Präsidentenloge. Der Präsident verbeugte sich, und Romero kam rennend, um der Menge zu entgehen, auf uns zu. Er lehnte sich an die barrera und gab Brett das Ohr. Er nickte und lächelte. Die Menge umtoste ihn. Brett reichte ihm die capa.
«Gefiel’s dir?» rief Romero hinauf.
Brett sagte nichts. Sie sahen sich an und lächelten. Brett hielt das Ohr in der Hand.
«Mach dich nicht blutig», sagte Romero und grinste. Die Menge verlangte nach ihm. Mehrere Jungen schrien etwas zu Brett empor. Die Menge bestand aus den Jungen, den Tänzern und den Betrunkenen. Romero machte kehrt und versuchte, durch die Menge hindurchzukommen. Er war eingekeilt, und man versuchte, ihn hoch zu heben und auf die Schultern zu nehmen. Er kämpfte und wand sich und fing mitten zwischen ihnen an, dem Ausgang zuzurennen. Er wollte nicht von den Menschen auf den Schultern getragen werden. Aber sie hielten ihn und hoben ihn hoch. Es war unbequem, und seine Beine waren auseinandergespreizt, und sein Körper tat ihm sehr weh. Man hob ihn hoch, und alles strebte dem Ausgangstor zu. Er hielt die Hand auf der Schulter von irgend jemand. Er drehte sich nach uns, um Entschuldigung bittend, um. Die rennende Menge trug ihn aus dem Tor.
Wir gingen alle drei ins Hotel zurück. Brett ging hinauf. Bill und ich saßen in dem Eßzimmer im Erdgeschoß und aßen ein paar hartgekochte Eier und tranken mehrere Flaschen Bier. Belmonte kam im
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