Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
und ihre Familie zu schützen –, dann
musste er die Rolle seines Lebens spielen und seinen Vater davon überzeugen,
dass sein Entschluss ernst gemeint war.
Leana
drehte sich ihm zu. Ihre Augen spiegelten in dem gedämpften Licht des
Schlafzimmers einen warmen und feuchten Glanz. Sie ist wunderschön, dachte er.
Er würde dafür sorgen, dass man ihr oder ihrer Familie keinen weiteren Schaden
zufügte, und wenn es ihn das eigene Leben kosten sollte. Er würde dafür sorgen,
dass man seinen Vater aufhielt. Sollte sich Michael hingegen irren und George
Redman tatsächlich der Mörder seiner Mutter sein, dann müsste er auf andere
Weise dafür büßen müssen – aber nicht auf diese.
Er
strich ihr eine Haarlocke aus der Stirn. „Bist du bereit?”
Leana
zuckte mit den Schultern. „Nicht wirklich. Ich hoffe, die erwarten nicht zu
viel von mir heute Abend,” sagte sie. „Ich bin darauf überhaupt nicht
vorbereitet.”
Und
nun ergab sich die Gelegenheit, auf die er gewartet hatte.
Als
er vergangene Nacht im Bett gelegen und sich ausgeruht hatte, kam es Michael in
den Sinn, wenn sein Vater Celina umbringen lassen würde, dann hatte er für
Leana mit Sicherheit dasselbe Schicksal geplant. Louis wollte nicht, dass Leana
sein Hotel führte. Er hatte ihr den Job nur deshalb gegeben, um ihren Vater in
aller Öffentlichkeit demütigen zu können. Aber Louis würde da nicht aufhören.
Michael wusste, bevor Redman sterben sollte, würde sein Vater dafür sorgen,
dass die gesamte Familie dieses Mannes vor ihm starb – damit George
denselben Schmerz fühlte, den Louis schon seit Jahren in sich trug.
In
dem Radiowecker hörte die Musik auf zu spielen, und ein Segment der
Morgennachrichten begann. Letzte Nacht hatten sie absichtlich die Lautstärke
höhergestellt, damit sie nicht verschliefen. Normalerweise hätte er den Wecker
ausgemacht, aber dieses Schlafzimmer war verwanzt, und aufgrund des lauten
Radios würde Spocatti nicht hören können, was er jetzt sagen wollte.
„Dann
mach’s nicht,” sagte er ruhig. „Geh nicht hin.”
Leana
schaute ihn erstaunt an. „Wovon sprichst du?” sagte sie. „Ich muss hingehen.”
„Nein,
das musst du nicht. Ruf Ryan an und sag ihm, du kündigst. Du hast mir erst gestern Abend gesagt, dass du diesen Job
nicht willst. Heute Abend könnten wir wieder in Europa sein.”
„Das
kann ich Louis nicht antun, Michael. Er hat schon so viel für mich getan. Das
wäre nicht richtig.”
„Ryan
benutzt dich. Das hast du mir selbst erzählt. Hast du mir nicht auch gesagt,
dass du diese Stellung nur deshalb angenommen hast, um deinem Vater zu
schaden?”
„Das
war nur ein Teil meiner Absicht.”
„Mag
sein, aber vorvergangene Nacht war ein Wendepunkt. Dein Vater sorgt sich um
dich. Er ist hierhergekommen, um dir das mit Harold selber sagen zu können.
Gestern habe ich gesehen, wie er bei Celinas Beerdigung nach deiner Hand
gegriffen hat. Gestern Abend hat er angerufen, um zu sehen, wie es dir geht.
Verpatz das nicht, Leana. Jetzt endlich hast du die Gelegenheit, eine
bedeutungsvolle Beziehung zu deinem Vater aufzubauen. Verstehst du nicht, wie
kostbar das ist? Ich würde alles dafür geben, wenn ich du sein könnte und einen
Vater hätte, der sich so um mich kümmerte, wie dein Vater sich jetzt um dich zu
kümmern beginnt. Versag ihm diese zweite Chance nicht.”
„Das
habe ich auch nicht vor,” sagte sie. „Aber ich werde heute Abend bei dieser
Eröffnung sein. Es geht nicht mehr um meinen Vater, Michael. Hier geht es um
mich, um meine Fähigkeiten. Ganz New York wird heute Abend dort sein. All die,
auf die es ankommt, werden mich endlich sehen. Zu lange schon habe ich auf
diese Gelegenheit gewartet. Wenn ich kündige und für meinen Vater arbeite
– vorausgesetzt, er stellt mich ein –, kann niemand wissen, wie
lange es dauern wird, bis sich mir wieder eine solche Chance bietet.”
Sie
blickte ihn mit einer derartigen Ungeduld an, dass Michael verblüfft war.
„Verstehst
du das nicht?” sagte sie. „Seit ich ein Kind war, habe ich mitansehen müssen, wie
er und meine Schwester geglänzt haben. Seit ich ein Kind war, habe ich gewusst,
dass ich auch all das leisten konnte, was sie leisteten – aber man hat
mir nicht die Gelegenheit dazu gegeben.” Sie stieg aus dem Bett und ging nackt
ins Badezimmer.
„Ich
möchte das nicht diskutieren,” sagte Leana. „Ich eröffne heute Abend dieses
Hotel und hoffe, du wirst da sein und mich unterstützen –“
Sie
blieb
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