Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
unvermittelt stehen, wandte sich dem Radio zu und vernahm mit immer
größer werdenden Augen die Berichterstattung, dass WestTex, das schwächelnde
Transportunternehmen, für das George Redman Berichten zufolge $10 Milliarden
bezahlt hatte, heute Morgen in Redman International übergegangen war.
„Behalten
Sie die Aktien von Redman International im Auge, wenn die New Yorker Börse
heute Morgen öffnet,” sagte der Kommentator. „Ihre weitere Entwicklung wird für
George Redman von Bedeutung sein. Wenn sie noch weiter fallen, wird Redman
einigen Kritikern zufolge selber ein erstklassiger Kandidat für eine Übernahme
werden. In damit verbundenen Nachrichten gilt dasselbe allerdings keineswegs
für Anastassios Fondaras, den griechischen Magnaten und Reeder, der vor wenigen
Augenblicken seine neue Funktion als Irans Hauptexporteur von Öl bekannt
gegeben hat.”
KAPITEL
50
Zuversichtlich,
sich prächtig fühlend und das Herz zum ersten Mal seit Jahren überquellend
verließ Louis Ryan sein Büro, schritt den geschäftigen Gang zu seinem
Sitzungssaal hinunter und traf sich mit seinen Direktoren, von denen die
meisten erst gestern Abend nach New York geeilt waren – und bestehende
Verpflichtungen, bereits angetretene Sommerferien sowie Mätressen in fremden
Ländern zurückgelassen hatten. Das Übliche eben.
Sie
saßen in Gruppen zu Dreien und Vieren beieinander, tranken Schlucke von Kaffee oder
Tee aus dampfenden Bechern und bemerkten seine Gegenwart nicht. Während Louis
im Eingang stand und das leise Geplapper ihrer Konversation nur am Rande zur
Kenntnis nahm, durchforschte sein Blick den Raum nach Peter Horrigan, dem Wall
Street-Anwalt, den er engagiert hatte, die Direktoren hinsichtlich ihrer Rechte
und Pflichten zu beraten, und stellte mit einem Lächeln fest, dass er noch
nicht eingetroffen war. Wäre das bereits der Fall gewesen, wenn diese Männer
und Frauen auch nur im entferntesten geahnt hätten, was er vorzuschlagen
gedachte, dann – und das wusste Louis – sähe er sich jetzt mit
einem wilden Durcheinander konfrontiert.
Er
zog die Tür hinter sich zu, und die Gespräche hörten auf. Sie sahen ihn an. Der
Ausdruck in ihren Gesichtern erstreckte sich von mildem Verdruss bis zu
aufrichtiger Besorgnis. Warum hatte er sie hierher bestellt? Was war so
wichtig, dass es nicht bis zu ihrer geplanten Vorstandssitzung im August hätte
warten können?
Louis
schritt in den Raum wie ein alter Freund, der jeden Direktor mit einer Wärme
begrüßte, die fast verführerisch war. Er erkundigte sich nach ihren Ehefrauen,
ihren Ehemännern und ihren Familien und verminderte die Spannung mit klug
ausgewählten Witzen und einem tief aus der Kehle aufsteigenden Lachen. Er
wusste, dass er sie mit der Plötzlichkeit dieses Treffens beunruhigt hatte, und
wenn er sich ihrer Unterstützung versichern wollte, war es zwingend, dass er
jetzt alles tat, damit sie sich entspannten.
Noch
nie war er so charmant gewesen. Seine Augen schimmerten in einem
geheimnisvollen Licht und glänzten mit einem Humor, den nur wenige an ihm zuvor
gesehen hatten.
Und
dann, nachdem er sie gebeten hatte, Platz zu nehmen, kam Peter Horrigan an.
Louis
fand die nun hereinbrechende Stille beinahe komisch. Als Horrigan in den Raum
hineintrat und die Leute anlächelte, die er kannte, und den wenigen zunickte,
die ihm fremd waren, schaute sich Louis jeden seiner Direktoren auf das
Genaueste an und wusste, dass die Zeit des Handelns jetzt war, während sie alle
noch zu mitgenommen waren, um etwas sagen zu können.
Sie
alle setzten sich; er allein aber blieb stehen und blickte sie mit einer Stärke
und einer Entschlossenkeit an, die so beherrschend waren, wie sie es von einem
Mann erwarteten, der ein Multi-Milliarden-Dollar-Unternehmen aus dem Nichts
geschaffen hatte.
„Willkommen,”
begrüßte er die Gruppe. „Und ich möchte Ihnen allen noch einmal ganz herzlich
dafür danken, dass Sie Ihre Familien zurückgelassen haben und so unverzüglich
hierher gekommen sind. Mir ist klar, dass viele von Ihnen in den Sommerferien
waren, und ich verspreche Ihnen, Sie werden nur kurze Zeit hier in New York
zubringen. Seit unserer letzten Zusammenkunft haben sich allerdings die Dinge
für einen unserer Konkurrenten so dramatisch verändert, dass ich zu der
Überzeugung gekommen bin, es ist im besten Interesse unserer Aktionäre, dass
wir uns umgehend zusammentun und nicht nur die Zukunft dieses großartigen
Unternehmens diskutieren,
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