Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
die
kommenden paar Tage überstehen konnte, und zwar ohne das bisschen Verstand auch
noch einzubüßen, das man sich bewahrt hatte.
Jack
reichte ihr einen der dampfenden Becher. „Das war Harold vor ein paar Minuten
am Telefon,” sagte er. „Er und der Vorstand verhandeln mit WestTex und Chase
schon seit vergangener Nacht. Frostman hat die Dinge vorangetrieben. Das
Schriftliche ist so gut wie erledigt. Chase hat uns ein gutes Angebot gemacht.
Wir haben grünes Licht.”
„Dann
fliegen wir also morgen Nachmittag in den Iran?”
Jack
nickte und war erleichtert, dass man Celinas Beerdigung für den frühen Morgen
angesetzt hatte, Stunden, bevor er, Diana und Harold Redman Internationals
privaten Lear-Jet besteigen, nach London und dann weiter in den Iran fliegen
würden.
„Es
ist ein langer Flug,” sagte er. „Bis wir dort ankommen, um die endgültigen Papiere
zu unterzeichnen, wird es Dienstag Morgen in New York sein und das Geschäft mit
WestTex gerade unter Dach und Fach. Harold ist zuversichtlich, dass von jetzt
ab alles problemlos verlaufen
wird.”
Diana
lächelte schief. Sie trank ihren Kaffee.
„Ich
sehe, es fällt auch Ihnen schwer, das zu glauben,” sagte Jack.
„Können
Sie mir das verdenken?”
„Ganz
und gar nicht. Tatsächlich wäre ich überrascht, wenn es nichts gäbe, das schief
läuft. Zu viel ist geschehen. Meine Zuversicht in dieses Geschäft und Redman International
ist verflogen. Jemand legt es darauf an, George und seine Familie zu
zerstören.”
„Die
haben den Mann, der Celina getötet hat, noch immer nicht gefunden, nicht wahr?”
Jack
schüttelte den Kopf. Die ganze Nacht hindurch hatte er Celinas Tod durchlebt
und versucht, sich zu überzeugen, dass er alles in seiner Macht stehende
unternommen hatte, sie zu retten,
wurde aber dennoch das Gefühl nicht los, nicht annähernd genug getan zu haben.
„Harold hat gesagt, sie haben nichts gefunden. Überhaupt nichts.”
„Werden
Sie zurecht kommen?”
„Was
heißt zurecht kommen? Ich weiß, dass ich nach Abschluss dieses Geschäfts
verschwunden sein werde. Ich verlasse Redman International und verschwinde
irgendwohin. Bevor ich etwas anderes mache, muss ich zuerst wieder einen klaren
Kopf haben, Diana.”
„Haben
Sie gestern Nacht überhaupt geschlafen?”
„Ich
hab’ kein Auge zugemacht.”
„Ich
auch nicht,” sagte sie. „Und mir graut davor, in meine Wohnung zurückzugehen.
Wenn ich nicht dorthin zurück müsste, würde ich es nicht tun, Jack.”
„Dann
tun Sie’s nicht,” sagte er. „Sie können bei mir bleiben, bis sich das alles
verlaufen hat. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werden Sie wieder zurückgehen.”
„Ich
wünschte, das wäre so einfach,” sagte sie. „Aber da sind haufenweise Akten, die
ich noch holen muss, bevor wir in den Iran fliegen – und viele von denen
sind in meinem Büro zu Hause.”
Jack
trank den Rest seines Kaffees. „Ich begleite Sie,” sagte er. „Um ehrlich zu
sein, bin ich für alles dankbar, was mich von Celina ablenkt.”
* * *
Die
Luft bewegte sich nicht, als sie ihr Apartment betraten.
Sie
fand keine Aufregung vor, keine Beamten, die in ihre Mobiltelefone sprachen, es
war niemand da, der sich neben sie gekniet und ihr versprochen hätte, dass
alles in Ordnung kommen würde, während sie wie betäubt dasaß, als man Erics
Leiche aus ihrer Wohnung hinausrollte.
Stattdessen
fand sie nur Stille vor, und diese Stille schuf eine Leere in ihr. Als Diana
Jack hineinfolgte, musste sie daran denken, wie surreal das noch immer war.
Erst gestern hatten sie Eric tot am Fuß der Treppe vorgefunden.
Jack
musste ihr Unbehagen gespürt haben, denn er legte eine Hand auf ihren Rücken.
„Bringen wir’s hinter uns,” sagte er. „Wo ist Ihr Büro?”
Diana
deutete mit dem Kopf auf die Treppe, aber sie machte keine Anstalten
hinaufzusteigen.
„Möchten
Sie, dass ich die Akten hole?”
Sie
zögerte, aber dann sagte sie ,Nein’. Die Akten, die sie brauchte, befanden sich
in einer schwarzen, krokodilledernen Mappe. Es war nicht nur einfacher, diese
Akten selber zu holen, aber sie wusste auch, dass Eric gestern Nachmittag ihren
Computer benutzt hatte. Sie war noch immer daran interessiert zu wissen, was
der Ursprung seiner Neugierde gewesen war. „Aber es wäre mir recht, wenn Sie
mitkämen,” sagte sie.
Als
sie oben auf der Treppe ankamen, zögerte Diana nur kurz, bevor sie auf die
geschlossene Bürotür zuging. Sie drückte die Klinke nach unten
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