Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
Veränderung in Redmans
Haltung, dass dessen Besuch nichts mit Mario De Cicco zu tun hatte oder mit der
Explosion, die ihn beinahe das Leben gekostet hätte.
Er
schaute auf Leana, bemerkte die nackte Angst in ihrem Gesicht, die Ungewissheit
in ihren Augen und dachte: Was hat mein
Vater jetzt schon wieder verbrochen ...?
Die
nächsten paar Augenblicke verstrichen wie in einem Nebel.
George
kam ins Foyer und berichtete Leana vom Tod ihres besten Freundes, von einem
Mann, den er zu kennen geglaubt, den er aber nie wirklich gekannt hatte. Er
fing seine Tochter auf, als ihre Knie nachgaben und sie in einem schrillen
Weinkrampf ihrem Kummer Ausdruck verlieh. Immer und immer wieder stellte sie
die Frage, warum Harold das getan hatte. George sagte, er wisse es nicht. Er
blieb an ihrer Seite und tröstete sie. Er hielt sie auf eine Weise in seinen
Armen, wie er es seit ihrer Kindheit nicht mehr getan hatte.
Er
drückte sein Gesicht gegen das ihre und machte die Augen zu. Während er das
tat, führte er sich das eindringliche Bild eines herbeibrausenden Zuges vor
Augen, der aus einem dunklen Tunnel unbarmherzig auf eine ungeduldige Menge
zurast – und das von Harold, der aus unerklärlichen Gründen von der
Plattform in den Tod springt.
* * *
Der
Helikopter kreiste über der Stadt und flog die Fünfte Richtung Süden. Sein
Suchscheinwerfer erhellte die Spiegelfassaden der Hochhäuser und beleuchtete
deren Innenräume durch rasch aufeinanderfolgende Lichtstöße.
Aus
der dunklen Stille von Louis Ryans Büro beobachtete Spocatti, wie die Maschine
stetig auf sie zuhielt, während ihre vielfarbigenen Lichter blinkten und ihre
Rotoren funkelten, die die schwere Luft mit einer gleichmäßig bemessenen
Heftigkeit zerschnitten.
Ryan
saß ihm gegenüber. Er hielt ein Glas Scotch in der Hand und eine fast
vollständig heruntergebrannte Zigarette zwischen den Fingern. Seit Michael den
Hörer aufgelegt und zu Louis ganz unverblümt gesagt hatte – wenn auch mit
anderen Worten –, er möge zur Hölle fahren, hatte er noch nicht wieder gesprochen.
Auf
eine seltsame Weise war Spocatti stolz auf Michael. Sich gegen seinen Vater zu
behaupten, verlangte Mut. Vielleicht war Michael ja auch ein ganz anderer
Mensch als der, für den er ihn gehalten hatte. Vielleicht war er stärker.
Das
Dröhnen des Helikopters wurde lauter.
Ryan
drückte die Zigarette aus. „Die Dinge haben sich geändert,” sagte er. „Ich habe
Michael mit Santiago gedroht, und er hat einfach aufgelegt. Ich glaube, er weiß
es.”
Spocatti
konnte das Gesicht des Mannes kaum sehen. Es schien ihm, als ob man ein Netz
aus lauter Schatten darüber geworfen hätte. „Das bezweifle ich,” sagte er.
„Wenn es ihm jemand gesagt hätte, dann hätten wir davon gehört.”
„Nicht
unbedingt,” sagte Louis. Und dann mit überraschend bitterer Stimme: „Sie sind
nicht perfekt, Vincent. Und Ihre Leute und Ihre Ausrüstung sind es ebenfalls
nicht. Also tun Sie mir den Gefallen und hören Sie endlich auf, Gott zu
spielen.”
Der
Helikopter flog vorbei und tauchte Ryans blasses Gesicht in ein grellweißes
Licht, das wie Wasser in sein Büro schwappte.
Spocatti
starrte in dieses Gesicht, erkannte die strenge Linie, die Ryans Mund war, und
den Alptraum, der in seinen wässrig-braunen Augen brodelte – bevor es in
die Dunkelheit zurückglitt. Er hätte gerne gewusst, wann genau dieser Mann begonnen
hatte, eine Kehrtwende zu machen.
„Ich
möchte, dass Sie Michael im Auge behalten,” sagte Louis. „Ich will, dass Sie
seine Bewachung verstärken und jede seiner Bewegungen aufzeichnen. Er wird
morgen bei der Beerdigung sein – da bin ich mir ganz sicher. Weil wir
seine Absichten für die Zeit danach nicht kennen, werden Sie ihn beobachten.
Ich habe so das Gefühl, dass er etwas vorhat.”
„Ich
kann ihn aus dem Weg räumen,” sagte Spocatti.
„Nicht
bevor ich mit ihm fertig bin.”
„Und
wann wird das sein?”
Louis
brannte sich noch eine Zigarette an, und einen Moment lang flackerte sein
Gesicht in dem feurigen Schein.
„Am
Dienstag,” sagte er. „Wenn wir die Übrigen unter die Erde bringen.”
VIERTES
BUCH
VIERTE WOCHE
KAPITEL 49
„Es
ist wirklich etwas ganz Besonderes,” sagte die Maklerin. Sie stand in der Mitte
des großen, leeren Foyers, und ihre Stimme echote von den kahlen, weißen
Wänden. „Wie Sie wissen, sind Apartments in der Fünften selten, besonders in
den Fünfzigsten und Sechzigsten
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